Siebenschräm -

ein Eifeler Kartenspiel

Werner Schönhofen, Leutesdorf

Siebenschräm ist ein in der gesamten Eifel beliebtes Kartenspiel, das mit einer Skatkarte gespielt wird. Dabei haben die Karten jedoch andere Werte als beim Skat. Die Zahlenbilder zählen entsprechend ihres Aufdruckes: 10, 9, 8, 7 Punkte. Die Bilder zählen dann in der Reihenfolge As, König, Dame, Bube. Der Bube ist also die niedrigste Karte, die Zehn die höchste. Es können zwei bis acht Personen mitspielen, da jeder Spieler vier Karten bekommt. Die 32 Skatkarten werden also vollständig ausgegeben bei acht Spielern. Wer die höchste Karte abhebt, muss Karten geben und ist damit beim Spiel als Letzter am Bedienen. Der nächste Spieler fängt an. Jeder Spieler erhält sieben Schräm = Striche. Es können auch jeweils Zahlen notiert werden, zum Spielbeginn also die Zahl 7. Der Name Schräm mag daher kommen, dass ursprünglich Schrammen oder Kerben in ein Holz oder in den Wirtshaustisch gemacht wurden. Es gibt keine Trumpfkarte, aber jede Kartenfarbe muss nach Möglichkeit bedient werden. Wer die höhere Karte hat, spielt weiter. Bei jedem Spiel wird mindestens ein Schräm abgezogen, evt. durchgestrichen. Wer nun glaubt, dass er bessere Karten als seine Mitspieler hat oder diese hierüber täuschen will, klopft einen oder mehrere weitere Schräm. Natürlich können auch die anderen Spieler einen weiteren Schräm gegenklopfen, das entspricht also dem Kontra und Re beim Skat. Wer als Spieler passt, bekommt so nur die zuletzt geklopften Schräm abgezogen. Wer nur noch einen Schräm hat, gilt als „arm" oder „armer Mann". Er hat immer das Vorrecht des Klopfens. Beim Weiterspielen zeigt sich nun, wer die schwächeren Karten hat und die entsprechenden Schräm abgezogen bekommt. Man kann auch „blind" klopfen, bevor man die Karten aufgehoben hat. Wer seine Schräm am ersten ausgestrichen hat, ist Verlierer und

muss dann oft eine Runde ausgeben - also ein typisches Wirthausspiel! Es soll früher unter Viehhändlern ein beliebtes Spiel gewesen sein. Da diese über entsprechend viel Bargeld verfügten, kamen möglicherweise auch entsprechend hohe Einsätze zustande. In Spielerkreisen sollen sich auch Geheimzeichen eingebürgert haben. So bedeutete das Vorschieben der Unterlippe Pik, das Hochziehen der Augenbrauen Karo, ein leichtes Ja-Nein-Nicken Kreuz und ein Schielen auf die linke Brustseite Herz. Ursprüngliche, feste Regeln - sofern sie denn überhaupt bestanden haben mögen - sind wohl nicht erhalten, so dass sich das Spiel in zahlreichen örtlichen Varianten erhalten hat, die es bei der Abhaltung eines Turniers zu berücksichtigen gilt, bzw. man muss zuvor einheitliche Spielregeln festlegen.

Siebenschräm wurde seit jeher gern in den Wirtshäusern gespielt. Um die vorletzte Jahrhundertwende hatten sich mehrere Arbeiterfrauen aus einem Ort im Kreis Daun beim Bürgermeister darüber beschwert, dass ihre Männer leidenschaftlich Karten spielten und dabei oft den ganzen Wochenverdienst verspielten; die Auszahlung desselben geschah ja noch bis in die Nachkriegsjahrzehnte in Arbeiterkreisen am Freitagnachmittag in bar. Hier war der (Amts)Bürgermeister als Ordnungspolizei angesprochen, um möglicherweise gegen diese Spielleidenschaft einzuschreiten, was er wohl auch tat. Er bat die Gastwirte in einem Rundschreiben um Abstellung dieses Übelstandes und sah wohl Siebenschräm als Glücksspiel an - was wohl eine Interpretationssache sein mag, wie wir noch sehen werden. Das führte auch in einem Falle zu einer Anzeige gegen einen Gastwirt wegen Duldung eines Glücksspieles. Das zuständige Gericht vor Ort erkannte als erste Instanz auf Freispruch, weil

dem Angeklagten nicht bewusst gewesen sei, dass es sich um ein Glücksspiel handelte. Aber eigentlich schützt Unkenntnis nicht vor Strafe. Und so ging das Verfahren zur zweiten Instanz nach Trier, wo der Staatsanwalt ein Vergehen im Sinne des § 284 StGB (Glücksspiel) als gegeben ansah und fünf Reichsmark Strafe beantragte. Das Gericht wollte sich jedoch selbst vom Spiel überzeugen. Der angeklagte Wirt und drei der als Zeugen geladenen Spieler mussten nun „unter allgemeiner Heiterkeit" eine Partie Siebenschräm spielen, „wobei die einzelnen Spieler aufklopften, als säßen sie daheim an ihrem Stammtisch" - wie der Chronist berichtet. Das Landgericht sah Siebenschräm nicht als Glücksspiel an und sprach den Angeklagten frei; denn „Beim Sieben-Schräm-Spiel hängt der Ausgang weniger vom Glück als vom gewandten und kunstfertigen Spiel ab." So geschehen am 15. Juli 1910. Nun sollte man meinen, dass damit der Streit, ob Siebenschräm ein Glücksspiel sei oder nicht, für alle Zeit ausgestanden gewesen sei. Dem war jedoch nicht so. 1957 musste sich die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig mit dieser Frage erneut beschäftigen, auf eine Anfrage des Bundeskriminalamtes vom 13. Dezember 1956 hin. Mit Bezug auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17. Mai 1957 sah die PTB das hier als „Koblenzer Siebenström" bezeichnete Spiel als Glücksspiel an, weil „neben dem Zufall auch hier der Einfluss (der) Geschicklichkeit eine Bedeutung haben kann." Diese Meinung gab auch das Bundeskriminalamt in Wiesbaden in einer Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft Trier wieder - im Jahre 1986! Vorausgegangen war ein Urteil des BVG (Bundesverwaltungsgerichtes) vom 16. September 1985. Anlass war wohl ein Turnier im Kreis WittlichBernkastel.

Seit 1982 wird in Ulmen, Kreis CochemZell, eine Rheinland-Meisterschaft im Siebenschräm ausgetragen - zunächst ohne Beanstandungen. Anlässlich der fünften Rheinland-Meisterschaft, die am 22. Dezember 1986 stattfinden sollte, kam die Frage nach dem Charakter von Siebenschräm wieder auf. Der mittlerweile in Ulmen gebildete Sieben-Schräm-Club musste sich an das BKA in die-

Zeichnung: Kerstin Weinacht,

Zeichnung: Kerstin Weinacht

ser Frage wenden; das vorgesehene Turnier wurde wegen der Rechtsunsicherheit zunächst abgesagt. Das in dieser Frage angesprochene rheinland-pfälzische Ministerium der Justiz schrieb zum Charakter des Spiels: „Den Charakter eines verbotenen Glücksspiels im Sinne des Strafgesetzbuches (§ 284) erlangt das Spiel jedoch nur dann, wenn es um Preise geht, die einen nicht ganz unbedeutenden Vermögenswert haben und der Einsatz, den die Spieler für die Teilnahme an dem Spiel leisten, nicht ganz unbeträchtlich ist... Man wird davon ausgehen können, dass das Spiel „7-Schräm" von Vereinen turniermäßig unbedenklich unter folgenden Voraussetzungen veranstaltet werden kann:

- Bei den Preisen darf es sich allenfalls um Pokale, Medaillen oder sonstige Erinnerungsstücke handeln, die einen das Übliche nicht übersteigenden Wert haben. Von den Spielern darf ein Startgeld nur in einer Höhe verlangt werden, das die organisatorischen Unkosten und allenfalls die Kosten für die Pokale, Medaillen oder Erinnerungsstücke

deckt. Diese Auffassung wird auch von dem Leitenden Oberstaatsanwalt in Trier geteilt." Da beim Turnier in Ulmen maximal 15 DM Startgeld erhoben wurden - so z.B. 1994 - und die Gewinner Pokale erhielten, stand dem Turnier folglich also nichts mehr im Wege, so dass die fünfte Rheinland-Meisterschaft mit einjähriger Verzögerung am Sonntag, dem 27. Dezember 1987, unter der Schirmherrschaft des damaligen Kultusministers Dr. Gölter stattfand. Seither werden solche SiebenschrämTurniere wieder regelmäßig ausgetragen

- jedes Jahr eine Rheinland-Meisterschaft an einem Dezembersonntag.

Quellen:

Informationen stellte mir dankenswerterweise Herr Erich Michels, Vorsitzender des Sieben-Schräm-Clubs Ulmen, zur Verfügung, ebenso das Amt für Rhein. Landeskunde, Bonn. Anmerkung: In der Nordeifel ist das Spiel auch mit dem Namen „Tuppen" bekannt. Hierin mag das Wort „betuppen" im Sinne von betrügen stecken, das so auch ins Hochdeutsche Eingang gefunden hat. Dort wird das Spiel auch mit neun Schräm oder Ström gespielt (Archiv für Rhein. Landeskunde, Bonn.) Von Tuppe on Köllerei... von Hotzefelds Wellem, in: Jahrbuch des Kreises Düren, 1995, S. 43.