Friedrich von Daun, genannt von Dohm
Aus dem Leben eines „unauffälligen" Eifelritters
Ma nf red Etten, Gi l lenfeld
Unter den Angehörigen des Rittergeschlechts der Herren von Daun begegnet uns einer, der durch seinen ungewöhnli­chen Beinamen auffällt: Friedrich von Daun, genannt von Dohm. Friedrich ist zeit­lebens wenig hervorgetreten und hat ein eher unauffälliges Dasein geführt. Trotzdem bie­ten die wenigen Zeugnisse, die wir von ihm haben, nicht nur interessante Einblicke in die Lebensverhältnisse eines Eifelritters im Spätmittelalter, sie werfen auch ein Licht auf die Geschichte einiger Dörfer in den heutigen Landkreisen Daun und Bernkastel-Witt-lich.
Friedrich war ein Sohn des Ritters Theoderich I. von Daun, der zwischen 1231 und 1287 belegt ist1. Die Dauner waren ursprünglich Dienst­leute der rheinischen Pfalz­grafen, der Trierer Bischöfe und der deutschen Könige ge­wesen, sogenannte Ministe­riale. Im 13. Jahrhundert, also in der Generation des Theode­rich, waren sie in die breite Schicht des niederen Adels aufgestiegen und hatten auch überregional ein bemerkens­wertes Ansehen erlangt. So konnte Friedrich auf einige
durchaus prominente Vorfah­ren stolz sein. Sein Onkel, Theoderichs älterer Bruder Wirich von Daun († 1262/63), kämpfte für den Stauferkaiser Friedrich II. in Italien, war später Marschall am Hof des deutschen Königs Wilhelm von Holland, besaß die Burg Landstuhl (Nanstein) bei Kai­serslautern als Reichslehen und begründete die Linie Daun-Oberstein an der Nahe. Theoderichs zweiter Bruder Richard war Dompropst in Trier und von 1249 bis zu sei­nem Tod 1257 Bischof von Worms.
Theoderich selbst ist dagegen in Daun ansässig geblieben. Seine Frau hieß Kunigunde. Aus der sehr kinderreichen Ehe gingen mindestens sechs Söhne hervor. Der älteste, Heinrich, führte die Stammli­nie weiter. Konrad, offenbar der zweitälteste, heiratete Aleidis von Schönberg-Pyr-mont, eine Enkelin des berühmten Kreuzfahrers Heinrich von Ulmen. Die jün­geren Söhne Richard, Arnold und Theoderich/Dietrich wa­ren für den geistlichen Stand bestimmt - eine in damaliger Zeit übliche Maßnahme, um die völlige Aufsplitterung des
Erbes zu verhindern und auch den nachgeborenen Kindern ein Auskommen zu sichern. Richard war 1280 - 1297 Abt von Echternach2. Arnold war Mönch zu St. Matthias in Trier und machte 1276 An­sprüche auf das Amt des Ab­tes von Prüm3 geltend. Theo­derich war Pfarrer von Consthum und Domherr in Trier sowie Kanoniker in Münstermaifeld und zu St. Kunibert in Köln4. Friedrich, vielleicht der aller-jüngste „Nachkömmling" in der Geschwisterreihe, wurde dagegen nicht mit geistlichen Pfründen, sondern anderwei­tig versorgt: Man verheiratete ihn mit einer wohlhabenden Witwe. Die erste Urkunde, in der von Friedrich die Rede ist, nimmt auf die Hochzeit Be­zug: Am 10. Juli 1278 ver­zichtet Cuno von Ulmen im Einverständnis mit seiner Verwandtschaft auf die Güter, die sein verstorbener Onkel Ritter Richard Longus von Manderscheid seiner Gemah­lin Agnes von Esch als Mor­gengabe verschrieben hatte, zu Gunsten von Friedrich, Sohn des Ritters Theoderich von Daun, und der genannten Agnes, der jetzigen Ehefrau
des Friedrich5. Dass Friedrich in diesem Dokument nicht persönlich auftritt, lässt daraufschließen, dass seine Eltern die Heirat arrangiert haben und der Bräutigam damals noch sehr jung war. Wir können sein Geburtsjahr daher um 1265 ansetzen. Seine Gattin Agnes stammte nicht aus Esch/Sauer im heutigen Luxemburg, sondern aus der Ritterfamilie von Esch an der Salm südwestlich von Wittlich6. Agnes war wohl mindestens zehn Jahre älter als Friedrich, denn ihr erster Ehemann Richard Longus (auch: Magnus) von Ober-Manderscheid ist bereits 1237 nachweisbar und gehörte eher zur Generation von Friedrichs Vater, mit dem er 1266 ge­meinsam eine Dauner Urkun­de besiegelt7. Am 29. April 1295 wird Friedrich erstmals gemeinsam mit der Ver­wandtschaft seiner Frau ge­nannt: Mit seinen Brüdern Richard und Dietrich ist er Urkundenzeuge bei der Schlichtung eines Streits zwi­schen dem Kloster Oeren und dem Ritter Eberhard von Esch, einem Neffen der Agnes8.
Durch die Ehe mit Agnes er­langte Friedrich einen an­sehnlichen Besitz. Im Namen seiner Frau wurde er Eigentü­mer der kleinen Wasserburg Musweiler südlich von Groß­littgen, wahrscheinlich eine Heiratsgabe der Herren von Esch9. Aus dem 1278 erwähn­ten Nachlass des Richard Longus erhielt er Güter zu Ober-Manderscheid und Min­derlittgen sowie die beiden Dörfer Weidenbach und Ober-
stadtfeld. Die beiden Teile des Nachlasses stammten aus ver­schiedenen Quellen. Die Güter zu Manderscheid und Min­derlittgen hatte Richard Lon­gus einst von den Herren von Finstingen (Lothringen) zu Lehen; sie waren aber Ende des 13. Jahrhunderts an Kur­trier gefallen, sodass Friedrich nun den Bischof von Trier als Lehnsherr über diesen Teil der Erbschaft anerkennen muss-te10. Grundherrin zu Weiden­bach und Oberstadtfeld war ursprünglich das Marienstift zu Prüm. Im 12. Jahrhundert wurde Oberstadtfeld aller­dings vom Prümer Abt dem Stift entzogen und den Inha­bern der Prümer Vogtei über­tragen. Dies waren zu Fried­richs Lebzeiten die Herren von Schönecken. Weidenbach wurde offensichtlich ebenfalls der Prümer Vogtei zugeschla­gen, das Marienstift behielt dort jedoch ein Grundgericht. Die verwickelte Rechtslage in den beiden Dörfern sollte Friedrich und seiner Familie später noch einigen Ärger be­reiten.
Das Dauner Erbe, das Fried­rich nach dem Tod des Vaters um 129011 zugeteilt wurde, scheint dagegen nicht sehr umfangreich gewesen zu sein. Belegt sind lediglich Weingü­ter zu Pommern an der Mosel, ein Gut zu Sarresdorf und ein Hof namens Hane/Hayn beim später wüst gefallenen Dorf Hundswinkel südlich des Nerother Kopfes, wo die Dau­ner gemeinsam mit der Abtei Himmerod Rechte besaßen12; diese Güter tauchen später in Friedrichs Besitz auf. Aber wie ist Friedrich zu sei-
nem Beinamen gekommen? Schon am 24. Dezember 1291 siegelt er als Friedrich „de Doyma" eine Urkunde des Balduin von Dreimühlen13, nennt sich also bereits von Dohm und war, wie die Her­kunft des Ausstellers und der anderen Zeugen (Kerpen, Wiesbaum) nahe legt, schon am Nordwestrand des Dauner Landes in dem Ort an der Kyll ansässig. Vielleicht war er so­gar der Erbauer der Burg, die auf dem Hügel errichtet war, auf dem heute die Kirche von Dohm steht. Ob Dohm damals noch zum Kernbestand der Herrschaft Daun gehörte, geht aus den bekannten Quellen nicht hervor. Wir wissen nur, dass die Westgrenze des alten Dauner Wildbanns, der die Grundlage für den Dauner Hochgerichtsbezirk bildete, über Sarresdorf, Bewingen und Lammersdorf verlief14. Im 14. Jahrhundert begegnet uns Dohm als ein Zubehör der Herrschaft Densborn, die sich seit spätestens 1289 im Besitz der Dauner Seitenlinie der Marschälle von Luxemburg befand15. Dohm war also ent­weder zunächst Teil der Herr­schaft Daun, ist Friedrich als Erbschaft zugefallen und nach seinem Tod an die Dens-borner Verwandtschaft ge­langt16. Oder der Ort war zu diesem Zeitpunkt bereits Ei­gentum der Marschälle, die ihren Vetter damit belehnten. Daneben hatte Friedrich aber noch einen weiteren „Lebens­mittelpunkt", nämlich auf der Manderscheider Oberburg. Im Januar 1301 macht der Trierer Erzbischof Dieter von Nassau den „Fridericus miles de Dune
dictus de Doeme" zum Burg­mann in Manderscheid und verleiht ihm die zum Erzstift gehörenden Güter, die einst Richard Longus von den Her­ren von Finstingen hatte, als Burglehen. Friedrich ver­pflichtet sich zur halbjährigen Anwesenheit auf der Burg und gelobt, dem Bischof „be­waffnet beizustehen"17. Das Burglehen wird für Friedrich einen großen Stellenwert ge­habt haben. Der Dienst als Burgmann bescherte den klei­nen Adeligen ein wertvolles Zusatzeinkommen, denn sie bekamen dafür jährlich einen festen Geldbetrag ausbezahlt. Er ermöglichte ihnen außer­dem eine standesgemäße Le­bensführung, bedeutete also Existenz- und Statussiche­rung in Zeiten wirtschaftli­cher und politischer Unsi­cherheit. Als Friedrich das Burglehen erhielt, waren nicht nur sein Vater, sondern auch seine Brüder Heinrich, Arnold, Richard und Konrad bereits verstorben. Die Nach­folge Heinrichs als Herr von Daun hatte dessen Sohn Ri­chard, Friedrichs Neffe, ange­treten. Seine Friedrichs Ehe mit Agnes blieb ohne männli­che Nachkommen18. Die bei­den hatten jedoch zwei Töch­ter namens Agnes und Kunig-unde, die standesgemäß ver­heiratet wurden: Agnes heira­tete Dietrich von Runkel aus dem bedeutenden Adelsge­schlecht an der Lahn, Kunig-unde den Heinrich von Pyr-mont von der gleichnamigen Burg in der Osteifel. Heinrich war wahrscheinlich ein Uren­kel des Kuno von Schönberg-Pyrmont und der Aleidis von
Ulmen. Damit hatte Kunigun-de in eine Familie eingeheira­tet, zu der schon verwandt­schaftliche Beziehungen be­standen: Friedrichs Schwä­gerin Aleidis von Schönberg-Pyrmont, Witwe seines Bru­ders Konrad, war vermutlich eine Großtante des Heinrich von Pyrmont. Dietrich von Runkel war der Sohn des Siegfried von Runkel und der Margarethe von Weilnau. Schon 1304 erscheinen Agnes und Dietrich als Eheleute19. Das Jahr 1310 wurde für Friedrich von Dohm zu einer wichtigen Zäsur in seinem Leben, denn in diesem Jahr starb seine Frau nach über 30-jähriger Ehe. Das bedeute­te für Friedrich sicherlich ei­nen schmerzhaften persönli­chen Verlust, aber auch eine akute Besitzgefährdung, denn nun drohten die Güter, die Agnes mit in die Ehe gebracht hatte, wieder an die ur­sprünglichen Eigentümer bzw. Lehensherren zurückzu­fallen. Über Oberstadtfeld und Weidenbach konnte Friedrich offenbar mit dem Prümer Vogt, dem Herren von Schönecken, eine Einigung erzielen20. Um Burg Musweiler dagegen kam es zum Streit mit Wilhelm von Mander­scheid, der als Lehnsherr der Herren von Esch Ansprüche erhob. Friedrich und Wilhelm riefen König Heinrich VII. als Richter an und trafen sich mit ihm bei Burg Helfenstein ge­genüber Koblenz. Wilhelm gab an, Friedrich habe Mus­weiler nur zu Lebzeiten seiner Frau besessen. Daraufhin be­hauptete Friedrich, er habe die Burg gekauft. Der König
forderte eine Kaufurkunde als Beweis. Diese Urkunde konnte Friedrich aber nicht beibrin­gen. Entweder gab es sie gar nicht und Friedrich hatte ge­schwindelt, oder er konnte die weite Reise nach Frankfurt nicht antreten, wohin der Kö­nig inzwischen weitergezogen war. Jedenfalls ist Friedrich zum angesetzten Termin nicht erschienen, und daher wurde Burg Musweiler am 21. Juli 1310 zu Frankfurt vom König dem Manderscheider zuge­sprochen21.
Friedrich hat aus dieser bitte­ren Erfahrung offenbar sofort Konsequenzen gezogen. Um eine weitere Schlappe zu ver­hindern, überschrieb er sein Manderscheider Burglehen an seine beiden Schwiegersöhne, ohne seinen Herren, den Trie­rer Erzbischof Balduin von Luxemburg, Bruder von Kö­nig Heinrich, pflichtgemäß um Erlaubnis zu fragen. Friedrich hat also schnell Tat­sachen geschaffen, um einem möglichen Zugriff des Bi­schofs zuvorzukommen. Da­mit hatte er einen Rechts­bruch begangen, was beson­ders heikel war, da Balduin bekanntlich ein strenges Re­giment führte. Der Bischof hat erst zwei Jahre später von der Aktion erfahren, als er sich in Begleitung König Heinrichs in Italien aufhielt; Dietrich von Runkel war in seinem Gefolge und hat ihm die Sache offenbar „gebeich­tet". Balduin ließ Gnade wal­ten und belehnte Dietrich we­gen „der ihm und dem Reich in Rom und Italien geleisteten Dienste" nachträglich mit der Hälfte des Manderscheider
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Burglehens22. Gegenüber Heinrich von Pyrmont ist Bal-duin später ebenso verfahren, denn Heinrich ist in der Fol­gezeit ebenfalls als Mander-scheider Burgmann nachge­wiesen.
In den folgenden Jahren scheint sich Friedrich aus dem „öffentlichen Leben" weitge­hend zurückgezogen zu ha­ben. Der Witwer war nun um die Fünfzig, nach damaligem Verständnis bereits an der Schwelle zum Greisenalter. Er hat kein zweites Mal geheira­tet23. Am 6. Dezember 1315 verschreibt er zur Beglei­chung einer Schuld von 30 Mark Kölner Denare dem Rit­ter Dietrich von Wiesbaum ei­ne Jahresrente24. Aus dieser Urkunde ist uns Friedrichs Siegel bekannt: Es zeigt das Dauner Gitter mit einem dreilätzigen Turnierkragen -dasselbe Wappen, das auch sein Vater geführt hatte. Drei Tage später fungiert er als Schiedsrichter in einem Streit zwischen dem Abt von Ech-ternach und Theoderich von Esch, einem Urgroßneffen sei­ner verstorbenen Frau25. Besonders verbunden war Friedrich offenbar mit den
Nachkommen seines Neffen Kuno, dem Sohn seines schon vor 1287 verstorbenen Bru­ders Konrad, denn er wurde Patenonkel für Kunos Sohn Friedrich, genannt von Wol­keringen, der später als treuer Gefolgsmann des Luxembur­ger Grafen König Johann von Böhmen hervortrat26. Anfang 1323 sah Friedrich das Ende seines Lebens nahen und traf Vorkehrungen für sein Erbe und sein Seelenheil. Schon fünf Jahre zuvor hat­ten sich die Töchter und Schwiegersöhne geeinigt, Friedrichs Erbe nach dessen Tod zu gleichen Teilen teilen zu wollen27. Nun, am 19. März 1323, übergab Friedrich die Güter, die ihm noch verblie­ben waren, seinen Schwieger­söhnen gegen die Verpflich­tung, ihm in Himmerod ein Jahrgedächtnis zu stiften für ein Fuder Wein aus seinen Gütern in Pommern und seine Schulden zu bezahlen. Die Urkunde bezeugten seine bei­den Neffen, die Brüder Diet­rich und Wirich von Daun28. Kurz darauf kamen die Kinder dem Wunsch nach und mach­ten die verlangte Stiftung an Himmerod. Friedrichs Groß-
neffe Ägidius von Daun und seine Frau Kunigunde von Virneburg erklärten im Inter­esse des Seelenheils des ver­storbenen Vaters des Ägidius, Richard von Daun, und auf Veranlassung der „seriosa do-mina" Lucia von Rodema­chern, seiner Mutter, ihre Zu­stimmung29. Im selben Jahr verzichtete Friedrich zu Gunsten von Himmerod auf seine Güter zu Hane bei Hundswinkel30. Die Übergabe von Weiden­bach und Oberstadtfeld ver­lief jedoch nicht reibungslos: Es kam zu einer Auseinander­setzung mit dem Herrn von Schönecken31. Am 24. August 1323 traf man sich auf Burg Schönecken zu einem Termin, an dem auf Seiten der Dauner Heinrich von Pyrmont teil­nahm. Der Ritter Hurt von Schönecken vertrat seinen noch unmündigen Herrn Hartrad bzw. dessen Vor­mund, den Herrn von Falken­burg. Hurt behauptete, die Dörfer seien seinerzeit nach dem Tod der Agnes als heim­gefallenes Lehen an den Jun­ker von Schönecken gelangt und dieser habe „weder dem Herrn von Dohm noch sonst
jemandem ein Recht daran zuerkannt". Heinrich von Pyr­mont verließ daraufhin verär­gert die Versammlung. Nun schaltete sich ein weiterer Konkurrent in den Streit ein. Die Schönecker Burgmannen hatten nämlich angegeben, die Dörfer seien inzwischen an Konrad von Schleiden neu vergeben worden. Das musste Friedrichs Schwiegersöhnen wie ein abgekartetes Spiel vorkommen, denn Konrad von Schleiden war über seine Mutter Johanna von Falken­burg mit dem Vormund des Herrn von Schönecken ver­wandt. Er sollte offenbar von der Schönecker Seite unrecht­mäßig begünstigt werden. Am 24. und 25. Mai 1324 kam es zu einer weiteren Zusammen­kunft, diesmal auf „neutralem Boden" in Hillesheim. Die Schönecker Burgmannen ga­ben erneut Konrad von Schleiden den Zuschlag. Da­gegen kam Engelbert von Sayn, den die Herren von Pyrmont und Runkel zu ihrem Schiedsrichter erwählt hatten, zu einem anderen Ergebnis: Friedrich von Dohm habe die Dörfer zu erblichem Lehen gewonnen und mit sei­ner Frau über 30 Jahre, nach deren Tod über weitere 12 Jahre innegehabt. Da nun die Schwiegersöhne das Lehen besäßen, solle man sie darin ungehindert lassen, bis die Dörfer gerichtlich wieder an den rechtmäßigen Herren zurückfallen. Die Plädoyers der Streitparteien wurden Bi­schof Balduin schriftlich vor­gelegt. Der Landesherr ent­schied sich zugunsten von Pyrmont/Runkel und über-
nahm am 18. Juli 1324 den Spruch des Engelbert von Sayn als seine Entscheidung. Ob Friedrich von Dohm die­sen Erfolg noch erlebt hat, wissen wir nicht. Er ver­schwindet jedoch danach aus den Quellen, und wir können annehmen, dass er 1324, viel­leicht schon Ende 1323 ver­storben ist.
Was ist aus Friedrichs Nach­kommen und seinen ehemali­gen Besitzungen geworden? Heinrich von Pyrmont starb bereits vor 1330, Kunigunde vor 1339. Ihre Söhne hießen Heinrich, Friedrich (nach dem Großvater!) und Kuno. Letzte­rer heiratete Lisa von Lös-nich; von ihm stammen alle weiteren Herren von Pyrmont ab. Daneben kennen wir noch die Töchter Agnes und Aleid sowie eine Kunigunde von Pyrmont, die 1356 Nonne im Kloster Oeren wurde32 und wohl ebenfalls eine Enkelin des Friedrich von Dohm war. Das Manderscheider Burgle­hen blieb zwischen Pyrmont und Runkel aufgeteilt; der Pyrmonter Anteil bestand 1475 aus zwei Drittel des Zehnten zu Manderscheid, ei­nem Haus auf der Burg ge­nannt Pyrmont und zwei Wiesen unterhalb der Burg genannt „die Bruele". In Ober­stadtfeld und Weidenbach er­scheinen dagegen später nur noch die Pyrmonter als Ho­heitsträger; die von Runkel haben ihren dortigen Anteil also irgendwann abgegeben. Die Nachkommen zu Pyrmont haben die Güter dann ab 1447 im Zuge von Erbstrei­tigkeiten heruntergewirt­schaftet. 1456 ernannten
Heinrich von Pyrmont und seine Frau Lyse von Sombreff den Dietrich von Daun ge­nannt Duyngin zu ihrem Amtmann über das, was sie haben „an Erbschaft zu Wei­denbach, Stadtfeld und Man­derscheid"33. Zu Weidenbach besaßen die Pyrmonter „kein eigen platz oder behaußunge" und keine eigenen abgaben-pflichtigen Güter, sondern nur die Einkünfte, die ihnen als Vögte des Prümer Marien­stifts zukamen34. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts fielen die beiden Dörfer dann mit­samt dem Teil des Mander­scheider Burglehens durch Heirat an Graf Dietrich von Manderscheid-Schleiden. Heute erinnert noch der schräggestellte Zickzackbal­ken, Wappen von Pyrmont, im modernen Ortswappen von Oberstadtfeld an die Pyr­monter Erbschaft, die auf Friedrich von Dohm zurück­geht.
Der Teil des Manderscheider Burglehens, der an Runkel fiel, bestand aus Gütern zu Minderlittgen. Am 29. Juli 1330 verkauften Dietrich und Agnes sowie ihr Sohn Sieg­fried ein zu diesen Gütern gehörendes Haus mit Rück­kaufrecht an den Schult­heißen von Manderscheid35. Ebenfalls zum Erbschaftsan­teil der von Runkel gehörte das Gut zu Sarresdorf; es wurde bereits 1326 von Diet­rich von Runkel an Gerhard von Blankenheim veräußert36. Agnes erscheint letztmals 1331, Dietrich starb 1352. Sie hatten zwei Töchter namens Uda und Margarethe (1360 Äbtissin in St. Thomas/Kyll)
sowie die drei Söhne Sieg­fried, Friedrich und Heinrich. Der Erstgeborene Heinrich heiratete Anna Gräfin von Diez und starb 1342 noch vor dem Vater. Friedrich Herr von Runkel, Patenkind seines Großvaters Friedrich von Dohm, lebte noch 1370. Dorf und Burg Dohm, nach denen sich Friedrich benann­te, sind vom 14. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts im Fa­milienbesitz der Marschälle von Daun zu Densborn bzw. von deren Erben, den Adels­familien von Rollingen und von Kriechingen. 1654 ge­langte die Herrschaft an den Kurtrierischen Beamten Jo­hann von Anethan. Seine Nachfahren nannten sich bis zum Ende der Feudalzeit Her­ren zu Densborn und Dohm.
vgl. WeberS. 168 f.
7 Dün Nr. 124; Goerz 3, Nr. 2138. 1264 erscheint er als Urkunden­zeuge gemeinsam mit seinem da­maligen Schwiegervater Udo (I.) sowie Gerhard und Dietrich von Esch, Sohn bzw. Enkel des Udo. (Lamprecht 3, Nr. 26). Möller führt ihn nur bis 1257.
8 Goerz 4, S. 535 f.
9 Musweiler war ein Trierer Lehen der Herren von (Nieder-)Mander-scheid, die den Besitz an die Her­ren von Esch weiterverlehnt hat­ten.
10 Die Finstinger waren eine Nebenli­nie der Herren von Malberg, in de­ren Dienst Richard Longus mögli­cherweise stand, denn 1264 nennt er sich auch „von Malberg" (Lamp­recht 3, Nr. 26). Die Malberger Oberburg, Sitz der Stammlinie, war schon seit 1238 Lehen und Offen­haus des Bischofs. Die Unterburg wurde 1280, also kurz nach Fried­richs Heirat, samt Zubehör von Jo­hann und Hugo von Finstingen an ihren Vetter Erzbischof Heinrich von Finstingen verkauft, wobei vermutlich auch die ehemaligen Lehngüter des Richard Longus an Kurtrier gelangten.
11 Theoderich erscheint letztmals am 8. Juni 1287 (Wampach 5, Nr. 205).
12  1241 teilte Friedrichs Vater Theo­derich mit der Abtei Himmerod die gemeinschaftlichen Güter in „Hun-diswinkil" (Dün Nr. 78; Keuffer/Kentenich S. 189). Hunds­winkel und Hane gehörten Mitte des 14. Jahrhunderts zusammen mit Pelm und der ebenfalls unter­gegangenen Siedlung Hengstwei­ler zur Zenderei Gees im Dauner Hochgerichtsbezirk (Dün Nr. 398).
13 Josten Nr. 170. Burg Dreimühlen am Ahbach, heute Ruine oberhalb des Nohner Wasserfalls. Das „y" in „Doyma" ist als Dehnungsvokal zu lesen.
14 Dauner Hochgerichtsweistum von 1466 (Mayer S. 241 ff.); Janssen S. 325 f.
15  1224 war Heinrich II. von Daun, ein Vetter des Theoderich I., vom Grafen von Luxemburg erblich mit dem Marschallamt belehnt wor­den. Die Familie war dann durch Heirat oder Kauf in den Besitz von Densborn gelangt und hatte das Lehnsgeld auf die Herrschaft Dens­born angewiesen, die seither mit dem Marschallamt verbunden war. Heinrichs II. Enkel, Erbmarschall Richard, erscheint ab 1290 als Herr von Densborn. Älteste und oberste
Grundherrin zu Densborn war je­doch die Abtei Prüm, und die Mar­schälle hatten den Abt von Prüm noch vor den Luxemburger Grafen als Lehnsherren anzuerkennen.
16 In diesem Falle wäre Dohm erst nach 1323/24 mit Densborn verei­nigt worden. Dafür spricht die un­terschiedliche Rechtsnatur beider Besitzungen: Densborn wird von Anfang an als Luxemburger bzw. Prümer Lehen bezeichnet, Dohm dagegen erscheint noch 1371 als Eigengut der Marschälle, das „von niemandem zu Lehen rührt" (Dün Nr. 512).
17 Mötsch Balduineen Nr. 297; Lamp­recht 3, Nr. 79; Dün Nr. 203. Für Friedrich, der angibt, er habe kein eigenes Siegel, siegeln sein Bruder Domherr Dietrich und Dietrich von Bruch. Der Grund für Friedrichs Siegelkarenz bei diesem Rechtsakt ist unbekannt. Er muss bereits ein eigenes Siegel - als Zeichen seiner Volljährigkeit und seiner Ritter­würde - besessen haben, denn 1291 und 1295 hatte er ja schon als Siegelzeuge fungiert. Wir wis­sen auch nicht, ob es sich um eine Erstbelehnung handelte oder ob Friedrich das Lehen, das als „va­kant" bezeichnet wird, schon vor­her besaß. Eventuell wurde es vom neuen Bischof nur erneuert. Dieter von Nassau (1300 - 1307) hatte das Amt genau ein Jahr vorher von seinem Vorgänger Boemund († Dezember 1299) übernommen. Zu denken wäre hier an die im Lehnsrecht verankerte Frist von „Jahr und Tag", in der eine Wie-derbelehnung zu erfolgen hatte.
18 Wir wissen lediglich von einem Christian von Dohm, der um 1340 Burgmann zu Manderscheid war (Loutsch/Mötsch S. 78). Es wird sich jedoch um einen Edelknecht gehandelt haben, der vorher zu Dohm als Burgmann gedient hatte und so zu seinem Beinamen kam. Christian von Dohm ist sonst nir­gends belegt, eine Verwandtschaft mit Friedrich äußerst unwahr­scheinlich.
19  Schultze S. 9.
20 Mitbewerber waren Jakob Longus von Ulmen (Enkel des Cuno von Ulmen aus der Urkunde von 1278) sowie ein Reinhard von Lewen-stein, die als nächste Verwandte des Richard Longus Erbansprüche erhoben. Sie konnten sich aber nicht durchsetzen. (Renger Nr. 56)
21 Renger Nr. 33. Die Urkunde ist ab­gebildet bei Hesse/Schmitt-Kölzer
1 Im Januar 1231 erscheint er als Vogt des Kröver Reiches (Wampach 8, Nr. 27). Die Dauner trugen die Vogtei über den Fiskus Kröv vom Reich zu Lehen. Möller führt Theo­derich I. erst ab 1241. Die Angaben bei Hoersch, der Friedrich von Dohm der Linie der Marschälle von Daun-Densborn zuordnet, sind ir­rig.
2 Wampach 7, Nr. 151-153, 155-165, 170; WeberS. 144 f.
3 Dün Nr. 144, 145.
4 Goerz 3, Nr. 2342; Wampach 8, Nr. 131; Holbach S. 445 f. Dietrich lebte noch 1309 (Testament vom 29. Juli). Ob auch der seit 1280 be­legte Trierer Domherr Johann von Daun ein Bruder Friedrichs war, ist unsicher. Holbach zählt ihn zur Li­nie der Marschälle von Daun-Densborn.
5 Dün Nr. 149; Goerz 4, S. 119.
6 Agnes ist vermutlich identisch mit der 1272 genannten Agnes, Schwester des Udo (II.) von Esch (Goerz 3, Nr. 2741). Die falsche Zu­ordnung zu Esch/Sauer zuletzt noch bei Mötsch Kopiar S. 331. Zur Unterscheidung der Familien von Esch/Sauer und Esch/Salm
S. 1033. 1319 trägt Wilhelm die Burg Erzbischof Balduin zu Lehen auf, wobei Balduin ihm eine nochmalige Unterverlehnung aus­drücklich verbietet. (Mötsch Bal-duineen Nr. 530).
22 Mötsch Kopiar Nr. 20, 21. Dietrich und seine Erben sollen das Burgle­hen haben, „solange die Einkünfte 60 Pfund kleine Turnosen jährlich nicht überschreiten." Dietrich ver­pflichtet sich, nach seiner Rück­kehr eine genaue Auflistung der Güter zu erstellen; eine solche Ur­kunde ist leider nicht überliefert. Dün (Nr. 221) schreibt fälschlich „Dietrich von Bourscheid". Berns (S. 99, 115, 169, 170) nimmt irr­tümlich den Tod Friedrichs als Grund für die Belehnung an.
23 Die Angaben in der älteren Litera­tur, Friedrich habe in zweiter Ehe eine Elisabeth von Florenges ge­heiratet, beruhen auf einer Ver­wechslung mit Friedrichs gleich­namigem Großneffen Friedrich von Daun, genannt von Wolkerin­gen, in zweiter Ehe verheiratet mit Elisabeth von Flörchingen/Floren-ges. Siehe auch Anm. 26.
24 Dün Nr. 225; Oidtman Mappe 312.
25 Wampach 7, Nr. 214.
26 Friedrich von Wolkeringen beglei­tete Johann auf dessen Feldzügen und besaß von ihm ein Burglehen zu Freudenkoppe (Nerother Kopf). 1340 bezeugte er das Testament des Königs (Dün Nr. 296). Er fiel wahrscheinlich mit seinem Herrn in der Schlacht von Crécy am 26. August 1346.
27 Oidtman Mappe 312.
28 Dün Nr. 237.
29 Dün Nr. 238; Keuffer/Kentenich S. 197.
30 Keuffer/Kentenich S. 189. Hof Ha-ne ging 1347 durch Tausch an Erz­bischof Balduin (Schneider S. 70, 226). Der Hof bestand noch 1493 (Janssen S. 415).
31 Renger Nr. 53, 56-58.
32 Keuffer/Kentenich S. 211.
33 Oidtman Mappe 312. Heinrich hat­te seiner Gattin die Mai- und Herbstbede aus „Wydenbach" und
„Stadtfeld" in Höhe von 25 Gulden als Wittum überschrieben. (Renger Nr. 586)
34 „alß einen iren schirm hern des gots hauß halben", „alß einen ge-walt vogt und gewalt hern billich geburt". (Schöffenweistum Wei­denbach, Theisen S. 249 ff.)
35 Mötsch Balduineen Nr. 901; Schultze S. 16. Das Erblehen in Minderlittgen fiel Ende des 15. Jahrhunderts an Graf Johann von der Mark, der eine Margaretha von Runkel geheiratet hatte.
36 Wackenroder S. 77.
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