Hühnerhaltung "ganz normal" wer weiß noch, wie's war?

Therese Schneider, Brockscheid

 

Noch vor einigen Jahrzehnten war es im ländlichen Raum selbstverständlich, einige Hühner zu haben. Mit der Reduzierung der Landwirtschaft ist die normale Hühnerhaltung fast ausgestorben - das Federvieh lebt heute erbärmlich in Legebatterien und Kinder kennen kaum noch Hühner, die ums Haus, im Hof scharren.

Wie war das nun früher? Kaum ein Dörfler hatte keine Hühner, sogar der Pfarrer und der Lehrer hielten das Kleinvieh, um sich mit frischen Eiern zu versorgen. Ab und an gabs auch eine feine Hühnersuppe und die älteren Leute meinen, sie habe früher viel besser geschmeckt als heute. Der Grund dafür könnte sein, daß die Tiere damals durch den freien Auslauf ganz anderes Futter bekamen, die Hühner auch im Fleisch einen kräftigeren Geschmack hatten.

In den Familien waren es meist Mutter oder Großmutter, die sich ums Federvieh kümmerten und die Tiere waren anhänglich; sie merkten auch sofort, wenn ein Fremder auf den Hof kam und meldeten das.

Die meisten Hühner wurden von Bauern gehalten, deren Anwesen am Ortsrand lag, denn angrenzende Wiesen und Äcker waren willkommener Auslauf. Man nahm es da nicht so genau, wenn die Hühner sich auf einem frisch eingesäten Acker satt machten. Zwar ärgerte sich der Betroffene, doch man machte lieber "die Faust in der Tasche", als sich mit dem Nachbarn wegen der Hühner zu verfeinden. Stand das Getreide in den Ähren, sprangen die Hühner hoch, zogen die Ähren herunter, fraßen sie leer. Der Ausdrusch fiel da natürlich geringer aus.

Hühner mußten regelmäßig gefüttert werden, sonst wurden sie zur Plage. Wehe, wenn die Haustür offen stand und sie in die Küche gelangten! Falls etwas Fressbares angetroffen wurde, verursachten sie ein Chaos, vor nichts machten sie halt. Kam jemand in die Küche und vertrieb sie, gabs ein Geschrei, sie flogen hin und her, fanden weder die Tür noch den Weg nach draußen und ließen ordentlich Federn. Die Küche glich einem Schlachtfeld.

Die Männer waren den Hühnern nicht gut gesonnen. Weil sie in Stall und Scheune Zugang hatten, sorgten sie durch eifriges Scharren für heilloses Durcheinander. Gerieten sie in den neu eingesäten Garten, sah der katastrophal aus. Wenn irgendwo ein mit Getreide gefüllter Sack stand, pickten sie so lange daran, bis er ein Loch bekam und das Getreide auf die Erde rieselte. So hatten sie ein "gefundenes Fressen".

Im Frühjahr, wenn die Tage länger und wärmer wurden, setzte bei den Hühnern die Legefreudigkeit ein. Nun wurden im Stall aus dünnen Brettern oder Kistchen Nester hergerichtet und mit Stroh ausgelegt. Der Hahn begleitete die Hühner dahin und bewachte - zumindest in den ersten Tagen - den Vorgang des Eierlegens. Mit lautem Gegacker und Gekrähe taten die Tiere kund, wo die Eier zu finden waren. Abends hat man sie eingesammelt und mit Freude verzehrt - frische Eier schmecken nun mal besonders gut. Doch nicht alle kamen auf den Tisch, einige besserten die Haushaltskasse auf, sie wurden im Dorfladen in Zahlung gegeben und wenn der Preis sank, waren es eben schlechte Zei-ten. Bei guter Fütterung legten die Hühner den ganzen Sommer recht fleißig. Es kam auch vor, daß ein Huhn die gelegten Eier selbst verzehrte - dann wanderte es in den Kochtopf. Aber auch die Nachzucht wollte bedacht sein. Wenn man merkte, daß sich ein Tier auffällig benahm, ständig an ändern herumpickte, die Flügel spreizte und am liebsten auf dem Nest sitzen blieb ohne ein Ei zu legen, dann wollte es brüten. Die Mutter kümmerte sich meist darum, sie wurde vom Huhn geduldet. Es bekam ein eigenes Nest, ihm wurden bis zu 12 Eier untergelegt; bei kleinen Hühnern entsprechend weniger. Das brütende Huhn saß ganz in sich gekehrt, meist mit geschlossenen Augen, auf dem Nest, bedeckte mit seinem weichen Gefieder die Eier, hielt sie warm und war eifrig bemüht, sie richtig unter sich zu haben. Während des Brütens nahm das Huhn sehr wenig Nahrung auf. Sein Instinkt befahl ihm, so zu handeln, fürs Brutgeschäft brauchte es keine kräftige Nahrung. Es kam vor, daß ein Huhn zur Futteraufnahme vom Nest genommen werden mußte, damit es nicht verhungerte und verdurstete. Jüngere Tiere brachen den Brutvorgang schon mal ab, liefen auf und davon; ältere hatten mehr Ausdauer. Es kam vor, daß ein Huhn sich selbst "setzte". Dann legte es einige Tage irgendwo in der Scheune oder in einem Holzstapel seine Eier, brütete sie aus und auf einmal kam es als Glucke mit der Schar Küken anmarschiert. Über solch ein "Naturereignis" freute man sich sehr und erzählte es lobend der Nachbarin.

Die Brutzeit dauerte 21 Tage. Wenn der Tag gekommen war, an dem die Kleinen schlüpfen sollten, ging die Mutter zum Nest und sprach mit der Glucke. Die antwortete mit "Gluck- Gluck- Gluck". Federleicht war das Tier, wenn die Mutter es aufhob, um nachzusehen, wieviele Küken schon da waren. Wie hilflos sind die Kleinen, wenn die Eierschalen zerbrechen und ein Tierchen will ans Tageslicht, steckt noch zur Hälfte in der Schale, rundum mit Eidotter verklebt. Oft hilft die Glucke sanft nach, die Küken zu befreien. Nun darf das Huhn nicht mehr vom Nest, bis alle Tierchen von den Eierschalenresten befreit und völlig sauber sind, das dauert zwei bis drei Tage. Die Mutter legt der Glucke das Futter ans Nest, sie nimmt es gierig und dankbar auf. Die Küken entwickeln sich dann sehr schnell, bald werden sie mit der Glucke aus dem Nest gehoben, damit sie selbst Futter suchen können. Bei warmem Wetter gehts ins Freie, bei schlechtem ins eigens dafür angefertigte "Gluckenställchen" und das war ringsum mit Draht versehen, damit Katzen und Hunde keinen Schaden anrichten konnten. Zum Schlafen schlüpften die Küken immer wieder unter die Glucke. Nach wenigen Wochen konnten die Kleinen ihr Hühnerdasein ohne die Alte meistern, die schloß sich wieder der Hühnerschar an und begann nach einigen Wochen erneut ihre Legetätigkeit.