Räder werden aufgezogen

Willi Steffens

Früher war das Aufziehen der Räder in der Eifel ein besonderes Ereignis. Als Kinder liefen wir immer dem Schmiedewagen nach, der da vollauf mit Rädern und Reifen beladen war. Es ging dann zum nahen Bache, wo die Eisenreifen aufgezogen werden sollten. Heute haben die Bauernwagen Räder mit Gummibereifung, so daß das Aufziehen der Räder fast ganz in Wegfall gekommen ist. Stellmacher und Schmied arbeiteten in unserem Dorfe fast immer Hand in Hand. Der Stellmacher stellte die Räder aus Holz her, während der Schmied die nötigen Reifen dazu schmiedete.

An besagtem Tage nun gings hinaus zum Aufziehen. Für jeden Wagen waren je zwei große Hinterräder und zwei kleinere Vorderräder aufgeladen. Alles wurde am Bache abgeladen, und dann gings an die Arbeit. Die mitgenommenen Schanzen, Reiser und Holz dienten zum Feuermachen. Es mußte schon ein ordentliches Feuerchen entzündet werden, denn die Reifen mußten gründlich erhitzt werden. Hier gings nach dem alten Naturgesetz: „Die Wärme dehnt die Körper aus, und die Kälte zieht sie wieder zusammen." Also zunächst gründlich erhitzen und dann mit den aufgezogenen Rädern ins kalte Wasser. Der Schmiedemeister sorgte dafür, daß die Eisenreifen genügend erhitzt wurden. Seine Gesellen standen bereit, um geschickte Handgriffe zu leisten. Mit ihren Zangen griffen sie den glühenden Reifen aus der Glut und brachten ihn zum Holzrad. Das heiße Eisenband wurde auf die Felge gelegt. Für einige Augenblicke sah es aus, als wollte das Holzrad verbrennen, denn eine helle Flamme zischte auf. Die Gesellen löschten aber sofort mit Wasser. Saß nun der Reifen gut auf, dann flink ins Wasser, damit er sich genügend abkühlen konnte. So zog er sich dann fest um das Rad zusammen. Nachher wurden dann die noch besser festhaltenden Nägel eingeschlagen. Die Räder waren nach langer Arbeit dann alle aufgezogen, und heim gings mit dem wieder vollgeladenen Wagen. Es war immer ein ereignisvoller Tag, nicht nur für die Schmiedeleute, sondern auch für uns Kinder.