Pafenheck

Vogelschutzgehölz mit Waldlehrpfad

Hans Mühlhaus

 

So signiert ein weit sichtbares Schild das 80 a große Gemeindewäldchen, das südlich von Darscheid liegt, auf einer leichten Anhöhe, knapp 500 m vom Ort entfernt.

Als die Gemeinde im Jahre 1913 den zersplitterten Grundbesitz zum erstenmal zusammenlegte, wurde die Pafenheck nicht einbezogen, sie blieb frei liegen „fir de Vijel". Das Heckengelände mit viel Heidekraut war noch ein Rest der ehemaligen Darscheider Heide. Der planmäßige Ausbau zum Vogelschutzgehölz begann 1956 durch die Darscheider Schule. Sie pflanzte, hängte Nisthöhlen auf, befestigte Tafeln mit bunten Darstellungen heimischer Vögel und Leitworten im Dienste des Vogelschutzes.

Seit 1973 hat eine Vogelschutzgruppe auch die weitere Betreuung der Pafenheck übernommen. Dabei wird vorrangig Wert gelegt auf den Selbstbau von Nisthilfen und Futtergeräten sowie die regelmäßige Winterfütterung. Allen Interessenten werden (nach vorherigen Anmeldungen (Telefonanruf 41 32) kostenlose Führungen angeboten.

Viele Wege führen von Darscheid zum Vogelschutzgehölz in der Pafenheck, doch der stille Feldweg durchs Hirteltal ist jahrein und jahraus der schönste von allen.

Am Eingang des Wäldchens steht unter Hainbuchen unübersehbar eine Tafel, die jeden Besucher willkommen heißt. Mit poetischen Worten mahnt der Heidedichter Herrn. Löns, still dem Pfade nachzuwandeln und mit offenen Augen viel zu lesen im aufgeschlagenen Buche der Natur.

Zum ersten Verweilen veranlaßt eine kleine Waldwiese, die den Bodenbrütern (Goldammer, Lerche, Schafstelze, Fitislaubsänger, Baumpieper) als Nistplatz dienen soll. Erdnester in Bodenmulden, zwischen Grasbüscheln und unter kleinen Sträuchern sind immer in Gefahr, aufgespürt oder zertreten zu werden. Daher: Bleibt auf dem Pfade!

Bald sind die ersten Nisthöhlen zu sehen. Sie hängen an geeigneten Stellen der Bäume, in erreichbarer Höhe, mit den Fluglöchern nach SO ausgerichtet, haben freien Anflug und sind fortlaufend numeriert. Kleine Schildchen geben die Fluglochdurchmesser an sowie die Namen der für diese Weite in Frage kommenden Vogelarten. Die Numerierung dient der Nistkastenkontrolle, die ab Mai bis Juni stattfindet. Bei behutsamer Öffnung bleibt das brütende Weibchen auf dem Gelege sitzen. Ist der Brutvogel nicht anwesend, verrät das Nistmaterial den Erbauer: Meisen bauen Nester aus Moos mit Wollmulden, Trauerschnäpper aus Halmen mit Blättern, aber ohne Federn, Rotschwänze auch aus Halmen mit Blättern, aber mit Federn, Kleiber aus Borkenstückchen und Feldsperlinge aus Strohhalmen mit zahlreichen Federn — echte „Sperlingsnester". Diese Kontrollen werden gern durchgeführt, sie bereiten Freude und bringen Überraschungen aller Art. Außer den Vögeln gibt es Eindringlinge, die nicht geduldet werden können: Wespen und Hornissen; andere wieder genießen den vollen Schutz: Hummeln, Hasel- und Fledermäuse. Die Höhlenbrüter nehmen die Nisthilfe gerne an; sie ersetzen die alten „Vogelbäume", die im durchforsteten Wald nur noch selten angetroffen werden. Auf einer Lichtung stehen prächtige alte Kiefern (Pinus silvestris), Bäume der Heide, die immer noch Heidekraut im Gefolge haben. In ihrem Schatten steht ein Uhu, in Holz geschnitzt von Ottmar Kremer. Es soll ein Denkmal sein für die größte heimische Eule, die es seit 1957 in der Eifel nicht mehr gibt. Auch um den Steinkauz muß man bangen; die Steinkauzröhre oben am Kiefernast blieb bislang unbesetzt.

Die Lauscherbank, von der aus die ganze Schönheit der großen Waldwiese sichtbar wird, ist ein begehrter Sitzplatz geworden. Aus dem hohen Waldgras leuchten weiße Sternmieren, rote Betonien, goldgelbe Labkräuter und blaue Skabiosen und Glockenblumen hervor. Daneben haben Feldahorn, Pfaffenhütchen (das „Rotkehlchenbrot"), Wacholder und Pulverholz bescheidene Plätze besetzt. Mitten in der grünen Fläche erhebt sich ein großes, überdachtes „Hässches Futterhaus", das nach Josef Häs, seinem Erbauer, benannt ist. Vier Seitenfenster schützen das Futter vor Wind und Regen und zwingen die Vögel, von unten her einzufliegen. In diesem vogelträchtigen Raum ist immer etwas los. Von den Kirschbäumen, Robinien, Salweiden, Eichen und Buchen, aus Weißdornbüschen und windendem Geißblatt dringt „Vogelgesang voller Leben und Frische." Da schmettert der Buchfink seinen Finkenschlag, läutet die Kohlmeise, lockt der Dompfaff, klingelt der Grünling und ruft der Laubsänger Zilpzalp unermüdlich seinen Namen. Zum großen Reichtum der Natur gehört der singende Vogel! Nach einem Bericht von Pfeifer und Keil (Münchener medizinische Wochenschrift, 1963, Nr. 14) haben Ärzte festgestellt, daß durch Vogelschutzanlagen in Kurorten kranke Menschen, die Vögel belauschten und beobachteten, den Umgang mit der Vogelwelt in zunehmendem Maße suchten. Sie wurden dadurch von ihren Beschwerden abgelenkt, was zu Entspannungen führte, die vorher schwer zu erreichen waren. So werden Vogelschutzgehölze für den modernen, gehetzten Menschen zu einem therapeutischen Mittel, das heilende Kräfte zu entwickeln vermag. Beobachtungen von singenden, fliegenden, nestbauenden und fütternden Vögeln führen nicht nur zu guten Gesprächen, sondern oft zu ungeahnten Erkenntnissen. An einem regnerischen Junitag flog eine fütternde Blaumeise mit bewundernswerter Ausdauer dreimal in einer Minute mit gefülltem Schnabel ins Nest zu den girrenden Jungen. Das waren in einer Std. 180, in einem Tage über 2000 Flüge und das an 20 Fütterungstagen. Das sind Zahlen zum Staunen! Sie beweisen, daß Vogelschutz auch aus wirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt ist.

Gleich, nachdem der Pfad in den Wald einmündet, hemmen sperrig aufgehäufte Äste und Zweige seinen Lauf. Ein vorgerücktes Schild gibt an, daß es sich um einen Nisthaufen handelt (Nist = Nest), der von Kleinvögeln als Schlafstätte, zuweilen als Zuflucht in der Not vor fliegenden Verfolgern und von Buschbrütern, wie Amsel, Zaunkönig, Heckenbraunelle u. a. m., als Nistplatz benutzt wird. Andere Nistmöglichkeiten für die freibrütenden Vögel sind in den Nisttaschen an Baumstämmen und den Quirlschnitten im Unterholz angeboten. Häufig wird nach dem Sinn des Baum-Namens, hauptsächlich dem lateinischen Doppelnamen, gefragt. Nun, die Doppelnamen, binäre Nomenklatur, führte 1735 der schwedische Botaniker Linne ein, um Verwechslungen zu vermeiden. Fragen im Wald gibt es in Hülle und Fülle! Bernhard von Clairvaux: „Glaube mir, du wirst mehr in den Wäldern finden als in den Büchern."

In der Bodenfutterstelle auf der Waldblöße wird den sogenannten Weichfressern (Amsel, Rotkehlchen, Wintergoldhähnchen, Zaunkönig, Heckenbraunelle), die kein Körnerfutter verzehren können, der Tisch unterm Tisch, also auf dem Boden, gedeckt. Die Tischplatte dient als Bedachung, damit das Kleie-Fettgemisch mit Obstresten nicht naß wird. Die Körnerfresser hingegen bekommen ihr Winterfutter in den Futterhäusern und -silos. Zu ihnen gehören die Meisen, Kleiber, Gimpel, Grünlinge und Spechte. Nur bei strengem Frostwetter wird reichlich mit Sonnenblumenkernen und Hanf sowie mit ungesalzenem Fett (Nierenfett) gefüttert. Küchenabfälle wäre Vogelmord! Winterfütterung soll über die Notzeit hinweghelfen und die Treue, am Standort zu bleiben, erhalten.

Eine Vogeltränke darf in keinem Vogelgehölz fehlen. Sie ist zugleich die Badeanstalt aller hier sich umher tummelnden Brutvögel. Zur Anlage der Tränke konnte nur diese nasse und tonige Stelle in Frage kommen, denn nur sie bot die Gewähr, das Wasser auch in Trockenzeiten nicht zu verlieren. Eine aus Steinen geschaffene Insel läßt die Vögel leicht anfliegen und schützt vor räuberischen Überfällen.

Eine Attraktion im Vogelwald ist der Hochsitz an der Sumpfwiese, ein gehobener Beobachtungsstand, von dem man den Vögeln ins Nest schauen kann. Im Schutz der Weidenbüsche, Pappeln und Weißbirken ist eine unauffällige und somit erfolgreiche Beobachtung leicht möglich. Vogelstimmen, Lockrufe, manchmal Flügelschläge und knackende Geräusche dringen immerfort an unser Ohr, aber ihre Urheber sind selten gleich zu sehen. Von unten, wo das Heer von Sauergräsern, Binsen und zahlreichen Doldenblütlern eine unzertrennliche Gemeinschaft bildet, übt in einer lichten Hecke eine Goldammer ihr ewig gleichbleibendes Thema: „zizizizizi — zieh", im Volksmund wiedergegeben mit: „Wie, wie hab ich dich — lieb!" Aber, wo sitzt sie? Das Fernglas hilft suchen. Da, der gelbe Kopf, die gelbe Brust, da ist sie, die Emberiza citrinella, ein kleiner Goldfleck im grünen Laub. Den Sängern des Waldes gehört die frühe Morgenstunde, und wer ein Morgenkonzert vom Hochsitz in der Pafenheck erlebt hat, weiß, wie klar und melodienreich Vogelstimmen erklingen können.

Greifvögel sichern das biologische Gleichgewicht in der Natur

Rotkehlchen

Am Ende des Lehrpfades steht mahnend ein Schild: Sag mir, wo die Adler sind! Hier gehts um Greifvögel. Die dargebotenen Flugbilder informieren anschaulich. Die angegebenen Gründe für den katastrophalen Rückgang der Greifvögel und Eulen sind beschämend. Greifer heißen sie heute, nicht mehr Raubvögel, Das hat Prof. Dr. Heinroth 1944 angeregt, um die Großvögel vom Odium des Rauhens zu befreien. Die Welt stimmte zu; man wußte es, Forschungsarbeiten von Ornithologen rund um den Globus hatten es kundgetan: Greifvögel sichern das biologische Gleichgewicht in der Natur! Zu ihrem Schutz sind alle aufgerufen.

Auf dem Wiesenweg, von dem man weit über das Alftal hinweg sehen kann, gehts aufwärts bis zur Greiferbank unter der Eiche. Wenn man ein bißchen Glück hat, sieht man den Bussard im Rüttelflug über dem Tal, oder wie er auf der Sitzkrücke am Wegrain nach Mäusen Ausschau hält. Jeder Vogelfreund weiß, daß das Bild eines Greifvogels nirgendwo schöner sein kann als im Reich der Lüfte, wo Raum genug ist für alle!

Es ist wunderschön, mit der Jugend ein Vogelschutzgehölz aufzubauen. Allen Helfern gebührt Anerkennung und herzlichen Dank! Möge das neugeschaffene Stück Heimatnatur weiterhin vielen Besuchern gefallen und für den Vogelschutz neue Freunde gewinnen!