Darscheid von der Birkenhöhe aus gesehen

Darscheid

Im Kranz von Wäldern, weit und prächtig

Hans hlhaus

Wo über dem Hochwald der Eitel die weißen Wolken ziehn

und in den Alfbachwiesen Vieltausend Blumen blühn;

wo ein Sauerbrünnchen rieselt am stillen Lehwaldrain

und Amsellieder tönen tief in das Herz hinein:

da liegt auf Bergeshalde mein Darscheid, wunderschön,

da möcht ich ewig bleiben, möcht niemals weitergehn!

An einer alten Römerstraße, die — von Kelberg kommend — in Richtung Totenmaar in den Lehwald mündet, steht unter hohen Buchen das „Steenkreuz". In seiner Nähe, dicht vor der Baumgruppe, lädt eine Bank ein, zu verweilen und ein wenig auszuruhen. Sie überrascht durch die schöne Aussicht auf ganz Darscheid, das Dorf auf der Bergeshalde, umflossen von Alf- und Erlenbach, im Kranz von Wäldern, weit und prächtig.

Der schmucke Ort mit dem Gotteshaus unter dem goldenen Engel, den hellen Häusern in blumenreichen Baumgärten war einst ein ar-mes Heidedorf, wie es so viele gab in der Bergwelt der vulkanischen Eitel. Strohgedeckte Fachwerkhäuser scharten sich um eine Kapelle aus dem 14. Jahrhundert, vor deren Eingang ein Kastanienbaum seine knorrigen Äste schützend ausbreitete. Von den Strohdachhütten mit Ställen und Schuppen ist nichts übrig geblieben. In dem Ölgemälde „das alte Betzberhaus" hat Kreisbaumeister Krähe den Darscheidern ein Bild jener alten und armen Zeit erhalten. Eine karge Landwirtschaft war einzige Erwerbsquelle. Viel Heidekraut wuchs um das Dorf. „De Hed wiest os noch bös un et Kochdeppe", sagte man scherzhaft und war zufrieden trotz aller Arbeit daheim im Haus, im Stall und auf dem Felde, die das ganze Jahr nicht abriß.

Mitten im Dreißigjährigen Krieg, es war 1640, rollte ein Gefährt aus Aachen an, beladen mit einer Bronzeglocke für die Kapelle. Ihre Inschrift „... in honorem Sancti Crucis et sancti Cornelii ..." bezeugt, daß sie der Verehrung des Heiligen Kreuzes und des heiligen Kornelius geweiht war. Im Jahre 1754 mußte eine neue Kapelle gebaut werden: sie bestand nur 74 Jahre und wurde wegen Baufälligkeit 1828 abgebrochen. Die Armut der damaligen Zeit war schuld an der mangelhaften Bauweise der 2. Darscheider Kapelle. Es war die Zeit, in der — nach dem Staatsarchiv in Koblenz — Familien aus Darscheid und Hörscheid nach Ungarn auswanderten. Dennoch fanden sich hochherzige Wohltäter: Palmatius Bohlen, er bereicherte im Jahre 1761 die Kapelle durch das Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter das heute noch sehr verehrt wird, Adam Göden, er vermachte im Jahre 1771 sein Landvermögen der Kirchengemeinde. Die Stiftung hatte zur Folge, daß Darscheid 1772 Pfarrvikarie und 1803 Pfarrei wurde für Darscheid, Hörscheid, Utzerath, Schönbach und Allscheid. Die Pfarrkirche, das 3. Gotteshaus in Darscheid, konnte erst 1833 vollendet werden, es stand an der Steininger Straße.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte die Eifel eine Zeit bitterster wirtschaftlicher Not, die zu Auswanderungen nach Amerika führte. Die Chronik berichtet nicht vom Schmerz des Abschieds, sie hat nur Namen und Zahlen notiert. Aus Darscheid verließen 67 Personen (33 Erw. und 34 Kinder) die Heimat. Die Familiennamen (der Eheleute Witwen und der Ledigen) sind nach den Jahren der Auswanderung aufgeschrieben: Thönnes — Rieder, Braun — Frielig, Hach Wwe., Willems — Pantenburg, Schaefer — Thelen, Michels — Arnold, Jungen — ?, Pauly, Jak., Thönnes — ?, Pauly — Heidelmann, Holzmann-Hemmerath, Schmilz Wwe., Thönnes-Haep, Saxler — ?, Jakobs, Jak, Neumann, Joh. Pet, Hens, Ant., Annen-Haeb, Hens, Anna M., Wambach, Gertr., und Wambach, Franz.

Pfarrkirohe Heiligkreuz in Darscheid

Im Alftal, zwischen Darscheid und Steiningen hütet ein Kapellchen die Erinnerung an das tote Dorf Allscheid, dessen Bewohner — von der Not vertrieben — 1852 nach Nordamerika auswanderten.

Erst in den 90er Jahren wurde es besser. Die 1860 gepflanzten Fichten brachten nach 30 Jahren spürbare Einnahmen. Die Zusammenlegung der zersplitterten landw. Betriebsflächen erleichterten die Bearbeitung. Die immer mehr aufkommenden Handelsdünger steigerten die Erträge. Der Eisenbahnbau Daun-Mayen brachte Arbeit und zusätzlichen Verdienst, förderte die Erschließung für Handel und Verkehr und rückte Darscheid als Bahnstation in eine vorteilhafte Lage. Im Dorf bahnte sich die erste Bauentwicklung an: das kleine Unterdorf wuchs über den neide- und holunderreichen „Lunderich" hinauf bis zur Bahnlinie. Dem Bahnanschluß für Güterabfertigungen folgte die Errichtung eines Sägewerks, und zwei Jahre später, 1921, brannte in Darscheid elektrisches Licht. Im Mai 1927 konnte in jedem Haus bestes vulkanisches Trinkwasser aus dem Kranen gezapft werden; denn die 10 km lange Wasserleitung war glücklich vollendet. Damit hatte die leidige Wassernot ihr Ende gefunden.

Mittlerweile war auch die Schule aufgestiegen ins Oberdorf. Sie entwickelte sich zur zweikl. und später zur vierkl. Volksschule, wurde 1975 aufgelöst, als die Zusammenführung der Grundschüler nach Mehren und der Hauptschüler nach Daun erfolgte. Die Räume dienen fortan einem Kindergarten, einer Zweigstelle der KSK Daun sowie einer Gemeinde- und Pfarrbücherei mit Lesesaal. Auf einem Teil des alten Schul- und Sportplatzes ist ein kinderfreundliches Spielfeld eingefriedet, der größere Teil bleibt Freigelände für Spiel und Dorffestlichkeiten aller Art. Die einst so beliebte Darscheider Jugendherberge schloß nach SOjährigem Bestehen ihre Tore. Sie steht heute im Dienst der Lebenshilfe.

Die Krone aller Errungenschaften, der sich mit Darscheid die ganze Pfarrei rühmen darf, ist die von 1969 bis 71 erbaute Pfarrkirche Heiligkreuz, eine Kostbarkeit im Alftal. Sie steht mitten im Dorf, ist aus buntfarbigem Grauwackengestein gebaut und hat neben sich — freistehend — einen Wächter, den 30m hohen Pyramidenturm, der mit seinem Posaunenengel zum Wahrzeichen Darscheids geworden ist. In dem quadratischen Innern — nach der Diagonale ausgerichtet — spenden .zwei riesige Dreiecksfenster eine Fülle von Licht, das sich über drei Bankreihen zum Chorraum ergießt, wo es den sechseckigen Altarblock mit dem darüber hängenden Triumphkreuz in unverkennbare Mitte rückt. Alte Kunstwerke haben neben Neuschöpfungen würdige Plätze gefunden und vereinen sich in Harmonie im Hause des Herrn, das gern besucht wird und immer wieder anzieht.

Der Eifelverein und Verkehrsverein bleiben bemüht, den Wanderfreunden Wege zu zeigen und überall, wo es sich lohnt, Bänke aufzustellen zur Rast und Entspannung aber auch zur Freude am Schauen der Landschaft, ihrer mannigfaltigen Flora und Fauna. Die vielen kleinen Feldwege mit ihren Blumen und Vogelstimmen erheben Herz und Gemüt. Die nahen Wälder sind leicht zu erreichen. Ihre stillen Wege bieten ungeahnte Erlebnisse, aber nur dem, der oft stehen bleibt, um zu schauen und zu lauschen. Die Stille wohnt auch an dem Sauerbrünnchen Darscheider Drees, am Rande des Lehrwaldes im Vogelschutzgehölz in der Pafenheck, im Thommer Wald bei den sagenumwobenen Hügelgräbern und auf dem Semersberg, dem 527 m hohen Gemeindeberg, wo das Heidekraut und die blauen Glockenblumen in reichen Beständen üppig gedeihen. Von dieser Höhe aus sieht man in weiter Runde die Kegelberge mächtiger Tertiärvulkane, die an die älteste Feuerzeit der Eifel erinnern.

Eines sollte kein Eifelfahrer versäumen, die kleine Tageswanderung von Darscheid durch den Lehrwald, am Kaiserstein vorbei, über die Hardt, durch die Wiesenmulde zum Maar mit dem Kirchlein am Kraterrand, dem Totenmaar, einem Zeugen urgewaltiger Kraft, dem Mittelpunkt reizvoller Vulkanlandschaft.

 

„All das Schöne einmal tief empfunden bleibt ewig dir nah,

neige dich heiter ihm zu, es offenbart sich dir gern"

(Goethe)