Zweierlei Gewalten

Eifelanekdote aus dein Kylltal

Matthias Weber

Es war an Kaisers Geburtstag, noch vor dem I. Weltkrieg. Alles, was in der Eifel die preußische Verwaltung stützte, feierte ihn ganz besonders. Meist waren es alte Soldaten, sogenannte „12jähriige". So der Förster, die Gendarmerie, die Richter, der Landrat und die Bahnhofsvorsteher. Durchweg waren sie auch Protestanten und nicht gut zu sprechen auf die katholischen Eifeler. Bahnhofsvorsteher und Bahnmeister trugen zu dieser Zeit noch einen Degen, den Ehrendegen.

Zwei ihrer Berufsgruppe kehrten so von der großen Feier in Gerolstein zurück. Sie betraten den Wartesaal des Bahnhofs Oberbettingen. Kurz darauf folgte der Pastor von Steffeln. Dieser ging an die Theke, um sich noch ein paar Kurze zu genehmigen, bevor er den Heimmarsch antrat. Die zwei Protestanten machten sich an ihn heran, um ihn zu lästern. Die „Blauen" und die „Schwarzen" konnten sich eben schlecht riechen. Das war allgemein bekannt. Als ihr Geschwätz unsern Pastor anwiderte, brach er auf, zog die alte Allee hoch, heimwärts nach Steffeln. Die beiden Lästerer aber nicht faul — der eine hieß Landwehr, der andere Zobel — zogen hinter ihm her. Sie wollten offenbar auf ihre Kosten kommen. Auf einmal wurde unserm Pastor von Steffeln die Sache aber zu dumm. Er drehte sich rasch um, ging auf die beiden zu, riß ihnen den Degen ab und ... schmiß sie beide in die Kyll.

Sonntags darauf war hier an jedem Baum über dieses Zusammentreffen geistlicher und weltlicher Gewalt ein langes Gedicht zu lesen. Von diesem werden uns heute noch die vier Zeilen überliefert:

„Der Landwehr und der Zobel,

die waren 'mal nicht nobel.

Da kam der Pastor von Steffeln und

schlug sie um die Leffeln."