Eifeler Landdschaften auf Geldscheinen

Paul Krämer

Ein Kapitel Zeitgeschichte zeigen uns die Papiergeldscheine der verschiedensten Verkehrsvereine und Kreissparkassen der Eifel aus den Inflationsjahren. Seit dem Winter 1919/20 machte sich in zunehmendem Maße eine Geldknappheit geltend. Der unglückliche Friedensschluß forderte die letzten Edelmetallreserven und erhöhte Reparationsleistungen. Wie viele Bezirks- und Kreisverwaltungen glaubte man die Liquidität der Kassen durch Ausgabe eines „Privatgeldes" halten zu können. Das Reich bzw. die neue Republik gab die alten Papiergeldscheine zu einem erheblich schlechteren Kurs heraus. Es zeitigte einen großen Umlauf an Geld, wenig Waren auf dem Markte, hohe Preise, ansteigende Teuerung der Lebenshaltung und Verarmung breiter Volksschichten, die zuletzt zum wirtschaftlichen Ruin der Inflation führten. Ein kleines Glied auf diesem Wege sind die abgebildeten „Notgeldscheine" in einer Größe von 5,5 mal 9 cm zum Werte von 25 Pfennigen oder 6,5 mal 8 cm zum Werte von 50 Pfennigen. Die eine Sorte druckte die Firma Schleicher & Schüll zu Düren. Sie zeigen auf der Vorderseite die Wappen der Stadt Daun, auf der Rückseite eine Ansicht der Landschaft Monterley bei Gerolstein mit dem Motto: „Munterley bei Gerolstein, für Gerolstein will Herold sein".

Am 20. Februar 1920 setzt der Kreisausschuß zu Daun das Notgeld in Umlauf.

Diesem Beispiel schlössen sich bald die Verkehrsvereine der Eitel an. Abgebildet haben wir 2 Ausgaben zu je 50 Pfennigen vom Eifelverein Gerolstein. Sie zeigen auf der Vorderseite in einem Oval, Quadrat oder Rechteck gutgelungene Motive uns bekannter Landschaften: Nämlich die Kasselburg bei Pelm, Burg Kerpen, Burg Monreal und die Burgen bei Manderscheid in grüner, rosa, brauner oder schwarzer Farbtönung. Dazu ist aufgedruckt: „Alle Mitglieder des Vereins sind verpflichtet, diesen Gutschein von 50 Pf. in Zahlung zu nehmen. Drei Monate nach Bekanntmachung im amtlichen Kreisblatt zu Daun verliert der Schein seine Gültigkeit (Gerolstein, den 5. Dezember 1921) Der Vorstand: Vorsitzender L. Pinten, Schriftführer A. Verfers, Kassierer Ad. Friedrich.

Die Rückseite dieser Scheine ist uns nunmehr interessanter. Sie zeigen uns einige kunstgeschichtlich interessante Stahlstiche aus dem 18. Jhdt. in einer ordentlichen Reproduktion. Wir erkennen meist stilisierte Landschaftsbilder, so bei dem Motiv Gerolstein einen imaginären Burgfelsen mit den Resten der Löwenburg im linken Teil der Landschaft. Etwas im Bildhintergrund tritt die katholische Pfarrkirche nahe an der Stadtmauer hervor. Außerhalb derselben befinden sich auf freiem Felde etliche Bauern-häuschen mit Vieh- und Ackersleuten. Im Vordergrund durchwatet ein Fischer einen Bach, der im Talgrund vorbeizieht. An seinem rechten Ufer, unter Erlensträuchern, sitzen zwei Jungen. Ein helles Gewölk liegt über der Landschaft.

Ein weiterer Geldschein zeigt die Burg von Daun auf einem kleinen Hügel inmitten der Landschaft, von einem großen Bauernhof (oder Mühle) an der Lieser leicht verdeckt. Zwei Bauern und ein Junge wandern in die Stadt; einer von ihnen trägt eine vollgepackte Kiepe auf dem Rücken. Drei Holzfäller rasten am Wege, Holzstämme liegen herum. Aus der rechten Bildecke wächst eine trutzige Eiche, unter deren Blätterdach ein hohes Feldkreuz steht. Mutter und Tochter stehen unter ihm, dem Beschauer zugewandt.

Ein anderer Schein zeigt in einem Oval auf steilem Hügel die Burg Blankenheim, stolz in die Wolken ragend. Ihre Außenmauern scheinen halb verfallen, Gebüsch wächst hervor. Ein Bauernhäuschen, dessen Schornstein qualmt, steht am Hang. Vor ihm ackert ein Landmann mit einem Pferd das Feld. Eine Landstraße, die den Vordergrund des Bildes beherrscht, ist Schauplatz vieler Begegnungen. Zwei dickbeleibte Herren, mit Pfeife und Knotenstock halten ein Schwätzchen. Ein Reiter mit zwei Pferden scheucht einen Schwärm Raben aus den Bäumen. Drei Frauen flüchten an den Rand der Straße. Eine heitere Ruhe liegt über der Landschaft. Auf einem anderen Geldschein sehen wir die Ober- und Niederburg von Manderscheid, sehr stiliert gezeichnet. Sie liegen auf zwei Hügeln, von der Lieser in einem scharf geprägten Kerbtal getrennt. Die Burgen sind völlig intakt, besonders die untere, die mit dem Flecken Manderscheid in einen Mauerbering hineinzuwachsen scheint. Türme und Tore stehen an allen Ecken; der Südabhang der Hügel ist kahl. Am Horizont wachsen die dichten Laubwälder, ab und zu von kleinen Kahlschlägen (scheinbar Eichenlohflur im Niederwald) durchsetzt. Über der ganzen Landschaft liegt ein helles Licht.

Alle Landschaftsbilder sind nach Stahlstichen des 18. Jhdts. orientiert. Die Geldscheine haben keine Wasserzeichen, doch ließ der sorgfältige Stich der Landschaftsbilder kaum Fälschungen zu. Was uns heute so wundern läßt ist wohl der Umstand, daß man in jener harten Nachkriegszeit noch die Muße fand, Motive der Heimat für gesetzliche Zahlungsmittel zu verwenden. Dabei war der materielle Wert der Scheine gering.

Auch die rechtliche Seite dieser Zahlungsmittel ist kritisch. Die Mitglieder des Eifel-vereins mußten sie in Zahlung nehmen. Für sie existierten somit praktisch 2 Währungen, eine staatliche und quasi private des Vereins. In großen Umlauf konnten diese Papiergeldscheine kaum gelangen, da sie bewußt als „lokales Notgeld" offeriert wurden. Zudem ging die Inflation rasch über diese „Blüten" hinweg. Nennen wir einige Ziffern zum Vergleich: Im Juli 1921 hat der amerikanische Dollar einen Gegenwert von 56 (Deutsche) Mark, im Juli 1922 bereits von 435 und im Dezember des Jahres von 6000 Mark. Auch die politische Situation ist bezeichnend genug: Im August 1921 wird Erz-berger, im Juni 1922 Rathenau ermordet. Alles steuerte in Riesenschritten auf jene Inflation hin, die nur noch in märchenhaften Summen rechnete. Für einen Geldschein von 100 Mark, am 7. Februar 1908 vom Reichsbankdirektorium zu Berlin als gesetzliches Zahlungsmittel herausgegeben und bis zum Jahresbeginn 1914 jederzeit in 100 Goldmark einzulösen, erhielt man im Sommer 1922 womöglich ein paar Schnürsenkel. So veränderten sich die Zeiten.

So hart die Zeitsituation damals auch war, ein um so gutes künstlerisches Gespür zeigten die geistigen Berater des Notgeldes. Aber auch ein moralischer Aspekt wird bei jenem Notgeld des Verkehrs- und Verschönerungsvereins von Schönecken-Wetteldorf und Umgebung sichtbar. Das Papiergeld im Werte von 25 Pfennigen, datiert vom 1. Dezember 1921 und mit denselben rechtlichen Bestimmungen versehen wie das Gerolsteiner Geld, zeigt auf der Vorderseite Burg und Ortschaft Schönecken in brauner Tönung. Auf der Rückseite ist eine typisch ländliche Szene der Zeit dargestellt. Es ist Heuernte; vor einer Straußwirtschaft hält mitten auf der Dorfstraße ein Bauer mit seinem pferdebespannten Heuwagen. Links vor der Toreinfahrt sitzen drei biedere und bärtige Bauern

um einen Holztisch. Auf ihm steht ein irdener Krug, dessen Inhalt sich die Alten zu Nase und Mund führen. Ein sinniger Spruch bezeichnet das Bild: „Branntewing, dau ludrig Kraut, hos su manigen en den Dreck gedaut!" Nicht ohne Grund hat der Zeichner hier auf ein ehedem großes Übel in den abgelegenen Dörfern der Eifel hingewiesen. Auch in den wirtschaftlichen Notzeiten suchte mancher mittels dieses „Teufelssaftes" ins Reich der Träume zu flüchten.

Die Ausgabe dieses Notgeldes, von dem hier nur wenige Exemplare erörtert werden konnten, weist auf ein Stück Eifler Geschichte hin. Es beleuchtet mit einem Stück unserer Kulturgeschichte, insofern es das Ringen der Menschen um ihre wirtschaftliche Existenz in diesen harten Nachkriegszeiten erahnen läßt. Es zeigt zugleich die Liebe zur Heimat, indem man Motive der Landschaft zum Drucksignum des Notgeldes wählte.