Totenmaar
Die Zeugnis der Vergänglichkeit |
in diesem Erdenleben, |
Entstanden in der Erde Schoß |
durch Feuerkraft und Beben! |
Der Römer selbst errichtet hier schon |
seine stolzen Bauten, |
Doch Rache und Vergeltungsdrang |
gleich über ihm sich brauten. |
Pilatus sah im dunklen See |
das Auge Gottes glühen. |
Verzweifelnd stürzt er sich hinein, |
dem Richter zu entfliehen! |
Ein arges Weib, das alle Armen |
hart und bös' geschunden |
Ist hier mit seinem stolzen Schloß |
ins Wasser tief gesunken! |
An deinen Ufern hat vor Zeit |
ein stiller Ort gestanden, |
Doch vor dem Pflug der letzte Stein, |
die letzte Mauer schwanden! |
Nur vor der Väter Ruhestatt, |
der Wohnung ihrer Toten, |
Hat Frömmigkeit und Bauernstolz |
dem Pfluge Halt geboten! |
O See, o Römer, böses Weib, |
o Dorf, o Kirchlein droben, |
Vergänglichkeit und Ewigkeit |
sind eng in euch verwoben! |
Ludwig Jung