Die besondere Vegetation der sonnenseitigen Kalkhänge im Landkreis Daun

Werner Schwind

Die folgende kleine Abhandlung gibt keinen vollständigen Einblick in die Vegetation der trockenen Kalkhänge des Kreises Daun. Dies ist an dieser Stelle auch nicht möglich. Es ist vielmehr mein Anliegen, auf einige vegetationsmäßige Besonderheiten hinzuweisen und verschiedene wärmeliebende Blütenpflanzen der Kalkgebiete vorzustellen. Denn viele der hier vorkommenden Pflanzen gehören zu den schönsten und seltensten unserer Heimat überhaupt.

Die Kalkgebiete des Kreises Daun

Im Kreis Daun gibt es 3 abgeschlossene Kalkmulden, die von Gerolstein, Hillesheim und Salm. Außerdem reichen noch das Südwestende der Dollendorfer Mulde und Zipfel der Ahrdorfer und Prümer Mulde in das Kreisgebiet hinein.

Die Mulden sind Kalkablagerungen aus dem Mitteldevon (rd. 400 Mill. Jahre v. Chr.), als unsere Heimat von einem Meer bedeckt war. Später hob sich der Meeresboden und wurde gefaltet. In diesen Falten (= Mulden) konnten die mitteldevonischen Schichten der Verwitterung widerstehen, ansonsten ist das Mitteldevon (wie auch das Oberdevon, das nur in der Prümer Kalkmulde erhalten ist) vollkommen veschwunden (Dohm 1976).

Die kalkholde Buschgesellschaft der südexponierten Dolomitfelsen von Gerolstein

Neben häufigen Sträuchern wie Hartriegel, Haselnuß, Hundsrose, Weiß- und Schwarzdorn, zerstreut vorkommenden wie Wolliger Schneeball und Wild-Stachelbeere, wachsen hier die seltenen Arten Mehlbeere, Wildbirne, Weinrose, Kreuzdorn, Cotoneaster und insbesondere Felsenbirne.

Während die Mehlbeere (Sorbus aria) dem Wanderer sofort durch die silbern leuchtenden Blattunterseiten auffällt, sticht die Weinrose (Rosa rubiginosa) durch den aromatischen Weingeruch der Blätter hervor. Dieses Merkmal und die Tatsache, daß ihre Blütenstiele nur etwa 1 cm lang sind und die Kelchblätter nach der Blüte aufrecht stehen und nicht abfallen (Schmeil-Fitschen 1968), unterscheidet die Weinrose von der Hecken- und Hundrose. Die seltene .Gemeine Zwergmispel' (Cotoneaster integerrima) wächst an den Dolomitfelsen noch relativ zahlreich. Sie ist aber auch an anderen kalkhaltigen, sonnigen und felsigen Stellen im Kreisgebiet anzutreffen.

Die bemerkenswerteste Strauchart des Felsengebüschs der Gerolsteiner Dolomiten ist aber zweifellos die ausgesprochen seltene Felsenbirne (Amelanchier ovalis). Sie wächst an dem etwa 80 m hohen Felsen der Munterley in einem vertikalen Bereich von ca. 410 bis 450 m ü. NN. Da sie sehr trockenheitsertragend ist, kann sie die feinbodenarmen Felsspalten besiedeln, wo sonst nur noch der Cotoneaster gedeiht (Bild 1).

Die Felsenbirne findet man nach Kersberg (1968) in keiner der benachbarten Kalkmulden. Auch in pflanzengeographischer Hinsicht bedeutet dieses Vorkommen der Felsenbirne für die Eifel eine Besonderheit, denn ihr nördlichster Standort befindet sich im Sötenicher Kalkgebiet, etwa 6 km östlich von Schieiden (Kersberg 1968)

Felsenbirnengebüsch an der Munterlay

Der oben genannte Autor schreibt auch, daß sich an den Gerolsteiner Dolomitfelsen die heutige Vegetation nicht wesentlich von der ursprünglichen unterscheidet und somit zu den wenigen natürlichen Pflanzengesellschaften unseres Raumes überhaupt zählt.

Die Wacholdertriften

Es gibt heute nur noch wenige mit Wacholder bestockte Kalktriften im Kreis Daun. Dabei waren die sogenannten Wacholderheiden auf diesen Flächen lange Zeit charakteristisch für die gesamte Eifel.

Für das Zustandekommen der Wacholderflächen waren besonders zwei Tatsachen verantwortlich. Einmal, daß der Wacholder neben anderem besonders in Bezug auf die Bodenfeuchtigkeit von einer außerordentlichen Bedürfnislosigkeit ist und deshalb überall dort wächst, wo er keine Konkurrenz vorfindet. Zum anderen, daß diese Kalktriften bei einer Beackerung nur einen sehr kargen Ertrag abgeworfen haben und daher Schafen und Ziegen als Weide dienten. Während Gräser und Krauter, aber auch aufkommende Waldbäume von den Schafen und Ziegen radikal abgeweidet wurden, blieb der Wacholder wegen seiner steifen und stachelspitzigen Nadeln fast ganzjährig verschont.

Durch die stark zurückgehende bzw. meist schon aufgegebene Schafbeweidung dieser Flächen geht es auch mit dem Wacholder nicht nur im Kreis Daun sondern wohl in der gesamten Eitel zu Ende. Denn einmal verjüngt er sich kaum noch natürlich, was vermutlich mit der fehlenden Beweidung und der damit vorhandenen zu hohen Konkurrenz durch andere Pflanzen zu erklären ist, zum anderen erscheinen zwischen den Wacholdern Kiefern, die eine künftige Bewaldung andeuten. Ein anthropogen geschaffenes Gebilde wie die Wacholderheiden läßt sich auch nur mit menschlichen Eingriffen erhalten. Glücklicherweise sind die Naturschutzbeauftragten des Kreises Daun sehr aktiv und so auch um die Erhaltung der letzten Wacholderflächen als Erinnerung an ein früheres charakteristisches Landschaftselement der Eifel bemüht (Bild 2).

Eine auf Initiative des Landespflegebeirates von Kiefern gereinigte Wacholdertrift

Die Orchideen des Kreises Daun

In den Kalkmulden des Kreises Daun wachsen eine Reihe der verschiedensten Orchideenarten. Jede von ihnen zeichnet sich durch eine besondere Eigenart in der Blütenform aus. Nicht alle sind an kalkreiche Trockenstandorte gebunden. Manche gedeihen auch in Sümpfen und Mooren. Im folgenden kann nur beispielhaft auf einige kalkliebende Vertreter dieser äußerst variationsreichen Familie näher eingegangen werden.

Vorausschickend sei noch erwähnt, daß in freier Natur kaum ein Orchideensame ohne Hilfe eines bestimmten Pilzes gedeihen kann (Meyer 1974). Allerdings ist die Abhängigkeit nicht bei allen Orchideen gleich stark ausgeprägt. Art, Alter und Standort spielen eine wichtige Rolle. Eine zweite bemerkenswerte Tatsache ist, daß die Orchideen längere Zeit benötigen, bevor sie in der Lage sind, eine Blüte auszubilden. Während die Knabenkräuter 5—8 Jahre bis zur ersten Blüte benötigen, sind es beim Frauenschuh sogar rd. 16.

Ende April oder Anfang Mai beginnt bei uns als erste Orchidee das Stattliche Knabenkraut (Orchis mascula / Bild 3) zu blühen. Diese Orchidee mit ihrer von tiefrot bis blaßrosa, selten weiß, variierenden Blütenfarbe gehört glücklicherweise noch zu den in unserem Raum häufiger vorkommenden Arten dieser Familie. Nicht selten bildet Orchis mascula auf Trockenrasen ausgedehnte Reinbestände. Wie bei verschiedenen anderen kalkliebenden Pflanzen darf man aber nicht dem Trugschluß verfallen, daß eine bestimmte Art besonders häufig vorkommt, nur weil sie an ihrem Fundort zahlreich wächst. Der Betrachter muß immer daran denken, daß es ja nur eine geringe Anzahl von Standorten gibt, an der die betreffende Art überhaupt genügend Lebensmöglichkeiten findet.

Stattliches Knabenkraut (Orchis mascula)

Große Händelwurz (Gymnadenia conopea)

Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera)

Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera)

Im Süden bereits im April, bei uns aber meist Anfang Mai öffnet das Kleine Knabenkraut (Orchis morio) seine Blüten. Wenig später erscheint auch das seltene Brand-Knabenkraut (Orchis ustulata).

Erst Juni—Juli entfaltet die Große Händelwurz (Gymnadenia conopea / Bild 4) an trockenen Hängen und in lichten Wäldern ihre durchweg große und schlanke Blütenähre. Die kleinen, meist rotvioletten Blüten fallen durch einen bis 14 mm langen Sporn auf. Den Namen verdankt die Händelwurz ihrer handförmig gelappten Wurzelknolle. Im Kreis Daun gibt es nur die Große Händelwurz, auch Mücken-Händelwurz genannt. Sie wird aber verschiedentlich mit der Wohlriechenden Händelwurz (Gymnadenia odoratissima) verwechselt, da oft nicht bekannt ist, daß auch die Blüten der Großen Händelwurz stark duften können.

Durch ihre außerordentlich bizarren Blüten fallen die Ragwurzarten auf. Von dieser Gattung wachsen im Kreis Daun nur die Bienen- und die Fliegen-Ragwurz. Die Hummel (Ophrys fuciflora) kommt im Westen noch fast unmittelbar an der Kreisgrenze vor, ihr Standort reicht aber nicht mehr bis ins Kreisgebiet hinein.

Die Blütezeit der Fliegen-Ragwurz (Ophyrs insectifera / Bild 5) erstreckt sich von Ende Mai bis Juli. Diese Pflanze ist nicht nur durch ihre Form sondern auch durch ihren Bestäubungsmechanismus besonders interessant. Den Männchen bestimmter Hautflügler erscheint die Blüte genau wie uns Menschen insektenähnlich. Da den Blüten auch noch ein Sexualduftstoff entstömt, werden sie von den Männchen mit Weibchen verwechselt. Indem die Insekten die Unterlippe der Blüte anfliegen, um diese zu begatten, übertragen sie die Pollen von einer Blüte zur anderen und führen so die Befruchtung durch. Sobald genügend der später schlüpfenden Weibchen vorhanden sind, enden die Blütenbesuche (Aichele1973).

Noch wesentlich seltener als die Fliegen-Ragwurz findet man im Kreisgebiet die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera / Bild 6). Sie bevorzugt wie auch die vorher genannte Art Halbtrockenrasen. Im Gegensatz zur Fliegen-Ragwurz vermehrt sie sich aber fast ausschließlich durch Selbstbestäubung (Kohlhaupt 1971).Verlassen wir nun die Trocken- und Halbtrok-kenrasen und wenden uns trockenwarmen (= xerothermen), aber nicht zu extrem trockenen Waldgesellschaften zu, so treffen wir wieder andere Orchideenarten an. Den Frauenschuh (Cypripedium calceolus), eine unserer schönsten Orchideen, gibt es im Kreis Daun nur noch an wenigen Orten in geringer Zahl. Der Zeitpunkt seiner gänzlichen Ausrottung in unserem Raum läßt sich wohl schon absehen.

In thermophilen Kalk-Buchenwäldern, auch Orchideen-Kalkbuchenwälder genannt, wachsen im Kreisgebiet weiterhin noch das Weiße Waldvögelein (Cephalanthera damasonium / Bild 7), die Berg-Hyazinthe (Platanthera chloranta / Bild 8), die Breitblättrige Stengelwurz (Epipactis helleborine / Bild 9), die Rotbraune Stengelwurz (Epipactis atrorubens) und die Wald-Hyazinthe (Platanthera bifolia). Während die Berg-Hyazinte insgesamt in Deutschland seltener als die Wald-Hyazinthe vorkommt, ist es in unserem Raum genau umgekehrt. Hier wächst die Berg-Hyazinthe noch relativ häufig, die Wald-Hyazinthe dagegen findet man nur sehr selten. Beide Arten erscheinen oberflächlich sehr ähnlich, haben aber ein untrügliches Unterscheidungsmerkmal. Bei der Wald-Hyazinthe sind die Staubbeutelfächer genähert und stehen fast parallel, bei der Berg-Hyazinthe treten sie nach unten auseinander. Diese beiden Orchideenarten besitzen ebenso wie das Große Zweiblatt (Listera ovata / Bild 10) eine weite ökologische Amplitude. Sie wachsen in Kalkgebieten auch auf oberflächlich leicht versauerten Böden (z. B. in lichten Kiefernwäldern) und auf Wiesenmooren.

Insgesamt existieren in Deutschland rd. 55 Orchideenarten. Diese Zahl verringert sich von Süden nach Norden immer mehr. Im Kreis Daun kommen mit Sicherheit heute noch 24 Arten vor. Es sind dies (einschließlich der nasse Standorte bevorzugende Arten):

Orchis mascula

Stattliches Knabenkraut

moria

Kleines Knabenkraut

militaris

Helm-Knabenkraut

ustulata

Brand-Knabenkraut

incarnata

Fleischfarbenes Knabenkraut

maculata

Geflecktes Knabenkraut

latifolia

Breitblättriges Knabenkraut

Ophrys insectifera

Fliegen-Ragwurz

apifera

Bienen Ragwurz

Cypripendium calceolus

Frauenschuh

Platanthera bifolia

Waldhyazinthe

chlorantha

Berghyazinthe

Cephalanthera damasonium

Weißes Waldvögelein

Epipactis atrorubens

Rotbraune Stengelwurz

Epipactis helleborine

Breitblättrige Stengelwurz

palustris

Sumpf-Stengelwurz

violacea

Violette Stengelwurz

Goodyera repens

Kriechendes Netzblatt

Listera ovata

Großes Zweiblatt

Gymnadenia conopea

Große Händewurz

Neottia nidus-avis

Nestwurz

Anacamptis pyramidalis

Pyramiden-Hundswurz

Herminium monorchis

Einknolle

Coeloglossum viride

Grüne Hohlzunge

 

Weißes Waldvögelein (Cephalanthera damasonium)

Berg-Hyazinthe (Platanthera chlorantha)

Blütentraube der Breitblättrigen Stengelwurz (Epipaetis helle-borine)

Großes Zweiblatt (Listera ovata)

Von dem Schwertblättrigen Wald-Vögelein der Nähe der Kreisgrenze bekannt. Die von (Cephalanthera longifolia) und der Hummel- Busch (1941) beschriebenen Orchideen Pur-Ragwurz (Ophrys fuciflora) sind Standorte in purknabenkraut (Orchis purpurea), Rotes Waldvögelein (Cephalanthera rubra) und Weiße Handwurz (Leucorchis albida) konnten in den letzten Jahren nicht wiedergefunden werden.

Gemeine Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris) im Schnee

Blaue Akelei (Aquilegia vulgaris)

Nickendes Leimkraut (Silene nutans) bei Nacht

Die vorliegende Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Endgültigkeit. Vielleicht wachsen noch andere Orchideen im Kreisgebiet. Sollten noch Standorte mit weiteren Arten bekannt sein, so wäre der Verfasser dieser Zeilen für eine Mitteilung dankbar.

Zum Abschluß dieses Kapitels soll nicht vergessen werden, zu erwähnen, daß sich in einer unserer Kalkmulden, umgeben von Wald, eine regelrechte Orchideenwiese befindet. Die nur einem kleinen Kreis bekannte Wiese darf mit Recht so genannt werden, denn neben verschiedenen anderen besonderen Pflanzen wachsen auf ihr nicht weniger als 8 Orchideenarten. Da sie sich nicht im Besitz eines Privatmannes sondern im Eigentum der Staatsforstverwaltung befindet, ist ihre Erhaltung gewährleistet.

Weitere wärmeliebende Blütenpflanzen

In diesem Abschnitt sollen außerhalb der Orchideenfamilie noch einige seltene oder besonders typische Blütenpflanzen der Trok-kenrasen bzw. xerothermen Waldgesellschaften kurz vorgestellt werden.

Anfang April, manchmal bereits Ende März, öffnet die Gemeine Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris / Bild 11} ihre großen blauen Blüten. Zusammen mit der Frühlings-Segge (Carex careophyllea) ist die geselligkeitsliebende Küchenschelle der Frühjahrsbote auf den sonst um diese Zeit noch vegetationslosen Kalktriften. Ebenso wie Pulsatilla gehört die seltene Blaue Akelei (Aquilegia vulgaris / Bild 12) zu den vollkommen geschützten Pflanzen. Eine Besonderheit in pflanzengeographischer Hinsicht stellt das Kalkkreuzblümchen (Polygala calcarea) dar. Sein Verbreitungsgebiet beschränkt sich in Deutschland auf Süd-Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz (Schmeil-Fitschen 1968). Nach Schwaar (1975) dürfte die Gerolsteiner Kalkmulde der wahrscheinlich am weitesten nach Nordosten vorgeschobene Fundort des Kalk-Kreuzblümchens sein.

In lichten Wäldern und auf Magerwiesen findet man im Mai/Juni nicht selten das Gemeine Katzenpfötchen (Antennaria diocica). Ganz selten dagegen trifft man auf die Kugelblume (Globularia elongata).

In Trockenwäldern und auf Halbtrockenrasen, aber nicht an Kalk gebunden, wächst das Nickende Leimkraut (Silene nutans / Bild 13). Diese Pflanze blüht erst nachts richtig auf, während sie tagsüber meist nickt. Ihre Bestäubung erfolgt hauptsächlich durch Nachtschmetterlinge.

Ein typischer Bewohner der Trocken- und Halbtrockenrasen ist das Sonnenröschen (Helianthemum nummularium / Bild 14). Es fehlt kaum an einem derartigen Standort. Ähnliche Stellen besiedelt die allerdings nicht so häufige Färber-Hundskamille (Anthemis tinctoria).

Charakteristisch für das Vorhandensein echter Halbtrockenrasen ist das zahlreiche Vorkommen der Großen Braunelle (Prunella grandiflora) und des Echten Labkrauts (Galium verum). Im Gegensatz dazu trifft man das Salomonsiegel (Polygonatum odoratum/Bild 15 und die Schwalbenwurz (Vincetoxicum officinale) fast ausschließlich in xerothermen Wald- und Buschgesellschaften an. Die Schwalbenwurz wird als Kennart der wärmeliebenden Trockenwälder angesehen.

Im Kreis Daun gibt es einen südexponierten Kalkhang, dessen Erscheinungsbild im Sommer ganz maßgeblich durch den seltenen Blutroten Storchschnabel (Geranium sanqui-neum / Bild 16) bestimmt ist, der hier teilweise zusammen mit der Karthäuser Nelke (Dianthus cartusianorum) flächendeckend vorkommt. Ebenfalls nicht auf allen Trockenstandorten, sondern nur in wenigen Saumgesellschaften von Xerothermwäldern wächst der Kammwachtelweizen (Melampyrum cristatum).

Als eine der letzten Pflanzen insbesondere auf Halbtrockenrasen blühen die beiden Enzianarten Fransen-Enzian (Gentiana ciliata / Bild 17) und Deutscher Enzian (Gentiana germanica).

Eine solche Aufzählung und Kurzbeschreibung unserer wärmeliebenden Kalkpflanzen könnte noch lange fortgeführt werden, doch soll das bisher Gesagte an dieser Stelle als kurzer Überblick über die Xerothermvegetation des Kreises Daun genügen.

Gefährdung und Schutz unserer seltenen Kalkflora

Der Leser dieser Zeilen wird bemerkt haben, daß ich mit Ausnahme der Munterley, wo der Felsenbirne keine Gefahr drohen dürfte, mich um keine präzisen Angaben der einzelnen Fundorte bemüht habe. Dies hat seinen einfachen Grund darin, die permanent vorhandene Gefährdung unserer wärmeliebenden Kalkflora durch Preisgabe der z. T. letzten ungestörten Standorte in unserem Raum nicht zu vergrößern. Denn vielen unseren Mitmenschen fehlt das Verständnis dafür, daß Blütenpflanzen auch in freier Natur und nicht nur in der Blumenvase oder im Vorgarten einen erfreulichen Anblick darstellen können. Wenn eine oder auch mehrere Pflanzenarten aus unserer Heimat einmal verschwänden, wäre dies natürlich kein Anzeichen eines Zusammenbruches unseres Ökosystems, wie es extreme Naturschützer formulieren, aber es würde doch eine unnötige Verarmung unserer Natur bedeuten.

Gemeines Sonnenröschen (Helianthemum nummularium)

Salomonsiegel (Polygonatum odoratum) mit Frucht

Gefahren drohen den seltenen Pflanzen aber nicht nur als solchen, sondern auch ihren Standorten. An dieser Stelle sei nur an die Trilobitenfelder bei Gees erinnert, wo Versteinerungsfreunde gegen die Warnung des Landespflegebeirats und des Eifelvereins eine Kraterlandschaft schlimmen Ausmaßes haben entstehen lassen. Ein eindrucksvolles Wacholder-, Enzian- und Orchideenvorkommen wird vielleicht in wenigen Jahren verschwunden sein, wenn hier keine Lösung gefunden wird.

Es darf aber auch nicht verschwiegen werden, daß das Interesse der Bevölkerung an der Natur gerade in unserem Gebiet zunimmt. Nicht immer bedeutet das Abpflücken seltener Pflanzen auch eine böse Absicht. So bringt mancher Wanderer einen Blumenstrauß mit nach Hause, ohne sich bewußt zu sein, daß er gerade mitgeholfen hat, eine seltene Art noch seltener werden zu lassen.

Aufklärungsarbeit tut hier not. Gerade für den Kreis Daun, der eine solche Vielfalt von Standorten mit den verschiedensten seltenen Pflanzen aufzuweisen hat, wie nur wenige andere Kreise (von den südexponierten Kalkhängen über kalkreiche Auenwaldungen bis zu Hochmooren), ist dies eine ernste Forderung an die entsprechenden Stellen. Gemeint sind hier nicht nur Kreis- und Amtsverwaltungen sondern auch die Schulen, an denen das Fach „Angewandte Botanik" durchweg einen höheren Stellenwert einnehmen könnte, um bei den jungen Menschen mit der Vermittlung der Kenntnis auch die Liebe zur heimischen Flora und so auch das Verständnis für deren Schutz zu wecken.

Blut-Storchschnabel (Geranium sanquineum)

Fransen-Enzian (Gentianella ciliata)

Literaturhinweise:

Aichele, D. 1975: Was blüht denn da? Stuttgart

Busch, P. J. 1941: Beiträge zur Trierer Flora. Bonn

Dohm, B. 1976: Die geologischen Verhältnisse im Landkreis

Daun. Koblenz

Kersberg, H. 1968: Die Prümer Kalkmulde (Eifel) und ihre

Randgebiete. Recklinghausen

Kohlhaupt, P. 1974: Bunte Welt der Orchideen. Stuttgart

Meyer, K. H. 1974: Orchideen. Herrsching

Rühl, A. 1977: Waldblumen und Farngewächse. Berlin,

Stuttgart

Sauer, F. 1977: Die Eitel in Farbe. Stuttgart

Schmeil-Fitschen 1968: Flora von Deutschland und seinen

angrenzenden Gebieten. Heidelberg

Schwaar, J. 1975: ,Die Pflanzenwelt', in: Gerolstein in der

Vulkaneifel. Trier

Bildernachweis: Alle Fotographien stammen vom Verfasser.

Herrn Dr. Erlenbach (Speicher) möchte ich für die freundliche

Beratung bei der Zusammenstellung der Orchideenarten

des Kreises Daun danken.

Content-Disposition: form-data; name="hjb1979.14.htm"; filename="" Content-Type: application/octet-stream