Der Hochkelberg mit Kelberg im Vordergrund

Der Münzfund vom Hochkelberg

Er/cft Mertes

Der Hochkelberg in der Eitel ist etwa 8 km vom Nürburgring entfernt. Seit Generationen erzählen sich die Eifeler Geschichten vom Hochkelberg. Vom goldenen Wagen, vom unterirdischen Gang, von der Burg aus Kelten- und Römerzeit, von Tempelherren, die Verbindung zu den Frauen im nahegelegenen Kloster gehabt haben sollen und anderes mehr. Alles nur Geschichten, die niemand so recht ernst genommen hat. Was wirklich da oben geschah ist kaum bekannt.

Der Hochkelberg hat seit Jahrtausenden militärische Bedeutung als Orientierungspunkt, Signalstation, Verteidigungsstützpunkt. Er war schon in der Steinzeit besiedelt (Fund einer Feuersteinklinge). Die Besiedlung während der Keltenzeit ist in der näheren Umgebung ebenfalls reichlich belegt (Hügelgräber). Von der Bergspitze selbst aber fehlen bis heute die Fundbeweise aus der Keltenzeit. Der vielfach angeführte Ringwall ist nach allen bisherigen Funden nicht keltischen sondern römischen Ursprungs. Die römische Besiedlung ist klar erwiesen.

1976 begannen Truppen der Bundeswehr mit der teilweisen Zerstörung dieser kulturgeschichtlichen Anlage, indem sie dort Übungskampfstände, wie Schützenlöcher, MG-Stände und Stacheldrahtverhaue einbauten. Die Bewohner der Umgebung hätten die Zerstörung ohne Widerspruch hingenommen, wenn nicht Herr F. Hörter, Lehrer in Mayen, eine Beschwerde an den Standortkommandanten gerichtet hätte. Innerhalb weniger Tage hatte er Antwort. Dem in Frage kommenden Truppenteil wurde befohlen, ab sofort die Übungen dort einzustellen, die ausgehobenen Schützenlöcher wieder einzuebnen und den Stacheldraht zu beseitigen.

Damit wäre fast der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt worden. Aber nur fast. Durch die Grabungen der Bundeswehr sind nämlich umfangreiche Funde an Eisen- und Bronzeteilen, Keramik-Geschirr und Münzen aufgetaucht. Ich erhielt Kenntnis durch Herrn A. Poss, früher Lehrer in Üss, dem wir auch die Sicherstellung vieler Funde verdanken.

Bisher sind 9 Römermünzen vom Hochkelberg bekannt geworden. Die ersten zwei wurden 1934 bei Raubgrabungen gefunden. Sie sind aber leider nur noch in einer Zeichnung vorhanden. Ihr Verbleib ist unbekannt. 1976 wurden 7 weitere Münzen gefunden.

Beide Münzfunde (von 1934 und 1976) ermöglichen erstmalig eine genaue Zeitbestimmung der Besetzung des Hochkelbergs durch die Römer und erhellen damit ein Jahrhundert Geschichte in unserer Gegend.

Die älteste gefundene Münze stammt von Kaiser Gallienus (253—268). Dieser erhält kurz nach der Machtübernahme seines Vaters Valerien l im Jahre 253 das Oberkommando im Westen und wird nach dessen Gefangennahme durch die Perser 260 n. C. Alleinherrscher über das Gesamtreich.

Gallienus regiert aber nicht vom Grünen Tisch aus in Rom, wir finden ihn bei seinen Truppen an der Front. In Deutschland, am Rhein, schlägt er erfolgreich die Angriffe der Germanen zurück. Hier hat er die Lage fest Griff und drückt dies auch in der Prägung entprechender Münzen aus: Germanicus maximus (= größter Germanenbezwinger).

Im Jahre 258 n. C. erreicht den Kaiser die Nachricht von einem Aufstand an der mittleren Donau (in Pannonien). Das macht seine Anwesenheit als Feldherr erforderlich. Er zieht mit einem Teil seiner Truppen vom Rhein ab nach Pannonien.

Am Rhein läßt er erfahrene Frontoffiziere zurück. Aber er macht einen Fehler. Er ernennt nicht einen von ihnen zu seinem Stellvertreter sondern seinen jungen, noch unerfahrenen Sohn Saloninus. Als dieser 259 in Köln weilt, erfolgt der Umsturz. Der höchste Frontoffizier Postumus läßt sich zum Augustus (= oberster Herrscher) ausrufen und den Knaben Saloninus ermorden. Der rechtmäßige Kaiser war dagegen machtlos, weil er an anderen Frontabschnitten gebunden war.

Die Münzen des Gallienus unterscheidet man in zwei Perioden. 1. die Periode der gemeinsamen Regierung mit seinem Vater Valerian l (253—260), 2. die Periode seiner Alleinherrschaft (260—268). Die auf dem Hochkelberg gefundene Münze fällt in die 2. Prägeperiode. Die Vorderseite zeigt das Porträt des Kaisers nach rechts. Die Rückseite ist dem Kriegsgott Mars gewidmet, der den Frieden bringen soll. Der angegebene Erhaltungsgrad V besagt, die Münze ist noch gut erhalten, man kann sie noch bestimmen.

Kriege kosten Geld. Je mehr Krieg desto weniger wird das Geld wert. Diese Tatsache kann man in den beiden Jahrtausenden unserer geschriebenen Geschichte immer wieder feststellen. So auch unter Gallienus. Unter seiner Regierung und der seines Nachfolgers Claudius II Gothicus, erreichte die Münze Antoninian, ursprünglich unter dem Kaiser Caracalla (198—21 7) ein Doppeldenar, den niedrigsten Wert. Statt des ursprünglichen Silbergeldes, finden wir die Antoniniane nur noch als geringfügig versilberte Kupferstückchen oder gar als bloße Kupferstückchen von 1-2-Pfennig-Größe. ein römischer Legionär verdiente etwa 3 solcher Geldstücke pro Tag (Die Münze). Doch kehren wir zu den Ereignissen zurück.

Gallienus konnte nicht verhindern, daß unter Postumus praktisch ganz Westeuropa einschließlich Spanien und England von Rom abgetrennt wurde. Die Geschichtsschreiber haben diesem Staat den Namen ,Das Gallische Sonderreich' gegeben. Es hatte fast anderthalb Jahrzehnte Bestand (259—273). Seine Hauptstadt war die Etappenstadt Trier, neben der Frontstadt Köln. In beiden Städten wurden in dieser Zeit Münzen geprägt.

Die Germanen rechts des Rheins werden Wind bekommen haben von den inneren Unruhen im westlichen Römerreich bei der Erhebung des Postumus. Sie gehen 259/260 n. C. zum Angriff über. Der Grenzwall Limes und die rechtsrheinischen Römerkastelle Niederbieber, Saalburg u. a. fallen in ihre Hände. Noch heute kann man auf den Neuwieder Berghöhen kilometerlang dem damaligen Grenzwall folgen.

Zwar gelingt es Postumus, die Offensive am Rhein zu stoppen, aber das rechte Rheinufer ist seitdem für die Römer verloren, der Rhein ist Grenze geworden.

Fast ein Jahrzehnt lang schlägt Postumus (259—268) erfolgreich alle Angriffe von außen und innen ab, so unter anderem gegen Gal-lienus, der um 267 n. C. vermutlich Trier belagert und dabei selbst verwundet wird.

Es folgen unruhige und gefährliche Jahre für das Römerreich. Allein im Jahre 268 werden 5 Kaiser ermordet: Gallienus, Postumus, Laelianus, Marius und Domitianus II, der uns nur durch eine Münze bekanntgeworden ist. Ihre Nachfolger, Victorinus in Westeuropa (Gallien) und Claudius II Gothicus, rechtmäßiger Kaiser im übrigen Römerreich, regieren beide nur knapp 2 Jahre, also bis 270 n. C.

Die Bewohner unserer Gegend werden die Entwicklung mit großer Spannung verfolgt haben, denn alle diese Ereignisse spielten sich im wesentlichen in unmittelbarer Nähe unserer Vorfahren ab. Postumus und Laelianus finden bei Mainz den Tod, Marius vermutlich bei Köln. In Köln wird 270 auch Victorinus ermordet. Hinzu kommen merkwürdige Gerüchte aus den Ostprovinzen des Reiches. Dort soll eine einzige Frau das Römerreich erschüttern. Zenobia, die Herrscherin von Palmyra in Syrien, bringt die Logik der Römer in Verwirrung. Ihr getöteter Mann, König Odainathus, hatte die Römer im Kampf gegen die Perser kräftig unterstützt und war mit höchsten Ehren und Titel bedacht worden. Er genoß das vollste Vertrauen Roms. Jetzt benutzt Zenobia die Machtstellung für ihre eigenen Pläne. Sie nutzt Vertrauen und militärische Schwäche der Römer geschickt aus und dringt bis in die Kornkammer Roms nach Ägypten ein.

Zenobia muß einen so erschütternden Eindruck hinterlassen haben, daß ihr Name durch die Jahrhunderte in der Erinnerung der Generation haften blieb. Noch heute sagt man in der Eitel, wenn Wirrwar und Unordnung herrschen: „What es dat für'n Zenoba". So wurde Zenobia zum Begriff für chaotische Zustände.

Erst dem Kaiser Aurelian (270—275) gelingt es, die verworrenen Zustände im Reich wieder zu ordnen. Er besiegte Zenobia im Osten und wendet sich 273 gegen das Gallische Sonderreich. Hier regiert als letzter Kaiser Tetricus l (270—273) und sein Sohn Tetricus II (270 bis 273) als Kronprinz. Beide ergeben sich den Truppen des rechtmäßigen Kaisers Aurelian und retten dadurch ihr Leben.

Als Kaiser Aurelian 275 ermordet wird, glauben die Germanen an ihre Stunde. Auf breiter Front beginnen sie mit der Invasion. Im Südabschnitt landen alle Mannen (Alamannen) auf dem Linken Rheinufer, weiter nördlich sind es die Freien, die Franken. Sie stürmen durch Eitel und Hunsrück tief nach Gallien hinein. Eine Höhenbefestigung nach der anderen wird besiegt, ihre Heerscharen verheeren das Land. Die Hauptstadt Trier wird erobert, geplündert, zerstört. Insgesamt werden 70 zerstörte Städte gemeldet, eine für die damalige Zeit erschreckend hohe Zahl.

Unser Münzfund auf dem Hochkelberg wird mit diesem Zeitabschnitt unterbrochen. Die beiden letzten Prägungen vor dieser Zerstörung sind von Kaiser Victorinus (268—270) und Tetricus II, dem Sohn des letzten Gallischen Kaisers Tetricus I. Sie beweisen uns, daß der Hochkelberg im Gallischen Sonderreich von den Römern besetzt war. Beide Münzen sind sogenannte barbarisierte Prägungen. Darunter versteht man nach neuerer Erkenntnis nicht Prägungen von Barbaren, also etwa Falschgeld der Germanen, sondern Notgeld, das in Krisenzeiten in einer provisorischen Münzschmiede in der näheren Umgebung geschlagen wurde, wenn die Versorgung mit amtlichem Reichsgeld unterbrochen war. Die nächste Münze aus dem bisherigen Fund ist erst nach 320 geprägt worden. Wir erkennen daraus eine Lücke der Besiedlung von mehreren Jahrzehnten.

Münze des Kaisers Victorinus (268-270) im Gallischen Sonderreich.

Antoninian: — Münzname)

geprägt 270—280 in Gallien (= westliches Europa), Prägung ist ,,barbarisiert (= Notmünze), Gewicht: 1,15 g, d = 13 mm, Katalog-Nr: RIC73(F)Typ, „barbarisiert", Erhaltungsgrad: V.

Vorderseite (bei kopiertem Vorbild):

IMP C VICTORINVS PF AVG (= Imperator Caesar Victorinus Pius Felix Augustus), zu Deutsch: Oberbefehlshaber, „Caesar", Victorinus, frommer glücklicher Kaiser. (Kopf des Kaisers mit Strahlenkrone nach rechts). Rückseite (bei kopiertem Vorbild):

SPES PVBLICA (= Spes Publica), zu Deutsch: Allgemeine Hoffnung. (Die personifizierte Hoffnung (Spes) nach links gewandt mit Blume)

Nun würden die wenigen bis jetzt gefundenen Münzen für sich allein noch keinen repräsentativen Querschnitt bilden, um solche Schlüsse zu ziehen. Aber die vielen Tausende von Fundmünzen an anderen Orten decken sich sowohl mit der Zeit der Besiedlung als , auch der Unterbrechung, so daß wir es hier nur mit einem Parallelfall zu tun haben, der sich an die anderen schlüssigen Funde anreiht und sie ergänzt.

Herr Dr. K. J. Gilles, der seine Doktorarbeit über spätrömische Bergbefestigungen, darunter auch der Hochkelberg, geschrieben hat und dem ich für die genaue Katalogbestimmung der zum Teil schlecht erhaltenen Münzen danke, schreibt dazu: „Die Münzen gehören offenbar — wie die Keramik — zu zwei verschiedenen Zerstörungshorizonten. Die erste Besiedlung endet wohl mit den verheerenden Germaneneinfällen um oder nach 275 (bei 51 Bergbefestigungen 15 x festgestellt), die zweite Phase schließt wohl ebenfalls mit einer Zerstörung um 353 (bei 51 Befestigungen sogar 45 x mit Sicherheit festgestellt)."

Nach dem Germanensturm von 275/276 gelingt es zwar dem Kaiser Probus (276—282) die Angreifer wieder aus den eroberten Städten zu vertreiben und bis an den Rhein zurückzudrängen, aber die Höhenbefestigungen werden nicht alle sofort wieder besetzt. Auch der Hochkelberg nicht.

Probus versucht, das Problem der dauernden Germaneneinfälle durch wirtschaftliche Maßnahmen zu lösen. Er siedelt Franken auf linksrheinischem Gebiet an oder nimmt sie in seine Armee auf. Das kommt der Ernährungswirtschaft zugute und stärkt die Verteidigungskraft.

Hospes (= Gastfreund) nannte man den Ansiedler. Heute sagen wir Gastarbeiter dazu.

Ein solcher Hospes hatte natürlich keine Ahnung von den Sitten und Gebräuchen der einheimischen Bevölkerung, in deren Nachbarschaft er künftig leben sollte. Er kannte weder die Umgebung noch die Gewohnheiten ihrer Bewohner, vielleicht nicht einmal ihre Sprache. Da war es leicht, ihn zu foppen und zu hänseln. Man nahm den Hospes wohl nicht für ganz voll. Das hat sich bis heute kaum geändert. Noch heute sagen die Eifeler um den Hochkelberg zu jemand der sich tolpatschig, ungeschickt anstellt: „What bes dau dafür'n Hospes".

Hier gilt Hospes als Begriff für einen plumpen, ungeschickten Menschen.

Damals mußten die einheimischen Bauern die Ansiedlung von Germanen als Schwäche der Römer deuten. Sie hatten gesehen, wie germanische Krieger die Römer in ihren Bergbefestigungen besiegten, in die Flucht schlugen, verfolgten. Die Römer waren also nicht unbesiegbar, ihr eigenes Los als Ausgebeutete nicht unabwendbar. Man müßte sich in eine Widerstandsbewegung zusammentun, um die Besatzer endgültig zu vertreiben.

Aber so weit war es noch nicht. Die Römer kamen in regelmäßigen Abständen wieder, um ihren Tribut zu holen. Es wird die Bauern zutiefst empört haben, wenn dabei dem Neusiedler, dem Hospes, Steuererleichterungen gewährt wurden, die man ihnen selbst verweigerte. Als in den folgenden Jahren der Abgabedruck noch zunahm, ohne daß die Römer die alten Bergbefestigungen neu besetzten, kam es zum bewaffneten Aufstand. In völliger Unterschätzung der militärischen Lage „zogen aufrührerische Scharen unterdrückter Bauern sengend und brennend durch Gallien und suchten Stadt und Land auf das furchtbarste heim" (Steinhausen).

Der Aufstand der Bauern 285/286 ist als .Bagauden-Aufstand' in die Geschichte eingegangen. Wir wissen nicht viel davon, er ist gescheitert. Aber die Eifeler Sprache hat uns etwas über das Maß der Unterdrückung und Ausbeutung der Römer überliefert.

Die Bauern hatten schwere Abgaben an Vieh, Getreide und anderem an die Römer zu leisten. Kamen sie mit ihren Abgaben zeitlich oder mengenmäßig in Rückstand, dann kamen die Besatzer monieren (monere = ermahnen). Sie monierten die verspätete oder ungenügende Ablieferung. Der Ausdruck hat sich bis heute erhalten.

Eine schlechte Ernte oder Notlage kümmerte die Besatzer nicht. Was sie nicht freiwillig bekamen, nahmen sie sich. Wenn die Tribut-Lieferung trotz Monierung die geforderte Soll-Auflage nicht erreichte, kamen sie ,no-stere'. Sie stülpten in den Häusern alles auf den Kopf und nahmen mit was ihnen paßte. „Nostra", sagten sie einfach, oder „Noster", das genügte. Nostra, noster = unser. Nostere sagt man heute noch, wenn jemand alles durchsucht. „Do net nostere" heißt, tue nicht alles durchsuchen. In diesem Ausdruck lag all das Bitten und Flehen an den Vollstrecker, es doch genug sein zu lassen. Wahrscheinlich umsonst. Dabei mußten die Bauern in ihren Äußerungen sehr vorsichtig sein, denn die Römer fackelten nicht lange. Wer den Verdacht der Aufsässigkeit erregte, konnte froh sein, als Sklave verschleppt und nicht sofort an Ort und Stelle niedergestochen zu werden. Solche Bilder sind uns auf Münzen gut bekannt.

Kaiser Diocletian (284—305) erkannte die Schwierigkeiten, das Riesenreich vom Schwarzen Meer bis nach Schottland allein zu regieren. Erteilte es daher in 12 Diözesen (= Verwaltungsbezirke) und die Regierung in eine Viererherrschaft (Tetrarchie) Seine Mitkaiser im Westen wurden Maximianus (286—305) und Constantius l (305—306), der Vater von Konstantin l (307—337). Von letzterem finden wir wieder Münzen auf dem Hochkelberg.

Der Ordnung halber sei an dieser Stelle erwähnt, die kurze Regierungszeit einiger Kaiser wird im Rahmen dieser Abhandlung übergangen.

Im Jahre 293 wird Trier amtlicher Regierungssitz der westlichen Provinzen. Im gleichen Jahr wird die Münzstätte dort wieder eröffnet. Die Münzen tragen auf der Rückseite im Abschnitt unten zuerst das Zeichen PT. Später wird daraus PTR, STR, TRP, TRS, TRPS, TROB u. a., je nach der Münzschmiede bzw. dem Münzmetall. An diesen Buchstaben erkennt man die in Trier geprägten Römermünzen. Es gibt auch andere Kombinationen, aber diese sind die häufigsten.

Von den 9 bisher bekanntgewordenen Fundmünzen vom Hochkelberg sind 4 mit Sicherheit in Trier geprägt worden. Sie tragen die Buchstaben STR, TRS und TRP.

Konstantin l wurde nach dem Tode seines Vaters zum Kaiser (Augustus) ausgerufen. Die erste Hälfte seiner langen Regierungszeit war mit inneren Machtkämpfen ausgefüllt. Er zerschlägt das Vierer-System Diocletians um allein zu herrschen.

324 hat Konstantin l alle seine Konkurrenten beseitigt und wird damit alleiniger Herrscher über das Ges&'mtreich. Im gleichen Jahr verlegt er seinen Regierungssitz von Trier nach Byzanz. Er gibt diese Stadt später seinen Namen: Konstantinopel.

Konstantin l wird allgemein ,der Große' genannt. Es gibt aber auch Quellen, die ihn garnicht groß erscheinen lassen, sondern ihn als menschlich minderwertig einstufen, als: „machtgierig, mißtrauisch, eitel, prunksüchtig, falsch, wortbrüchig, skrupellos und grausam". Ein Herrscher mag zwar hart, aber er muß nicht grausam sein. „Konstantin war als Mensch so minderwertig, daß man sich in der Antike lange umschauen muß, um einen ihm gleichen zu finden. Selbst Nero verblaßt ihm gegenüber. Daß dieser Mensch Christ wurde, ist nicht etwa seiner Überzeugung sondern seiner Berechnung zuzuschreiben". (Granner).

Wenn man weiß, er hat nicht nur die Viererherrschaft Diocletians zerschlagen und seine Mitkaiser beseitigt, sondern auch seinen ältesten Sohn und seine Ehefrau ermorden lassen, dazu „vor den grausamsten Maßnahmen nicht zurückgeschreckt ist und in der Trierer Arena fränkische Fürsten nebst vielen Gefangenen den Bestien vorwerfen lassen" (Steinhausen), dann ist man geneigt, dieser negativen Beurteilung zuzustimmen.

Unter der Regierung von Konstantin l gab es mehrere Währungsreformen, das heißt mehrere Geldverschlechterungen. Ohne sich mit Einzelheiten zu befassen, erkennt man das ganz leicht an Größe und Gewicht. Während seiner Regierungszeit verringert sich zum Beispiel die Follis-Münze von anfangs grob 10 Gramm Gewicht bis auf unter 3 g und der Durchmesser von grob 3 cm auf unter 18 mm.

Während der langen Regierungszeit von Konstantin l wurden die Bergstützpunkte im Land wieder befestigt und besetzt, also auch der Hochkelberg, wie unser Münzfund eindeutig beweist.

Die bei einer Raubgrabung 1934 gefundene Follis-Münze von Konstantin l wurde zwischen 320—324 in Trier geprägt. Die Vorderseite zeigt die belorbeerte Büste Konstantins nach rechts, mit Festgewand und Zepter. Die Rückseite preist eine glückliche Friedenszeit, die Beata Tranquillitas. 3 Sterne teilen die Umschrift oben. In der Mitte der Münz-Rückseite steht ein Altar mit Weltkugel obenauf und einer Inschrift am Altarstein vorn: VO-TIS XX. Die Vota (Votis) waren feierliche Versprechen, Gelübde, die der Kaiser beim Regierungsantritt bzw. zu Beginn einer Fünfoder Zehnjahresfeier ablegte. Er versprach z. B. Geschenke, Denkmäler, Festlichkeiten und Opferhandlungen. Solche Versprechen mußten eingelöst werden, ehe der Kaiser neue Gelübde ablegen konnte. Den Gelübden (= Votis) für seine zwanzigjährige Regierungszeit ist die Altarinschrift auf unserer Münze Kaiser Konstantins l gewidmet. Das Zeichen • STR- im Abschnitt unten weist sie als trierische Prägung aus.

                                         

Münze des Kaisers Constans (337—350 n. C.).

Centenionalis: (= Münzname)

geprägt 346—350 in Trier, Gewicht: 1,14g, d= 17mm, Katalog —Nr.: Coh. 22, Erhaltungsgrad: III (Randausbruch).

Vorderseite:

DN CONSTANS PF AVG (= Dominus Noster Constans Pius Felix Augustus), zu Deutsch: Unser Herr Constans, frommer

glücklicher Kaiser. (Drapierte Büste des Kaisers mit Perlendiadem nach rechts).

Rückseite:

FEL TEMP REPARATIO TRS* (= Felicium Temporum Reparatio, Trevera Secunda). Zu Deutsch: Wiederherstellung der

glücklichen Zeiten, Trier, 2. Münzstätte. (Vogel Phönix steht auf Scheiterhaufen nach rechts)

Die 1976 gefundene Follis-Münze des Con-stantius II wurde einige Jahre später (330 bis 335) ebenfalls in Trier geprägt. Ihre Rückseite preist den Ruhm des Heeres.

Die Rückseiten der Römermünzen erfüllten übrigens eine wichtige politische und religiöse Aufgabe. Sie dienten der Propaganda, der Meinungsbildung und der Information. Sie verkündeten ebenso den Glauben an Götter wie kaiserliche Taten, militärische Erfolge und Regierungsprogramme. Im Vergleich nehmen sich dagegen die einförmigen Rückseiten unserer heutigen Münzen recht langweilig aus.

Konstantin l ist am 22. 5. 337 n. C. gestorben. Seine 3 Söhne, Konstantin II, Constans und Constantius II wurden zum Augustus ( = oberster Herrscher) ausgerufen. Sie teilten sich das gewaltige Reich.

Der älteste noch lebende Sohn, Konstantin II (337—340) erhielt Spanien, Gallien und Britannien, also das heutige Europa westlich des Rheins. Er regierte in Trier. Bereits 317, im Alter von 2 Jahren, war Konstantin II zum Caesar (Kronprinzen) ernannt worden. Mit 18 Jahren erwarb er sich die ersten Lorbeeren im Kampf gegen die Goten. Nach der Reichsteilung geriet er aber bald mit seinem jüngeren Bruder Constans in Streit. Als er 340 in dessen Gebiet in Italien einfiel, wurde er aus einem Hinterhalt überfallen und getötet.

Constans (337—350) war der jüngste Sohn Konstantins l. Er wurde um 320 n. C. geboren und 333 zum Caesar ernannt. Bei der Reichsteilung erhielt er Italien, einen Teil Nordafrikas und den Balkan als Herrschaftsgebiet zugewiesen, übergab aber 339 einen Teil des südöstlichen Balkans an seinen Bruder Constantius II (etwa das heutige Bulgarien und den europäischen Teil der Türkei).

Nach seinem Sieg über den älteren Bruder Konstantin II im Jahre 340 wurde Constans Alleinherrscher über die westliche Reichshälfte. Ein Jahrzehnt lang gelang es ihm seine Herrschaft zu behaupten. Im Jahr 334 bekämpfte er mit Erfolg die Pikten und Skoten (Ureinwohner Schottlands), als diese den Hadrianswall (Wall des Kaisers Hadrian 117 bis 138) im Norden Englands überrannt hatten.

                                           

Münze des Kronprinzen Decentius (351 —353 n. C.), unter dem Rebellenkaiser Magnentius (350—353).

Maiorina: (= Münzname)

geprägt 351-353 in Trier, Gewicht: 4,15 g, d = 22 mm, Katalog-Nr.: Coh. 43 Var., Erhaltungsgrad: IM - (Randausbruch).

Vorderseite:

DN DECENTIUS NOB CAES (= Dominus Noster Decentius Nobilissimus Caesar), zu Deutsch: Unser Herr Decentius,

erlauchter Kronprinz, (gepanzerte Büste des Kronprinzen nach rechts).

Rückseite:

VICTORIAE DD NN AVG ET CAE VOT V MVLT X TRP (- Victoriae Dominorum Nostrorum Augusti et Caesaris, Votis V, Multum X,

Trevera Prima), zu Deutsch: Dem Sieg unserer Herren, Kaiser und Kronprinz, mit den Gelübden für eine fünf- und zehnjährige

Regierungszeit, Trier, erste Prägestätte. (2 Siegesgöttinnen halten den Schild mit der Gelübde-Inschrift über Säule)

Das Jahr 350 war sein Schicksalsjahr. Während er sich in Gallien angeblich auf einem Jagdzug befand, wurde ihm die Nachricht überbracht, daß der in der römischen Armee dienende fränkische General Magnentius sich in Autun (Frankreich) gegen ihn erhoben habe, und die Legionen des Heeres würden ihm begeistert folgen. Constans, der den Beruf des Soldaten mißachtet hatte und auch bei der Zivilbevölkerung wegen hoher Steuerabgaben nicht beliebt war, geriet in Panik und floh in Richtung Spanien. Aber noch bevor er die Pyrenäen überqueren konnte wurde er gefaßt und getötet.

Constans und Constantius II hatten 346 gemeinsam eine Währungsreform durchgeführt, in der die kleinen Folles abgeschafft und wieder größere Bronzemünzen geschaffen wurden. Der Fund vom Hochkelberg enthält eine solche Münze von Kaiser Constans in sehr schöner Erhaltung (= Erhaltungsgrad II), von einem leichten Randausbruch abgesehen. Über die genauen Münzbezeichnungen (Maiorina, Centenionalis u. a.) herrscht bis heute jedoch keine völlige Klarheit. Daher hat sich vielfach eine Durchmesserangabe nach mm eingebürgert, oder man folgt der vierstufigen Einteilung nach den Zahlen 1 —4. Davor setzt man die Buchstaben AE. AE bedeutet verkürzt Aes = Bronze (Münze).

Statt reduzierte Folles, Doppelmaiorina, Maiorina, Centenionalis und Halbcentenionalis bezeichnet man Münzen über 25 mm Durchmesser als AE-1, zwischen 21—25 mm als AE-2, zwischen 17—21 mm als AE-3 und kleiner als AE-4. Nach diesen Größenbezeichnungen lassen sich alle spätrömischen Kupfermünzen etwa ab Konstantin l leicht einteilen. Aber kehren wir zu der Niederlage des Kaisers Constans zurück.

Der erwähnte Franken-General Magnentius (350—353) hatte gesiegt. Es war ihm gelungen, die Herrschaft des Constans 350 zu stürzen, in dessen Armee er sich bis zum General emporgearbeitet hatte, durch besondere Tapferkeit ausgezeichnet. Daher gelang ihm rasch allgemeine Anerkennung der meisten westlichen Provinzen. Die Münzstätte Trier prägte seit 350 für ihn. Die auf dem Hochkelberg gefundene Münze des Magnentius stammt jedoch aus der Prägestätte Arles/ Frankreich.

Magnentius bemühte sich anfangs auch um die Anerkennung durch den Ostkaiser Constantius II (337—361). Aber der dachte nicht daran. Wie könnte er einen Feind der konstantinischen Familie anerkennen? Die Söhne Konstantins l waren aus kaiserlichem Geblüt, sie hatten die beste Erziehung genossen. Und er, Constantius II, der letzte dieser Söhne sollte einem hergelaufenen Barbaren als gleichberechtigten Kaiser die Hand reichen? Niemals! Hatte dieser Emporkömmling es doch gewagt, sich gegen das Haus Konstantins zu erheben und dessen Sohn und rechtmäßigen Kaiser Constans gestürzt und getötet.

Constantius II ging unverzüglich daran, seine Offensive gegen Magnentius vorzubereiten. Er zog seine Legionen zusammen und ließ zur Verstärkung seiner Schlagkraft germanische Söldner von der rechten Rheinseite anwerben, welche, zumindest teilweise, selbständig operierten. Sie leisteten in unserer Gegend jedenfalls gründliche Arbeit: sie eroberten nicht nur die Stützpunkte und Bergbefestigungen des Magnentius, sie plünderten auch die Siedlungen in der Umgebung. Die Bauern mußten sich in den Wäldern in Sicherheit bringen und ohnmächtig zusehen, wie ihre Felder verwüstet wurden, ihre Häuser dem Erdboden gleichgemacht oder verbrannt und ihr Vieh abgeschlachtet wurde. Es waren furchtbare Zeiten.

Bei den Legionen diente gleichfalls Decentius, ein Bruder oder Vetter des Magnentius. Nach dessen Erhebung wurde Decentius 351 zum Caesar (Kronprinzen) ernannt. Auch in seinem Namen wurden Münzen geschlagen. Der Fund vom Hochkelberg enthält eine Münze, die im Namen des Kronprinzen Decentius geprägt wurde. Die Rückseite dieser Münze feiert die Siege, bzw. ist dem Sieg beider Herrscher gewidmet. Zwei Siegesgöttinnen halten einen Schild mit der Gelübde-Inschrift für eine 5-und 10jährige Regierungszeit. Der Erhaltungsgrad der Münze ist fast sehr schön (= III-).

Eine weitere Münze aus der Raubgrabung von 1934 ist nach der Zeichnung so schlecht erhalten, daß man nicht genau sagen kann, ob sie im Namen des Magnentius oder des Decentius geprägt wurde. Der angegebene Erhaltungsgrad VI sagt aus, die Münze ist nicht mehr bestimmbar.

Die klar bestimmte Münze des Decentius ist wohl als Schlußmünze nach dem bisherigen Fund zu bezeichnen. Sie ist nach der Münze des Constans die besterhaltene und wurde zwischen 351—353 in Trier geprägt. Der linke Rand der Vorderseite ist etwas ausgebrochen. Die Münze ist von der Katastrophe des Zusammenbruchs der Magnentius-Herrschaft 353 n. C. gezeichnet. Bei 16facher Vergrößerung erkennt man ganz deutlich Brandspuren. Die schwarz verkohlte Oberfläche wechselt mit hellen winzigen (Blei-Spritzern. Diese Merkmale und andere Fundumstände zeugen von einer gewaltsamen Zerstörung und lassen daher den Schluß zu, daß im Jahre 353 auf dem Hochkelberg ein Entscheidungskampf zwischen den Anhängern des Magnentius/ Decentius und denen des Constantius II ausgetragen wurde. Da Decentius am 18. August 353 Selbstmord beging, wird der Kampf wohl vor diesem Datum stattgefunden haben.

Magnentius und Decentius begingen beide im August 353 n. C. Selbstmord. Constantius II war Sieger.

Mit den Prägungen von Magnentius/Decen-tius bricht unser Münzfund ab. Damit haben wir auf dem Hochkelberg die gleiche Fundsituation wie an vielen anderen Orten in Eifel/Mosel/Hunsrück, z. B. auf der Entersburg im Üss-Tal und in Traben-Trarbach. Dort wurden über 1000 Münzen gefunden. Sie enden ebenfalls mit dem Zerstörungsdatum 353 n. C.

Herr Dr. W. Binsfeld vom Landesmuseum Trier schreibt hierzu in der Trierer Zeitschrift 36/1973: ,,ob die Marodeure Anhänger des Constantius oder des Magnentius, plündernde Germanen oder Freischärler . .. waren, läßt sich nicht sagen". Diese objektive Aussage trifft auch für den Hochkelberg zu.

Literaturhinweise:

1) Th. Mommsen: Römische Geschichte

2) J. Steinhausen: Archäologische Siedlungskunde des Trierer Landes

3) W. Granner: „De Vita et Rebus Gestis Caesarum" in der Schriftenreihe DIE MÜNZE

4) D. R. Sear: Roman Coins and their values

5) P. N. Schulten: Die römische Münzstätte Trier

6) Trierer Zeitschrift: 36/1973, Seite 119ff., und 37/1974, Seite 99 ff.

Inzwischen ist eine weitere Münze von Decentius gefunden worden.