Singen heißt verstehen

Klaus Kein

»Guter Chorgesang ist zeitlos gültig, jedoch der Inhalt dessen, was zu singen ist, ändert sich mit den Zeiten und den Menschen.« Wenn auch 22 Jahre Sängerkreis Daun sich in der Geschichte der Sängerbewegung bescheiden ausnehmen, so haben diese zwei Jahrzehnte jedoch genügt, um die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in das Leben gerufene Chorbewegung in ihrer Ausrichtung zu verändern. In diesem relativ kurzen Zeitraum ist unseren Chören die vermehrte Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist und den gesellschaftlichen Wandlungen nicht erspart geblieben. Allein die Verteidigung des Bestehenden genügt nicht. Erneuerung muß sein. Mit dieser Zielsetzung haben wir in bewahrender Tradition unseren Standort im gesellschaftlichen Gefüge immer wieder neu gesucht und finden müssen. Daß uns diese Aufgabe gelungen ist, beweist die stetige Aufwärtsentwicklung auf inzwischen 21 Gesangvereine, die sich in vierzehn Männer-Chöre und sieben gemischte Chöre aufteilen mit insgesamt 670 aktiven Sängerinnen und Sängern. Erfreulicherweise wurden im vergangenen Jahre dem Gesangverein »Frohe Stunde« Lissendorf und dem gemischten Chor »Eiflia« Immerath Kinderchöre angeschlossen.

Chorsingen ist und muß eine freiwillige Aufgabe bleiben, darf aber nicht nur Selbstzweck oder gar eine Angelegenheit bequemer Geselligkeit werden. Die Chor-musikalische Leistung ist der Maßstab für den Erfolg und damit gleichzeitig für eine fortschreitende Anerkennung in der Öffentlichkeit. Mit unseren vielfältigen Gestaltungs- und Wirkungsmöglichkeiten müssen wir das Forum der Öffentlichkeit suchen und unsere Chormusik in den Dienst der Allgemeinheit stellen. Allgemeinheit, das sind unsere Dörfer, unsere Städtchen. Wie wäre es um unsere Gemeinwesen bestellt, hätte man nicht den aktiven Chor, den Musikverein oder andere Vereinsgattungen in seinen Mauern? Die Dorfgemeinschaft ohne ihren Chor wäre um vieles ärmer. Auch vollendete Darbietungen internationaler Künstler und Chöre vermögen die eigenständige Erarbeitung und Gestaltung von Musik und Gesang nicht zu ersetzen. Darüber hinaus ist es ein gutes Zeichen der Zeit, daß unsere Chöre sich neben einer Leistungs und Erlebnisgemeinschaft gleichzeitig auch als Freizeitgemeinschaften verstehen. Sie sind für das kulturelle Leben in den Gemeinden unverzichtbar, vor allem in einer Zeit fortschreitender Zentralisierung. Deshalb sind es mehr denn je die Vereine, die das Leben des Dorfes tragen und gestalten. Heimatbewußtsein, Brauchtum, Pflege und Erhaltung von historischer- und ortsbildprägender Bausubstanz, Dorffeste etc. sind deutliche Zeichen für eine Neuentdeckung schon fast verloren geglaubter Werte. Hier liegt die große Verantwortung und Chance unserer Vereine, wobei es wesentliche Aufgabe bleiben wird, durch das aktive Mitwirken Gemeinschaft zu pflegen, sinnvolle Freizeitgestaltung zu bieten und damit gleichzeitig der Gesundheit an Leib und Seele zu dienen sowie auf einem bestimmten Gebiet etwas fürs Dorf zu tun. Dabei ist es immer wieder beeindruckend, festzustellen, daß jeder Chor, ob groß oder klein,

sein eigenes »Ich« hat, genau wie jedes Dorf sich von der Nachbargemeinde unterscheidet. Ob Chor oder seine Heimatgemeinde, sie sind unverwechselbar, haben ihre eigene Geschichte, ihr spezifisches Innenleben und sind geprägt von der Landschaft, die sie umgibt. Bei diesem Thema werden Sie fragen, welche Aufgabe kommt hierbei dem Sängerkreis zu? In der Gliederung des Deutschen Sängerbundes im Sängerbund Rheinland-Pfalz kommt dem jeweiligen Sängerkreis eine Klammerwirkung zu. Unser Zusammenschluß basiert auf absolut freiwilliger Basis, und jeder angeschlossene Gesangverein hat weitesten Spielraum für sich selbst. Zwar, und das sehe ich als legitim an, wollen wir in Fragen des musikalischen Geschmacks durch Beispiele verschiedenster Art auf die einzelnen Chöre einwirken, um Schritt für Schritt das Niveau immer und stetig anzuheben. Mein Wunsch ist es, daß wir als Singgemeinschaft im Landkreis Daun eine große, aktive Familie bleiben mit gegenseitiger Achtung, voneinander lernen und füreinander da sind. Nur so wird die nachwachsende Jugend die willkommene und angenehme Möglichkeit erhalten, durch die Musik zur inneren Harmonie und damit zu einer ausgeglichenen Lebenstüchtigkeit zu finden. Lassen Sie mich schließen mit dem Appell: »Singen und musizieren wir zu unserem Vergnügen, denn wo Vergnügen ist, ist Freude und wo Freude, ist Freiheit!«

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