Die sozio-ökonomische Entwicklung -eine vergleichende Darstellung

Dr. Dieter Heuskel

In diesem Beitrag wird der Versuch unternommen, mit Hilfe aussagefähiger statistischer Kennziffern die sozial-wirtschaftliche Entwicklung im Landkreis Daun für die siebziger Jahre nachzuzeichnen. Dabei werden einmal Daten verschiedener aufeinanderfolgender Jahre für den Kreis selbst miteinander verglichen, zum anderen aber auch solche eines Jahres für die verschiedenen Kreise des Regierungsbezirks Trier. Die Kombination beider Vorgehensweisen verbessert den Aussagewert des statistischen Materials.1

Beim Vergleich der verschiedenen Kreise des Regierungsbezirks ist die besondere Situation der beiden Trierer Kreise, nämlich Trier (Stadt) und Trier-Saarburg, zu beachten, die sich in vielen Bereichen ergänzen und deren sozioökonomische Grundstruktur demnach häufig komplementär ist.

Flächenmäßig stellt der Kreis Daun mit 910 qkm neben Trier (Stadt) den kleinsten der Landkreise des Regierungsbezirks dar, und auch die absolute Zahl der Einwohner liegt mit 55 800 deutlich hinter derjenigen der übrigen Kreise. Für den Landkreis Daun ergab dies 1978 eine Einwohnerdichte von 61 Einwohnern je qkm, ein Wert, der deutlich unter dem Bundesdurchschnitt (247 Einwohner je qkm), aber auch im Vergleich mit den Nachbarkreisen sehr niedrig liegt.

Betrachtet man die langfristige Bevölkerungsentwicklung, so lassen sich zwei Phasen unterscheiden, einmal der Zeitraum von 1950 bis 1970, in dem durchweg eine kräftige Zunahme der Bevölkerungszahlen in den Eifel-Mosel-Kreisen zu verzeichnen war (Kreis Daun: -12 %), und zum anderen der Zeitraum von 1970 bis 1978, in dem fast überall ein absoluter Rückgang der Bevölkerung festzustellen ist (Kreis Daun: - 2,1 %). Im Vergleich zu den Nachbarkreisen hielt sich damit die Bevölkerungsabnahme im Dauner Landkreis in engen Grenzen. Die Ursachen dafür sind sowohl eine vergleichsweise niedrige Abwanderungsquote, die 1977 bei 1,9 Abwanderern pro 1 000 Einwohner lag (Kreis Bitburg-Prüm: 3,0), als auch eine relativ günstige — jedoch nach wie vor negative — Reproduktionsrate (= Geburtenüberschuß auf 1 000 Einwohner) von - 1,0 in 1977 (Kreis Bernkastel-Wittlich: - 1,4; Kreis Bitburg-Prüm:- 1,2).

Auch in der wirtschaftlichen Entwicklung der verschiedenen Landkreise zeigen sich deutliche Unterschiede. Der Kreis Daun weist in seiner Gesamtheit für den Zeitraum 1970 bis 1976 ein geringeres Wachstum als die Vergleichskreise auf. Mit einem Anstieg des Brut-toinlandsprodukts von 90,8 % lag der Kreis Bitburg-Prüm an der Spitze im Regierungsbezirk, während die Kreise Bernkastel-Wittlich mit 70,5 % und Daun mit 68,5 % ein geringeres Wachstum, dies allerdings von einer höheren Basis aus, aufweisen.

1) Die statistische Grundlage für diesen Beitrag stellt die Kreisdatenbank des Instituts für Industrie- und Verkehrspolitik der Universität Bonn dar. Unter Leitung von Herrn Dr. Stefan Rommerskirchen wurde hier ein Informationssystem aufgebaut, in dem 263 sozio-ökonomische Kennziffern für sämtliche Landkreise der Bundesrepublik Deutschland gespeichert sind. Bedingt durch den enormen Aufwand, der erforderlich ist, diese Datenbank ständig zu aktualisieren, sind die neuesten Daten meist nur mit einer Zeitverzögerung von 2 - 3 Jahren vollständig zu erfassen.

Tab. 1: Kennziffern zur Bevölkerungsentwicklung in den Landkreisen des Regierungsbezirks Trier

 

 

 

Einwohner pro

qkm 1978

Bevölkerungs-

veränderung

1950-1970

Bevölkerungs-

veränderung

1970-1978

Reproduktionsrate1' 1977

TRIER

830

+ 13,8

-6,0

-3,0

BERNKASTEL-WITTLICH

91

+ 3,5

-2,5

-1,4

BITBURG-PRÜM

55

+ 6,6

4,2

- 1,2

DAUN

61

+ 12,0

-2,1

+ 1,0

TRIER-SAARBURG

112

+ 17,8

         1,0                             -0,3            

1Reproduktionsrate = Geburtenüberschuß auf 1000 Einwohner

Aufschlußreicher als diese globalen Angaben sind jedoch die Informationen über strukturelle Veränderungen. Hier sind zwei gegenläufige Trends bemerkenswert, die in engem Zusammenhang zu sehen sind: Der Anteil der Land- und Forstwirtschaft an der wirtschaftlichen Wertschöpfung geht seit 1970 im Kreis Daun ständig zurück, dagegen vergrößert sich der Anteil der sonstigen Dienstleistungen — und dazu zählt insbesondere die Fremdenverkehrswirtschaft — in dem entsprechenden Ausmaß. Während die Land- und Forstwirtschaft 1970 noch 13,2% zum Bruttoinlandsprodukt beisteuerte, waren es 1976 nur noch 7,6 %; im gleichen Zeitraum stieg def Anteil der sonstigen Dienstleistungen von 30,7 % auf 36,3 % an. Der Vergleich mit den übrigen Kreisen des Regierungsbezirks Trier zeigt, daß im Kreis Daun innerhalb dieses kurzen Zeitraums tatsächlich eine besonders tiefgreifende Strukturverschiebung stattgefunden hat. Abgesehen von der Stadt Trier spielt die Land- und Forstwirtschaft nirgendwo eine geringere Rolle als im Landkreis Daun, während andererseits die sonstigen Dienstleistungen nirgendwo einen so wichtigen Stellenwert innehaben.

Tab. 2: Kennziffern zur wirtschaftlichen Entwicklung in den Landkreisen des Regierungsbezirks Trier

Entwicklung des BIP

1970-1976 in %

Anteil der Land- u.

Forstwirtschaft am

BIP 1976

Anteil der Arbeitnehmer

in der Land- u.

Forstwirt.

 

 

Anteil der sonst. Dienstleistungen amBIP 1976

 

 

Anteil der Arbeitnehmer im Bereich sonst. Dienstleistungen

TRIER

+ 72,1

0,5%

0,8%

34,8%

36,9%

BERNKASTEL-WITTLICH

+ 70,5

1 1 ,4%

5,0%

30,7%

27,3%

BITBURG-PRÜM

+ 90,8

13,3%

2,5%

28,4%

33,9%

DAUN

+ 68,5

7,6%

4,0%

36,3%

25,2%

TRIER-SAARBURG

+ 47,8

1 1 ,9%

4,4%

34,0%

21 ,7%

1)BIP = Bruttoinlandsprodukt

Spiegelt diese Entwicklung im Kreis Daun einerseits die Erfolge eines aktiv unterstützten Umstrukturierungsprozesses wider, so soll hier doch auch auf die Gefahren einer solchen Entwicklung hingewiesen werden. Hier ist einmal die Tatsache zu nennen, daß der Beschäftigungseffekt im Bereich der sonstigen Dienstleistungen deutlich hinter dessen Stellenwert bei der Entstehung des Bruttoinlandsprodukts liegt (vgl. Tabelle 2). Beschäftigungspolitisch weist ja bekanntermaßen gerade die Fremdenverkehrswirtschaft und hier insbesondere das Hotel- und Gaststättengewerbe besondere Probleme auf. Der allerorten beklagte Mangel an qualifiziertem Personal hat eine seiner wesentlichen Ursachen in der vergleichsweise geringen Attraktivität der Arbeitsplätze, so daß nur über eine Verbesserung dieser Rahmenbedingungen eine verbesserte Beschäftigungssituation auch in diesem Bereich ermöglicht werden könnte. Dies wäre zum Vorteil sowohl für das Hotel- und Gaststättengewerbe als auch für die Arbeitnehmer in den Fremdenverkehrsgebieten.

Eine weitere Gefahr liegt in der stark abnehmenden Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft und damit im Verlust der prägenden Kraft, die dieser Wirtschaftszweig der Eifellandschaft und dem Landschaftsbild gab. Es sind nicht ausschließlich die touristischen Attraktionen, wie etwa die Eifelmaare, und es ist auch nicht primär die Qualität der Fernstraßen zu den Ballungsgebieten, die dieser Landschaft ihren Charakter geben — der im übrigen auch die Touristen veranlaßt, ihren Urlaub dort zu verbringen —, sondern auch und gerade die land- und forstwirtschaftlichen Besonderheiten. Bevor hier noch auf die aktuelle Entwicklung der Fremdenverkehrswirtschaft eingegangen wird, kurz einige Zahlen zur Lebensqualität, bzw. dem, was man statistisch als solche erfassen kann. Hierzu zählt u. a. der Grad der Motorisierung, der im Kreis Daun rnit 338 Pkw auf 1 000 Einwohner am höchsten in den Eifel-Mosel-Kreisen liegt. Auch im Bereich der Wohnqualität treffen es die Bürger des Dauner Kreises besonders gut an: Hier steht pro Einwohner der meiste Wohnraum zur Verfügung (vgl. Tabelle 3). Die ärztliche Versorgung ist demgegenüber vergleichsweise ungünstig. So hat im Kreis Daun ein Arzt durchschnittlich 909 Einwohner zu versorgen, während es im Kreis Bernkastel-Wittlich nur 714 und in Trier (Stadt) nur 250 sind.

Erfahrungsgemäß verwässern diese Durchschnittswerte die Realität noch insofern, als in den ländlichen Gebieten die ärztliche Versorgung durchweg als schlecht bezeichnet werden kann, die städtischen Mittelzentren demgegenüber eine deutliche Besserstellung aufweisen.

Abschließend sollen hier noch einige Informationen zur Fremdenverkehrswirtschaft gegeben werden, da dieser Wirtschaftsbereich gerade im Landkreis Daun von besonderer Bedeutung ist. Mit einer Bewerbungskapazität von 9 484 Fremdenbetten ist im Kreis Daun ein ausreichendes Angebot vorhanden. Die Relation von 170 Fremdenbetten pro 1 000 Einwohner verdeutlicht den hohen Stellenwert, den der Fremdenverkehr auch im Vergleich zu den Nachbarkreisen einnimmt. Andererseits zeigt der geringe Auslastungsgrad von nur 24,9 % (vgl. Tabelle 4) die Gefahren auf, die mit dem rapiden Kapazitätsausbau verbunden sind. Eine Besonderheit im Bettenangebot der Landkreise Daun und Trier-Saarburg liegt in dem außerordentlich hohen Anteil der Fremdenbetten in Ferienhäusern (Kreis Daun: 38,6%; Kreis Trier-Saarburg: 37,8 %). Der hohe Zuwachs der Übernachtungszahlen in diesen

Tab. 3: Kennziffern zur Lebensqualität in den Landkreisen des Regierungsbezirks Trier 1977/78

 

 

 

Einwohner pro

Arzt

Wohnräume pro

1 000 Einwohner

Pkw pro

1 000 Einwohner

Straßenlänge je

qkm Kreisfläche

TRIER

250

1 706

315

2,6

BERNKASTEL-

WITTLICH

714

1 820

316

1,4

BITBURG-

PRÜM

1 000

1862

313

1,4

DAUN

909

1 894

338

1,4

TRIER-

SAARBURG

1 429

1 608

306

1,6

Tab. 4: Kennziffern zur Fremdenverkehrswirtschaft in den Landkreisen des Regierungsbezirks Trier

Fremdenbetten

auf  1000 Ew.

1979

Zahl der Gäste

auf 1000 Ew.

1978

Entwicklung der

Übernachtungen

1970 - 1978

Durchschnittl.

Verweildauer der Gäste in Tg.

 

 

 

 

Auslastung der Beherbergungs-

Kapazität

1970 1978

TRIER

25

1 897

+ 14%

1,6

1,6

33,7%

BERNKASTEL-

WITTLICH

149

3412

+ 76%

,4

4,2

26,3%

BITBURG-

PRÜM

90

1 684

+ 127%

4,6

5,2

26,6%

DAUN

170

2444

+ 140%

5,5

6,3

24,9%

TRIER-

SAARBURG

68

1 251

+ 351 %

2,7

4,7

23,3%

Kreisen während der siebziger Jahre geht sicherlich auch auf das attraktive Beherbergungsangebot in den großen Ferienhausparks zurück. Für das alteingesessene Hotel- und Gaststättengewerbe ist mit staatlicher Förderung hier eine Konkurrenz erwachsen, die zu verstärkten Anstrengungen der kleineren Betriebe im Werben um Gäste zwingt. Um die Ausgewogenheit im differenzierten Angebot an Fremdenbetten in Ferienhäusern, Hotels, Pensionen und Privathaushalten langfristig sicherzustellen und gleichzeitig eine zufriedenstellende Belegung in allen Bereichen zu sichern, sollte staatliche Unterstützung auch den Klein-und Mittelbetrieben zugute kommen. Mit einer gezielten kommunalen Öffentlichkeitsarbeit, wie sie seit einigen Jahren vom Kreis Daun betrieben wird, und einer noch stärkeren Abgrenzung von »konkurrierenden« Fremdenverkehrsgebieten wird die Fremdenverkehrswirtschaft auch langfristig einen wichtigen Beitrag zu einer ausgewogenen sozio-ökonomischen Entwicklung im Landkreis Daun leisten.

Menschenwürdiges Leben verlangt auch Rücksicht

auf die Tiere, verlangt, sie um ihrer selbst

willen zu respektieren, sie möglichst ihr

eigenes Leben leben und ihr wahres Sein verwirklichen zu lassen.

Wilhelm Brockhaus