Das Gerolsteiner Rathauskreuz

Ein Nachtrag

Im Jahrbuch des Kreises Daun 1980 war S. 38 ein Beitrag über »Das Kreuz am alten Rathaus zu Gerolstein«. Darin wurde die Vermutung geäußert und begründet, daß die Figuren der Kreuzabnahme ursprünglich von einem anderen alten Kreuz in Gerolstein stammen, dem »Nikedimes« vor der Schildmauer der Löwenburg.

Eine aufmerksame Leserin, Frau Marianne Manternach (Gerolstein) hat inzwischen diese Vermutung erhärtet durch ein Dokument, das sich" in ihrem Besitz befindet. Es ist ein »Kostenanschlag über die Verbesserung respective Neuarbeiten an einem Bilde, darstellend die Abnahme Christi vom Creuze, für die Gemeinde Gerolstein, nach beiliegendem Plane«.

Es stellen sich drei Fragen: 1. Was wurde an Arbeiten veranschlagt? 2. Wer war mit den Arbeiten beauftragt? 3. Wann wurden die Arbeiten geplant und evtl. durchgeführt?

Zu 1) Aus den einzelnen, im »Kostenanschlag« genannten Posten ergibt sich, daß der Auftrag lautete, »ein neues Fußgestell nebst Trittstufen« zu erstellen, das dazu notwendige Material, nämlich »75 Cubic Fuß rohen Sandstein« »von Niederbettingen nach Gerolstein« zu bringen, »einen neuen Kreuzesstamm nebst Postament« zu erstellen. Es handelt sich hier wohl eindeutig darum, das frühere Holzkreuz, von dem alte Überlieferung in Gerolstein weiß, durch ein größeres Sandsteinkreuz zu ersetzen. Wenn es dann heißt: »Für Herunterbringen des alten Bildes ... 1 rth 15«, »Für Nacharbeiten und Ausbessern desselben . . . 15 rth 00«, dann ist das nur dahingehend zu verstehen, daß die Figuren am neuerstellten Kreuzesstamm von anderswo gebracht und hier angebracht wurden.

Zu 2) und 3) Nach dieser fast eindeutigen Aussage über die veranschlagten Arbeiten sind die Fragen 2) und 3) nur noch von untergeordneter Bedeutung. Obschon das Dokument weder Unterschrift noch Datum trägt, kann es sich nur um Johann Mattias Kühl handeln (f 1885). Bei den Nachkommen seiner Familie befindet sich das Dokument; mündliche Überlieferung in der Familie und andere von ihm stammende schriftliche Dokumente wissen und beweisen, daß er Steinmetz war.

Ausgefertigt wurde der »Voranschlag« vor dem Jahre 1873. In diesem Jahre wurde die alte Silberwährung durch die neue Goldwährung abgelöst, d. h. vor 1873 rechnete man mit rth (= Reichstaler), sgr (= Silbergroschen) und Pfennig, nach 1873 wurden die Preise angegeben in Mark und Pfennig.

So kann kein Zweifel mehr bestehen, daß an dem damals errichteten Kreuzesstamm Figuren angebracht wurden, die schon vorhanden waren und von anderswo an den neuen Standort gebracht wurden. Ein Beweis, daß sie vom Kreuz an der Burg stammen, ist das noch nicht, aber nach dem, was wir in Schneiers »Das Kylltal« lesen, ist es mehr als wahrscheinlich.

P. Josef Böffgen