30 Jahre im Dienst

der Gemeinde Jünkerath

Der Evangelische Singkreis feiert Geburtstag

Marianne Schönberg

»Du meine Seele singe, wohlauf und singe schön .. .« Mit diesem Lied stellte sich der »singende Kreis« zum ersten Mal der Gemeinde vor, nachdem die Kirche in Jünkerath wieder aufgebaut war. Inzwischen sind dreißig Jahre vergangen. Mancher evangelische Kirchenchor in der Eifel wurde ins Leben gerufen und wieder aufgelöst; diesen in der Kirchengemeinde Gerolstein/Jünkerath gibt's noch immer. Ein kleiner Chor, der stets aus der Hoffnung auf neues Engagement leben muß. Seine Mitglieder sind wenige junge Leute; einige ältere Aktive verkörpern nach wie vor den festen Rahmen dieses Singkreises. Was ein Chor braucht, ist flexibles Innenleben, Leute mit wendigen Stimmen, mit der nötigen Freude am Proben und einem gerüffelt Maß Verantwortung, wenn es um das Singen im Gottesdienst geht. Primäre Aufgabe jeden Kirchenchores ist die Verkündigung in Form des gesungenen Wortes Gottes. Jeder Sänger ist da persönlich angesprochen. Was nützt eine noch so gute Besetzung in der Probe, wenn beim musikalischen Dialog mit der Gemeinde wichtige Stimmen fehlen? Und bei solch einem kleinen Kreis ist jede Stimme wichtig.

Wer mich fragt, warum ausgerechnet dieser Kreis am Leben und damit im Dienst blieb, so meine ich, es liegt mit daran, daß man in Jünkerath stets neben den musikalischen Aufgaben auch um die menschlichen wußte und sie pflegte. Das erfordert Zeit, Geduld und Offenheit zueinander. Diese Worte sind leicht gesagt. Mit ihnen zu leben und zu arbeiten, das bedeutet Bewährung jedes Sängers. Viele haben da die Waffen gestreckt. Aber andere sind geblieben. Nicht Profanes hat sie gehalten, sondern das Wissen um die Wichtigkeit ihrer Mitarbeit, als Sänger, als Christ. Ihnen allen danke ich zum Geburtstag dieses singenden Kreises. Das sei mir erlaubt, da ich seit 20 Jahren als Chorleiter in Jünkerath tätig bin.

Wie dieser Kreis entstand? Den Anlaß gab ein Treffen junger Leute mit Vikar Graf und seiner Frau in Daun. Man machte Freizeit. Bei einem Spaziergang kamen gemeindliche Aktivitäten zur Sprache. Es gab bereits einen Instrumentalkreis, und in bescheidener solistischer Form wurde gesungen. Doch Jünkerath sollte einen Chor haben, meinten die jungen Leute. Frau Graf sagte ja und leitete als erste diesen neuen, singenden Kreis. Die Proben fanden von Anfang an in der Kirche statt, nur im Winter wechselte man ins Haus von Kirchmeister Findt am Römerwall, im Gotteshaus gab's keine Heizung, und zähneklappernd singt's sich schlecht. Was sich bald herausstellte, die Findts waren mit vier Aktiven im Chor, und das Singen im Gottesdienst mußte entfallen, wenn diese Familie verreiste. Solches hat sich bis heute erhalten. Auch jetzt singen vier Findts im Jünkerather Kreis, andere Familien stellten ähnliche Gruppen.

Als Vikar Graf Pfarrer in Mühlheim/Ruhr wurde, übernahm die Organistin, Frau Nocke, den Singkreis. Wenig später ging er an einen jungen Mann, der gleichzeitig fürs Orgelspiel verantwortlich zeichnete: Karl Seibert. Mittlerweile hatte sich auch in Gerolstein ein Kirchenchor gebildet. Man versuchte sich in gemeinsamer Verkündigung an besonderen Festtagen und das mit schönem Erfolg. Zwischendurch wurden die alten Bindungen zum Ehepaar Graf gepflegt. Der Chor fuhr mit Frau Nocke nach Mühlheim, zum Besuch, zum Singen. Später ging's nach Cochem, es gab für die Jünkerather manche Einladung an die Mosel, und die Cochemer Sänger haben Abendmusiken in Jünkerath mitgestaltet.

 

Vor zwanzig Jahren griff wieder eine Frau zur Stimmgabel. Die hier schreibende Chronistin übernahm als Hilfs-Chorleiterin den singenden Kreis. Das sollte eine Sache auf Zeit sein, um den Chor in seiner Substanz zu erhalten, bis Karl Seibert sein Studium beenden würde. Doch er kam nicht wieder nach Jünkerath. Bereits ein Jahr nach dem Platzwechsel am Notenpult gab es die erste Abendmusik in Jünkerath mit Mitgliedern des Kammerorchesters Prüm und Engelbert Berg. Dieses Konzert wurde zum Auftakt für neue Aktivitäten. Die Abendmusiken in Jünkerath fanden in regelmäßigen Abständen statt, der Chor erlebte einen stimmlichen Aufschwung wie nie zuvor. Das Singen am 24. Dezember in der Gerolsteiner Erlöserkirche wurde Tradition, die ökumenischen Singen in der St. Antoniuskirche in Jünkerath gestaltete der Kreis regelmäßig mit. Mittlerweile hatte sich der Chor zum Kern der Gemeinde entwickelt. Man besuchte die Alten zu ganz besonderen Geburtstagen und sang einen Glückwunsch. Aktive wurden in Fahrgemeinschaften zu den Proben geholt, aus Hillesheim, Gönnersdorf, Esch und Lissendorf. Auch zu den Gottesdiensten waren Singkreismitglieder im Fahrdienst. Ältere Leute aus den umliegenden Gemeinden wurden abgeholt und heimgebracht. Das hat sich bis heute erhalten. Da fragt niemand nach Zeit und Geld. Auch der Kindergottesdienst in Jünkerath entstand aus diesem singenden Kreis. Ilse Jedermann, Sopranistin im Chor, leitete einige Jahre den Gottesdienst für die Jüngsten in der Gemeinde. Sie wurde von Ernst Nowak abgelöst, Bassist im Singkreis, seine Tochter singt im Sopran, und Sohn Gordon spielt seit Jahren die Orgel. Jünkerath hatte auch einen Organisten katholischer Konfession. Günther Kapitza, jahrelang Tenor im Singkreis, verwaltete das Amt mit Umsicht und Einfühlungsvermögen in einer ihm fremden Liturgie und choralen Sprache. Vorher spielten die Orgel Ruth Schäfer, Tochter der Sopranistin und Mitbegründerin des Chores Hedwig Schäfer; danach Ute Sardemann, Tochter des Bassisten Kurt Sardemann.

Lebendige Ökumene

Und was die Musica so zusammenführte! Drei Ehen von Mitgliedern des Singkreises hat der Chor bis jetzt zu verzeichnen. Eine Sopranistin wurde in Esch katholisch getraut. Weil die Eltern evangelisch waren, Flüchtlinge aus Ostpreußen, hatte sich der Chor zum ersten Mal seit Bestehen für ein Singen in der kath. Pfarrkirche stark gemacht. Pastor Opperskalski überzeugte sich in einer Probe, daß die Lieder durchaus akzeptabel sind. Man hatte sich musikalisch und menschlich verstanden. Jahre später, als der junge Kirchmeister Findt in der St. Salvator-Basilika in Prüm ökumenisch getraut wurde, musizierte der Singkreis mit Regionalkantor Monter.

Und noch etwas sei eingefügt. Bei größeren Aufführungen in der evangelischen Kirche Jünkerath, bei Jubiläumskonzerten haben oft Sängerinnen und Sänger des katholischen Kirchenchores ausgeholfen, wenn es an stimmlichem Volumen im eigenen Kreis mangelte. Dafür ein besonderes Danke. Von Ökumene zu reden, ist nicht schwer. Sie zu praktizieren bleibt eine Aufgabe, die persönliche Entscheidungen voraussetzt. Bei Geistlichen und aktiven Musikern in der Nachbargemeinde fand der Singkreis stets ein offenes Ohr für seine Anliegen.

Was nun zu wünschen bleibt? Daß es diesem Singkreis nie an Stimmen fehlen möge. Daß jeder Sänger um seine ganze Aufgabe weiß, daß Dienen großgeschrieben bleibt. Nur so kann ein Chor in der Kirche Bestand haben. Ein falscher Ton darf kein Entsetzen auslösen, und verpatzte Einsätze sind primär Wertmesser für den Chorleiter. Verkündigung leidet darunter nicht, das muß man sich klar machen und auch schon einmal den guten Willen für die gute Tat annehmen. Wenn Jünkeraths Singkreis heute und seit Jahren Kontakte zu anderen Gemeinden pflegt — Boos an der Nahe — und die Chortage des Kirchenkreises regelmäßig besucht, so ist das ein Ergebnis des Miteinander. Jedes musikalisch noch so gute Bemühen des Chorleiters bleibt wirkungslos, wenn es keine Gegenreaktion auslöst.

Zum Geburtstag gibt es natürlich ein Festkonzert in der kleinen Kirche an der Koblenzer Straße. Wer als Gast mitsingt? Das hören Sie sich am besten selbst an. Kommen Sie doch vorbei, im Herbst 1981, den verbindlichen Konzerttermin erfahren Sie aus der Tagespresse und im Aushang der Kirchengemeinde. In Jünkerath freut man sich auf Besuch.