Die erste Mädchenschule im Kreis Daun

Mag es verwundern oder nicht, die Forderung nach getrennter Unterrichtung von Jungen und Mädchen bestand ebenfalls recht früh. Erzbischof Johann Hugo forderte bereits 1678, daß dort, wo viele Kinder die Schule besuchten, man die Knaben von den Mädchen getrennt unterrichten sollte. 1715 verordnete das erzbischöfliche Offizialat, daß »künftig zur Verhütung weiterer Inkonvenienzen und Unordnungen die Mädchlein von den schulbaren Buben separiert und für selbige ein besonders Zimmer und Schulmeisterin ausgesehen werden.«

Gedacht war dabei wohl an größere Städte; durchgeführt wurde der Wunsch aber auch in unserem Kreise — weil der Pastor beschäftigt sein wollte(!) — in dem kleinen Ort Glaadt. Dort eröffnete am 18. August 1691 Pfarrer Matthias Reulandt, der erste Pfarrer in der 1666 errichteten Pfarrei, eine Knabenschule, um in der kleinen Pfarrei genügend Beschäftigung zu haben. Diese Schule befand sich im Pfarrhaus, und er unterrichtete die Jugend in Deutsch und Latein, wofür er als Vergütung 20 Gulden 20 Albus, ein Drittel des Opfers an den Bruderschaftsfesten und einige Wagen Heu erhielt. Er stellte an das Erzbistum Köln, dem Glaadt zugehörig war, den Antrag, auch eine Mädchenschule errichten zu dürfen. Diese Erlaubnis wurde ihm am 30. 11. 1691 erteilt. Für diese Mädchenschule mußte erst ein besonderer Bau am Kirchhof errichtet werden, der gleichzeitig auch eine Wohnung für zwei Nonnen erhielt, die Pfarrer Reulandt im »Schulhalten und Orgelschlagen« zu unterweisen hatte. Die Schwestern hatten aber noch weitere Aufgaben zu erfüllen, so die Kirche in Ordnung halten, dem Pastor die Kirchenwäsche »mit Seif und Steif« machen, wofür sie von der Gemeinde als Entgelt einen Hoppen Heu erhielten, für den Pastor den Rosenkranz vorbeten, die Kranken besuchen und auch den Friedhof sauber und in Ordnung halten. Die Pfarrgemeinde zahlte dafür 4 Gulden 6 Albus (etwa 2,30 DM), 4 Taler für das Orgelschlagen (etwa 10,30 DM) und gewährte freie Weide für eine Kuh, drei Schafe und ein Schwein. An Naturalien erhielten sie vier Wagen Holz und eine jährliche Sackrente von zwei Häusern in Glaadt, was sechs Malter Hafer (etwa 20 Zentner) ausmachte. Von den an der Kirche eingehenden Opfern erhielten die Schwestern für ihre Dienste noch 1 1/2 Malter Spelz (etwa 4,5 Ztr.) 1/2 Malter Korn (etwa 2 Ztr.) und 1 Malter Hafer (etwa 3,5 Ztr.). Die erste Lehrerin war Maria Berg (+ 17.10.1754), der Gertrud Helts und später (1744) eine dritte Nonne beigegeben wurde, so daß 1744 drei fromme Schwestern das St. Ursulahaus bewohnten und dort für Mädchen Schule hielten. Im Stiftungsbrief von 1691 wird weiter gesagt, daß der Pastor die Aufsicht über das Haus habe, jedoch solle er nicht öfter als notwendig vorsprechen; den Schwestern wird streng verboten, Mannspersonen aufzunehmen, sie dürfen in der Pfarrgemeinde keine Köchin oder Patin abgeben, keine verdächtigen Ausgänge tun und sollten in der Öffentlichkeit stets in der Begleitung eines Schulkindes sein. Die Lehrerinnen waren in der Pfarrei Glaadt sehr beliebt. Dies beweisen nicht nur die relativ hohen Zuwendungen für ihre Dienste, sondern auch noch zahlreiche Stiftungen, die in den kommenden Jahren zugunsten der Lehrerinnen getätigt wurden. So vermachte am 1. 10. 1715 Heinrich Caspers den geistlichen Jungfrauen testamentarisch seinen großen und kleinen Zehnt in Glaadt im Wert von 220 Talern (etwa 560 DM), wofür die Schwestern regelmäßig für den Verstorbenen beten sollten. Solange Maria Berg die Leitung des St. Ursulahauses innehatte, gab es keinerlei Klagen in der Führung der Schwestern, in ihrer schulischen Arbeit und in den caritativen Tätigkeiten innerhalb der Pfarrei. Das änderte sich aber, als Schwester Maria älter wurde, eine Gehilfin zugeteilt bekam und dann immer mehr an überzeugender Führungskraft nachließ. Die Haltung des gesamten Hauses ging abwärts, eine Schwester wich vom Pfade der Tugend ab, gab sich der Ausschweifung hin, so daß sie ausgewiesen werden mußte. 1773 wurde die Mädchenschule im St. Ursulahaus offiziell aufgelöst und das Mobiliar für 303 Taler versteigert. Das noch existierende Stammkapital von 523 Talern (etwa 1 350 DM) fiel an die Pfarrkirche, und für 7 Taler (etwa 18 DM) jährlich übernahm dann der Pfarrer Düntzer den Unterricht sämtlicher schulpflichtiger Kinder aus der Pfarrei.

Lehrer mit der Rute als Standessymbol und zwei Schülern. Holzschnitt. Augsburg. 1495

Das Hillesheimer »Heckengymnasium«

13 Gymnasien hatte der Trierer Kurstaat vor 200 Jahren für etwa 250 000 Einwohner. Eins davon existierte in Hillesheim in dem sehr alten Augustinerkloster. 1707 gründete das Kloster eine »Lateinschule«, die sich sehr schnell einen guten Ruf erwarb. Doch wenige Jahrzehnte später drohte das Gymnasium einzugehen. Da griff Erzbischof Johann Philipp von Trier ein und ordnete am 2. 12. 1759 an, das Gymnasium neu zu begründen. Zwölf Patres und vier Laienbrüder richteten fünf Klassen ein, in denen Unterricht in allen Fächern der damaligen Zeit (außer Philosophie) erteilt wurde. Ein Jahr später wurden erneut zwei Klassen eingerichtet. Jedoch herrschten auch in diesem Gymnasium nach unseren heutigen Vorstellungen primitive Verhältnisse: vier Klassen waren in zwei nebeneinanderliegenden Räumen, die nur einen gemeinsamen Ofen hatten, unterrichtet worden. Erst in späteren Jahren wurde der Lehmfußboden mit Steinplatten belegt und neue Bände für die Schüler beschafft. Als um 1790 — die französische Revolution und andere Unruhen machten sich im Eifelland bemerkbar — sich im Lehrerkollegium und unter den Patres große Mißverhältnisse, Spannungen und Streitereien breitmachten, ging die Schülerzahl sehr schnell zurück. (1785: 35 Schüler: 1789: 10 Schüler: 1794: 5 Schüler).

1794 marschierten die Franzosen ein. Das »Heckengymnasium«, wie es scherzhaft genannt wurde (Marx. 3.78) hörte auf zu existieren, und 1802 wurde das Kloster — genau wie alle anderen linksrheinischen Klöster — von den Franzosen aufgehoben. In der kurzen Zeit seines Bestehens wurden dort dennoch viele Priester, allein ca. 20 aus dem kleinen Ort Hillesheim, andere berühmte Männer und mancher Eifeljunge ausgebildet. Hier studierte unter anderen auch der spätere Dauner Pastor Johann Wrangel, der am 30. 9. 1769 von den Hillesheimer Patres ein Fleißzeugnis ausgestellt bekam »für seine mit Cicero vergleichbare Eleganz der lateinischen Rede«. Wrangel wurde später von den Russen, die Daun besetzten, so schwer mißhandelt, daß er 1814 starb.

Ebenfalls im Hillesheimer Gymnasium ausgebildet wurde der Meisburger Anton Servatü, späterer Professor am Trierer Gymnasium. Er schrieb in seinem Testament u. a.:

»Da ich ... für einen Landjungen gut in Katechismus, in der biblischen Geschichte, im Lesen, Schreiben, Rechnen und selbst im Choralgesang etwas bewandert, hatte ich den Muth, im Winter von 1792 auf 1793 in einem Alter von14 Jahren, jedoch von kleinem Körper, die Schule in Steinborn zu halten und zwar mit großer Zufriedenheit des Herrn Pastor Lentz in Seinsfeld und aller Inwohner von Steinborn . . .Am 3. 11. 1793 führte mein Vater mich nach Hillesheim. In diesem Jahre bis zum 11. August 1794 machte ich das Cyrocinium und die Infima ab, denn diese Klassen waren miteinander vereinigt und hatten nur einen und denselben Lehrer. Die Hauptsache war das Auswendiglernen und darin wetteiferte ich gleich mit den Besseren . . . Nur schade, daß die Studien von den Augustiner-Mönchen und besonders in dieser bewegten Zeit schwach betrieben wurden; denn die meisten besaßen wenige literarische Bildung und der Geist der Unruhe und Unzufriedenheit herrschte in vielen Köpfen. Die erste Periode meiner Studien war in mehrerer Hinsicht ein harter Anfang für mich.

Schüchtern von Natur, nicht abgehärtet für eine Nahrung, wie sie nach der dortigen Lebensweise den Studenten in der halben Kost gereicht zu werden pflegte (das Kostgeld war auch gering) kein Fleisch und keine Fleischbrühe essen könnend, mußte ich ... vom Heimwehe ergriffen werden. Ein anderes Unheil, das mir zustieß, war das, weil ich von sehr religiösem sanftem Sinne war und die Herren des Klosters mich deswegen gar gern zum Meßdiener hatten, mir im Jahre 1794/95 die Füße, besonders der linke dergestalt erfroren, daß ich keine ganzen Schuhe und nur mit Mühe Strümpfe tragen konnte und ungeheure Schmerzen litt. . . Wahrlich eine wichtige Lehre für die Jugend, vor Erkältungen der Art sich zu hüten.« (aus Meisburg)

Fortsetzung im JB 1982