Skizzen zur Geschichte von Weinfeld

Ludwig Jung

Wer könnte hier gleichzeitig über Gräber und versunkene Mauern schreiten und sich nicht erinnern wollen an vergangenes Leid — aber auch an Trost und Freude, die die Mauern von Weinfeld sahen. »Der Gleichgültige mag das Studium alles Schönen und Erhabenen aufgeben; für ihn gibt es keine geschichtliche Erinnerung, keine Schönheit, keine Größe. Sein Verstand ist im Dunkeln, sein Herz klebt am Staube!« (J. Balmes, span. Gelehrter).

Der Name Weinfeld tritt mit »Winelde« 1044 zum ersten Mal in die Geschichte ein. Im 14. Jahrh. lautet er »Winefeld«. Möglich ist nach Pfarrer Hannapell (1788-1802 in Schalkenmehren) auch die Bedeutung »geweihtes Feld«. Als Opferstein der Kelten sieht er den »Pilatusfelsen« an. Er glaubt auch, daß die Kirche bis in die Zeit des Kaisers Konstantin hineinreiche (306-337). Jedenfalls ist die Weinfelder Kirche als sogenannte Mutterkirche eine der ältesten in der Heimatlandschaft (erst Weinfeld, dann Daun und dann Mehren). Das zeigt schön ihr Patron, der hl. Martin von Tours ("l ca. 397), der ja auch in Trier wirkte.

Die Weinfelder Kirche war die erste Kirche der Herren von Daun. Sie waren ihre Kollatoren wohl schon von der Altburg aus. Sie bezogen von dort aus auch den Zehnten, später war es Kerpen und Manderscheid. Kollator war derjenige, der in der Kirche, die er oder seine Vorfahren erbauten, bestimmte, wer deren Pfarrer sein sollte und der im übrigen auch die Kirche und das Kirchengut schützte und erhielt.

Weinfelder Maar (Totenmaar), Daun/Eifel um das Jahr 1880 nach einer Originalzeichnung.

Hat Sigumbert I. (?) etwa deshalb die Kirche zu Ehren des hl. Martin erbauen lassen, weil er in der Nähe von Tours, der Bischofsstadt des Heiligen Martin gegen die Mauren gekämpft hat? Und nahm er deshalb auch den Namen »Dunum« an; denn Tours hat in der Zeit der Römer und auch noch später den Namen Caesaro dunum?. Das Alter der Kirche von Weinfeld ist aber auch daran zu erkennen, daß sie auf röm. Grundmauern steht (Grätenmuster). Dieses Fischgrätenmuster wurde 1973 wieder sichtbar als man die Grundmauern mit Belüftungsröhrchen versah. Wir dürfen annehmen, daß die Kirche schon ein römisches Heiligtum war.

1842 fand man in einem gewölbten Raum bei der Kirche ein unfertig geschmiedetes Schwert, eine Statuette, eine Schelle, das Hörn eines Tieres und eine Urne mit 30 röm. Münzen von Diokletian, Tetricus, Crispina, Victorinus, Maximilian und anderen.

Die Statuette aus Bronze stellt den römischen Gott Merkus dar (Barsch). Ferner wurden eine römische Wasserleitung und weitere röm. Münzen gefunden. Auf einem kleinen Hügel in Richtung Mehren steht das sogenannte Mehre-ner Bildchen (ein Heiligenhäuschen). Es steht auf römischem Grund. Seine Umgebung heißt Wittumshof. Neuestens weiß man auch, daß die Missionare des Frühmittelalters ihren neugebauten Kirchen die Namen ihrer vorbildlichen Vorgänger, Apostel usw. gaben, hier in der Eifel, besonders auch den des hl. Martin. (In der Diözese Trier gab es 70 Martinskirchen.) Alle diese alten Martinskirchen gehen meist bis auf die Zeit Karls des Großen und weiter zurück. Die ersten Missionare für unsere Heimat dürften aus Echternach gekommen sein.

Die Chronik sagt uns, daß schon um 1 200 die Bewohner des Dorfes Weinfeld mit denen von Daun, Mehren und Schalkenmehren nach Springiersbach pilgerten.

Zur Pfarrei Weinfeld gehörten im 15. Jahrhundert Mehren, Schalkenmehren, die Altburg, Saxler, Udler und drei Häuser von Gemünden links der Lieser. In Gemünden wurde 1716 eine Kapelle erbaut. Weinfeld hatte sich dort scheinbar Rechte angemaßt. Deshalb besuchten die Visitatoren Gemünden; denn auch Steinborn beanspruchte in Gemünden Rechte. Gemündens Bewohner aber waren für Weinfeld, wo sie auch begraben sein wollten.

Anfang des 14. Jahrhunderts finden wir im über valoris der Diözese Köln (1316) die Pfarrei »Winevelt«, 1562 verläßt der Pfarrer das durch »Pest und Feuer fast ganz verlassene und zerstörte Dorf als erster und zieht nach Schalkenmehren.« Bis 1821 nannten sich trotzdem alle Pfarrer in Schalkenmehren: Pfarrer in Weinfeld. 1727 wurde das Allerheiligste nach Schalkenmehren übertragen und nur an Festtagen in Weinfeld Gottesdienst gehalten (Ostern, Pfingsten, Allerheiligen, Allerseelen und am St.-Martinstag, dem Patronatsfest).

1850 wurde noch jeden Mittag geläutet. 1782 wurde noch an Ostern und Pfingsten das Hochamt gehalten. (D. A. Trier, Akten Schalkenmehren und Kanton Daun; Eismann 35). 1803 wurde Schalkenmehren zur Pfarrei erhoben. 1825 wurde in Weinfeld die letzte hl. Messe gelesen. 1827 wurde dann die Kirche für jeden Gottesdienst wegen ihrer Baufälligkeit gesperrt, zumal in Schalkenmehren eine neue Pfarrkirche gebaut worden war. Eine Ansicht der baufälligen Weinfelder Kapelle aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ist uns in der Leipziger Illustrierten Zeitung vom 18. April 1868 erhalten.

1874 kam der Kapelle in Pfarrer und Kreisschulinspektor Konter der Retter. Mit seinem energischen Unternehmungsgeist und mit der Hilfe gutherziger Leute, besonders aus Daun, sowie Renovierungsbeiträgen des Staates (1880 und 1885) konnte die Kapelle bis zur Wiedereinweihung am 7. 9. 1889 wiederhergestellt werden. Auch Pfarrer Schäfer und Dechant Thomas förderten die vielen Renovierungsarbeiten. Weitere Renovierungen fanden statt 1923, 1951 und 1975.

1978 wurde der Kapeile ein neuer Außenanstrich verliehen. An der Maarseite wurde außen ein schöner Kreuzweg aus Bronze angebracht. Auf dem Friedhof wurde dem Eingang der Kapelle gegenüber nach dem 2. Weltkrieg eingroßes Friedhofskreuz aus Rotsandstein aufgestellt, das gleichzeitig dem Andenken der Gefallenen gewidmet ist (Bildhauer Scherl, Wittlich). Der Friedhof dient auch heute noch als Begräbnisstätte der Pfarrei Schalkenmehren.

Das Innere der Kapelle wurde leider durch Diebsgesindel ausgeraubt, selbst das Reliefbild des Hauptaltars (Magdalena vor Christus, dem Gärtner am Ostermorgen) wurde aus dem Rahmen entfernt. Im übrigen waren es besonders die Pestheiligen St. Rochus u. St. Sebastianus und vor allem das Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter mit den 7 Schwertern, das seit dem 18. Jahrhundert in Weinfeld verehrt wird. In einem Antiquariat am Niederrhein wurde sie indessen wiederentdeckt und in Schalkenmehren vor Dieben sicher untergebracht.

1774 waren in Weinfeld zwei Glocken. Die ältere (1432) wurde 1830 nach Schalkenmehren gegeben. Sie wurde 1871 umgeschmolzen. Kaiser Wilhelm l. schenkte nach dem Kriege 1870/71 15 Zentner Bronze von einer eroberten Kanone, so daß 1872 drei neue Glocken für Weinfeld und Schalkenmehren gegossen werden konnten. 1917 kamen dieselben jedoch wieder zur Ablieferung für Kanonen des 1. Weltkrieges. 1931 stiftete Glockengießer August Mark in Brockscheid für Weinfeld eine neue Glocke und Jakob Rauen aus Schalkenmehren 1946 eine zweite.