Ein langer Weg

Der erste Kranken-Transport-Kraftwagen im Kreise Daun

Helmut Klassmann

Mitte des Jahres 1913 begann im. Kreise Daun die Diskussion über die Beschaffung eines Kranken-Transport-Kraftwagens zum Preis von 12000 Mark. Für den Ankauf wurde ein Zuschuß beantragt, der jedoch abgelehnt wurde, da für den Kreis Daun ein mit Pferden zu bespannender Krankentransportwagen zum Preis von etwa 3 600 Mark ausreichend sei. Die Anschaffung des Krankenwagens sollte hauptsächlich für die Typhusbekämpfung erfolgen. Zur damaligen Zeit war die finanzielle Lage des Kreises sehr schlecht. In einem Schreiben des »Königlichen Landrats« vom 18. 5. 1914 heißt es: »Die Schulden des Kreises, welche im wesentlichen aus den Zuschüssen zu den Bahnbauten und der Beschaffung ausreichender Diensträume herrühren, belaufen sich auf 205 600 Mark. Der Kreis erhebt 40 Prozent Zuschläge auf sämtliche Staatssteuern, wodurch eine Einnahme von 57 030 Mark erzielt wird, von welcher 17 000 Mark als Provinzialumlage und 14200 Mark für Armenlasten abzuführen sind.«

Nach rund eineinhalbjährigen Verhandlungen und einem ausgiebigen Schriftverkehr konnte ein mit Pferden zu bespannender Krankentransportwagen in Landauer Form der Type K 1-4 zum Preis von 2 700 Mark bestellt werden. Trotz umfangreicher Bemühungen gewährte das Reich zunächst nur einen Zuschuß von 600 Mark aus dem für leistungsschwache Gemeinden zur Verfügung stehenden Typhusbekämpfungsfonds. Später wurde ausnahmsweise eine weitere Beihilfe von 600 Mark bereitgestellt. Die Auslieferung des Krankentransportwagens konnte erst im Spätsommer 1915 erfolgen.

Jedoch war damit der ursprüngliche Wunsch nach einem »Auto« noch lange nicht erfüllt. Dies führte in der Folgezeit dazu, daß viele Krankentransporte, vor allem von Schwerkranken, mit einem normalen Auto durchgeführt wurden. Erst im Jahre 1930 ging schließlich der seit 1913 ersehnte Wunsch in Erfüllung, und es konnte ein Kranken-Transport-Kraftwagen angeschafft werden. Ein früherer Zeitpunkt war wegen des Ersten Weltkrieges, der Weltwirtschaftskrise und der schlechten Finanzlage des Kreises Daun nicht möglich.

Anfänglich machte offensichtlich auch die Alarmierung des Krankenwagens Schwierigkeiten. Hier ein Beispiel: Dr. Hoffmann aus Hillesheim benötigte an einem Sonntag für einen dringenden Transport den Krankenwagen. Der war jedoch nicht zu erreichen. Aufgrund einer Beschwerde wurden Nachforschungen angestellt, die zu folgendem Ergebnis kamen: »Der betreffende Anruf erfolgte am Sonntag, 21. 2. 1932, zwischen 16 und 17 Uhr. Aus Anlaß eines Todesfalles war der Krankenwagenfahrer beurlaubt und der Vertreter während der angegebenen Zeit zu einem Vortrag nach Strotzbüsch, so daß, was normalerweise wohl niemals vorkommen wird, die No. 254 unbesetzt war. Herr Salzer ging an dem betreffenden Tage für einige Stunden in den Ort, so daß auch die No. 342 sich nicht melden konnte. Nur die Nr. 341 gab Antwort, und da auch Herr Landrat an dem genannten Tage verreist war, hat das zurückgebliebene Personal das Gespräch angenommen. Im Verlauf desselben wurde aber so ungeschickt verfahren, daß man noch nicht einmal wußte, woher das Gespräch kam und wer den Wagen beantragt hatte. Infolge Unkenntnis in der Bedienung des Apparates war auch keine weitere Stelle zu erreichen und wurde die Angelegenheit nach Beendigung des Gespräches nicht weiter verfolgt.«

Die Benutzungsgebühren der Krankenwagen lagen für die damaligen Verhältnisse mit 0,40 Mark je Kilometer sehr hoch. Bundesbahn und private Autobesitzer fuhren zu wesentlich günstigeren Preisen. Dadurch kam es vor, daß trotz des großen Erfolges, einen Kranken-Transport-Kraftwagen zu besitzen, Schwerkranke immer noch durch andere Transportmöglichkeiten in die Krankenhäuser gebracht wurden.

Der geschilderte Sachverhalt für die Anschaffung eines Krankenwagens ist sicherlich ein Einzelfall und beweist, daß langwierige Verhandlungen, die mehrere Jahre in Anspruch nehmen, keine ausschließliche Erscheinung unserer heutigen Zeit sind.