»Tuchhannes« auf der Dorfbühne

Die Mordnacht in der Sprinker Mühle 1796 in Mückeln dargestellt

Anton Sartoris

Die politischen Wirren und die wirtschaftliche Not Ende des 18. Jahrhunderts, gepaart mit dem mehr oder minder starken Druck der geistlichen und weltlichen Obrigkeit auf die Bevölkerung, stellten die Staatsautorität in Frage und ließen weitgehend herrschende Moral und gesellschaftliche Ordnung in den Abgrund gleiten. Dieser Abgrund bildete den Nährboden der Gewalt, auf dem die schlechten Charaktereigenschaften krimineller Elemente vorzüglich gediehen. Dem lichtscheuen Gesindel waren die Zügel gelockert, und die üblen Auswirkungen ihres unseligen Handelns und ihrer niederträchtigen Taten lasteten schwer auf der um ihre Existenz ringenden Bevölkerung.

Die im Alfbachtal gelegene Sprinker Mühle, ca. eine halbe Stunde von Mückeln und ca. eine Stunde von Strohn entfernt, war damals Eigentum des adligen Stiftes Springiersbach und dem Müller Krones, einem gottesfürchtigen und aufrechten Manne, in Erbpacht gegeben. Erbetrieb außer seiner Mühle einen Fruchthandel an der Mosel, an dem auch Johann Schiffmann aus Reil, genannt »Tuchhannes«, interessiert und teilweise beteiligt war. Im Gegensatz zu Krones zählte er zu den obengenannten kriminellen Elementen. Er und Hans-Bast Nikolay aus Krinkhof bei Hontheim am Kondelwald, waren die wohlgetarnten Drahtzieher der »Moselbande«, die um den sogenannten »Reiler Hals« ihr Unwesen trieb. Jene Verbrecher brachten heilloses Elend über große Teile der Bevölkerung. Am späten Abend des 23. August 1796 schlug die unselige Stunde für Müller Krones und seine Familie. In dieser Nacht hielt der Tod reiche Ernte in der Sprinker Mühle, heraufbeschworen durch Tuchhannes und seine Gesellen: Sie ermordeten den Müller Johann Krones, seine Frau, einen Sohn und eine Tochter. Diese dramatische Begebenheit bot Stoff für ein Theaterstück der Laienspielgruppe Mückeln, der vom Leiter der Gruppe, Günther Steffes, hervorragend bearbeitet wurde. Das grauenvolle Geschehen bühnenreif zu formen, war keine leichte Aufgabe. Doch dem Autor gelang, sich streng an Zeugenberichte aus amtlichen Urkunden haltend, eine stilistisch ausgefeilte Abhandlung. Bei der älteren Generation der hiesigen Gegend ist das grausame Geschehen in der Sprinker Mühle noch durch mündliche Überlieferung bekannt und daher die Gestaltung zum »Theaterstück« für sie besonders interessant. Die Uraufführung fand am 14. März 1981 vor geladenen Gästen im überfüllten Gemeindesaal von Munkeln statt. Gespannte Erwartungen fesselten die Zuschauer. Sie wurden nicht enttäuscht und waren tief beeindruckt von der ausgezeichneten, fast professionellen Darstellung des historischen Geschehens auf der Bühne. Sie bot den Blick in eine rustikal ausgestattete Bauernstube der damaligen Zeit. Man vernahm das Rauschen des Wassers über's knarrende Mühlrad. Fahle Beleuchtungseffekte und gedämpfte musikalische Untermalung ließen die Handlung miterleben. Alle Mitwirkenden steigerten sich in ihren schwierigen Rollen zu einer schauspielerischen Leistung, die allgemeine Anerkennung herausforderte und der gepflegten Laienspielkunst in Munkeln seit Jahren Ehre macht.

Die wichtige Szene im 3. Aufzug, als Müller Krones (rechts in abweisender Gebärde) und »Tuchhannes« (links) zu Todfeinden werden.

Das Bild zeigt die Not und Bedrängnis, in die Krones nach dem Steit mit Tuchhannes auf dem Manderscheider Markt geraten war. Dies war zwei Tage vor der Mordnacht.

Szenenbild vom Drama der Mordnacht in der Sprinker Mühle:» Tuchhannes« bedroht die Familie.

 Autor Günther Steffes hatte die Rolle des »Tuchhannes« selbst übernommen und sein Bruder Herbert die Hauptrolle des Müllers Johann Kranes. Als »Friedensrichter von Manderscheid« führte Manfred Sänger in das Geschehen ein und gab am Schluß der Aufführung über das Schicksal der »Moselbande«, ihre Verhaftung, Aburteilung und Hinrichtung auf dem Clemensplatz in Koblenz einen eingehenden Bericht. Die insgesamt fünfzehn Mitwirkenden erhielten reichen, wohlverdienten Beifall. Die Aufführung des Stückes fand eine derart große Resonanz, daß dasselbe noch sechsmal wiederholt werden mußte, stets bei vollbesetztem Hause. Aus nah und fern kamen die Besucher, insbesondere aus den Nachbarkreisen Cochem und Wittlich, ja aus Trier, Koblenz, Köln und dem westfälischen Raum.

Sinnsprüche

Nehmen füllt die Hände, geben füllt das Herz.

Margarete Seemann 1893 -1949

 

Nicht durch Zertrümmern, sondern durch Versöhnen

wird die Welt verbunden.

Karl Barth 1886-1968

 

Das muß ein Esel sein, der mit fünfzig Jahren

noch dieselben Anschauungen hat wie vor

zwanzig Jahren.

Otto von Bismarck 1815-1898

 

Der Worte Krönung ist die Tat.