Der Bettinger Graben

Ein geologisch wichtiges Gebiet im Kreise Daun Dr. Helmut Weiler

Die Landschaft zwischen den Ortschaften Birgel und Bewingen im Süden, Scheuern und Lenerath im Westen, Wiesbaum und Lammersdorf im Osten wird einmal bestimmt durch den in vielen Aufschlüssen und sogar Bergkuppen sichtbaren Buntsandstein, einem teils hellroten, teils dunkelroten Sandstein, der früher als Baustein häufig verwendet wurde.

Zum ändern wird auch der Buntsandstein häufig von Vulkanbauten überragt. Die Vulkane sind erst in geologisch jüngster Zeit ausgebrochen. Dieses Gebiet, das in die Fachliteratur mit dem Namen »Bettinger Graben« eingegangen ist, hatte schon immer das Interesse der Geologen erweckt. Einmal, weil es das Bindeglied zwischen dem bekannten Buntsandsteinvorkommen von Mechernich im Norden und dem großen Trias-Becken von Bitburg im Süden, darstellt. Der Bettinger Graben ist somit ein wesentlicher Teil der »Eifel-Nord-Süd-Zone«. Zum anderen war die in diesem Gebiet besonders ausgeprägte Vulkantätigkeit — ein Blick auf die Skizze der geologischen Karte zeigt die Häufung — Anlaß zu vielen Untersuchungen. Denn diese Vulkane zeigen direkt an, daß hier eine Unruhezone vorliegt, die mit tiefreichenden Störungen dem Magma einen leichten Aufstiegsweg anbot.

Abb. 1 vereinfachte geologische Übersichtskarte des Bettinger Grabens

Besonders interessant wurde der Bettinger Graben in den vergangenen Jahren, nachdem man im Buntsandstein der Bitburger Trias-Mulde große Grundwassermengen durch Bohrungen nachgewiesen hatte, deren Nutzung inzwischen begonnen wurde.

Aus einigen früheren Bohrungen, z. B. bei Basberg, wußte man, daß auch dieser Buntsandstein Grundwasser führt. Wieviel steckt aber im ganzen Gebiet, wieviel ist nutzbar, ohne die natürlichen Grundwasserverhältnisse allzusehr zu beeinflussen? Dies konnte erst mit Tiefbohrungen geklärt werden. Dazu wurden in den Jahren 1975/76 und 1978 eine ganze Reihe, insgesamt 14, Bohrungen niedergebracht. Die hydrogeologischen Ergebnisse waren erfreulich. Nach Abwägung aller Faktoren für eine wasserwirtschaftliche Gesamtbilanz des Grundwasserhaushaltes kann man heute sagen, daß im Räume des Bettinger Grabens eine Menge von 10 -15 000 cbm/d aus Tiefbrunnen zur Verfügung stehen, zusätzlich zu der schon jetzt ständigen Entnahme von 3 800 - 5 700 cbm/d.

Dies soll jedoch nicht der Hauptgegenstand dieses Aufsatzes sein. Vielmehr soll berichtet werden von den geologischen Ergebnissen der Bohrungen, die in der Tat für dieses Gebiet neue Erkenntnisse erbrachten. Erkenntnisse über die Schichtabfolge, vor allem aber über den tektonischen Bau.

Man wird vielleicht fragen, was man aus dem wenigen Material, das aus einem nur ca. 20 cm 0 großen Bohrloch zutage gefördert wird, erkennen kann, zumal das Gestein vom Bohrmeißel zertrümmert und mit Wasser vermischt zutage gepumpt wird. Nach eingehender Untersuchung dieses Bohrgutes im Labor, z. T. unter starker Vergrößerung, und nach einem Vergleich mit Proben aus anstehendem Gestein, z. B. in benachbarten Steinbrüchen, lassen sich die verschiedenen Gesteine jedoch genau beschreiben, so daß die Abfolge der Schichten in jedem Bohrloch genau erfaßt werden kann. Dies ist wiederum Voraussetzung für die Klärung des tektonischen Baus dieses Gebietes. Den wiederum muß man kennen, wenn man gezielt das Grundwasser erschließen will und wenn man die Grundwasserfließwege kennenlernen will, — eine Voraussetzung für den Schutz des Grundwassers.

Beim Blick auf die geologische Karte, (Abb. 1) die entstanden ist durch Aufnahme von Proben an der Oberfläche, sind diese neuen Erkenntnisse über den inneren Aufbau des Untergrundes nicht sichtbar. Dazu muß man mit Querschnittskonstruktionen versuchen, mehr in die Tiefe zu gehen. Ein solches Profil durch den Bettinger Graben ist in Abb. 2 dargestellt. Der Verlauf etwa von Nord nach Süd ist in der geologischen Karte eingetragen. (Da möglichst viele Tiefbohrungen berücksichtigt werden sollten, ergibt sich der mehrfach geknickte Verlauf des Profils.). Folgendes kann man erkennen:

1. Der Buntsandstein des Bettinger Grabens ist muldenförmig eingesenkt. Wahrscheinlich ist die muldenförmige Verbindung nicht ohne zahlreiche Brüche, ohne tektonische Störungen abgelaufen. Diese Brüche sind hier aber nicht dargestellt.

2. Die Buntsandstein-Mulde wird im Norden und im Süden von je einer Kalkmulde begrenzt: im Norden von der Dollendorfer Mulde, im Süden durch die Gerolsteiner Mulde. Die Kalke und Dolomite mitteldevonischen Alters dieser Mulden stehen zutage an. Durch Bohrungen im Zentrum des Bettinger Grabens ist nun eine weitere mitteldevonische Kalk-Dolomit-Mulde unter dem Buntsandstein nachgewiesen worden. Diese war schon lange vermutet worden als Verbindung zwischen der Prümer- und der Nohn-Hillesheimer-Mulde(s. geol. Karte). Auffallend ist aber, daß diese Mulde wesentlich tiefer liegt, um rund 100 m, als die beiden anderen Mulden. Es liegt hier also eine besonders tiefe Absenkung vor in einer tektonisch beonders aktiven Zone, an der solche Bewegungen stattfinden konnten. Da verwundert es auch nicht, daß eine Vielzahl von Vulkanen aufgebrochen ist, deren Auswürflinge schon immer bekannt waren. Neu ist aber der überraschende Fund eines Vulkanschlotes, ca. 1 km NE der Ortschaft Kalenborn. Durch die Versuchsbohrung 3 (s. Querprofil) wurden statt des erwarteten Buntsandsteins fast nur vulkanische Tuffe, vermischt mit Buntsandstein und Dolomit, zutage gefördert: Die Bohrung war mitten in die Füllung eines Vulkanschlotes, vielleicht sogar eines kleinen Maares geraten.

Eine weitere Überraschung brachte die Versuchsbohrung 1 westlich des Roßbüsches: In früheren Karten war im Zentrum des Bettinger Grabens schon ein kleiner Fleck Muschelkalk als jüngstes Sediment dargestellt worden. Man kannte den untersten Teil des Muschelkalkes, den sogenannten Muschelsandstein, nur von Lesesteinen auf dem Akker und von Auswürflingen des Roßbüsch-Vulkanes. Jüngst hat Fuchs (1980) die fossile Fauna des Muschelsandsteins beschrieben, die er in den Tuffen am Roßbüsch gefunden hat. Deuten diese Funde schon auf eine etwas weitere Verbreitung des Muschelkalkes hin, als früher angenommen, so wird diese Annahme bestätigt durch die Versuchsbohrung 1: Dort wurde der Muschelsandstein, ein stark toniger, hellgrüngrauer weicher Sandstein, in einer Mächtigkeit von 31 m erbohrt. Daß diese im Bettinger Graben, wie überhaupt im nördlichen Teil der Eifel, jüngsten Sedimente noch erhalten sind, beruht eben auch darauf, daß wir hier eine besonders tiefe Absenkung vorliegen haben, die dieses Gestein vor der Erosion bislang geschützt hat.

Wenn wir zusammenfassend die Ergebnisse in den Aufschlußbohrungen betrachten, sehen wir, daß neben den praktisch verwertbaren Ergebnissen des quantitativen und qualitativen Grundwassernachweises auch eine Reihe von zunächst nur wissenschaftlich interessanten Ergebnissen erzielt wurde. Die Auswertung dieser Ergebnisse ist aber von nicht geringer Bedeutung: Nur eine Überlegung sei hierfür angeführt. Mit dem Nachweis des tief abgesenkten Verbindungsstückes zwischen der Prümer- und der Nohn-Hilles-heimer-Mulde ergeben sich für die Grundwassersuche völlig neue Vorstellungen. Denn unerwartet ist hier unter dem Buntsandsteinaquifer noch ein weiteres, wohl recht bedeutendes Grundwasser-Reservoir nachgewiesen worden, das bisher nur z. T. erschlossen ist, das aber in die gesamte Grundwasserbilanzrechnung sowohl der Prümer- wie auch der Nohn-Hillesheimer-Mulde mit einbezogen werden muß. Hier liegen noch Aufgaben vor uns.

Literatur: Fuchs, G., (1980): Fossilführender mariner Muschelkalk im Oberbettinger Trias-Gebiet (Westei-fel). Neues Jahrb. Geol. Paläont. Mh. H. 11, S. 651 -672, 4 Abb., Stuttgart.

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