Dynamische Vulkaneifel:

Der Landkreis Daun — Lebensraum mit Zukunft

Landrat Karl-Adolf Orth

Von der Zukunft zu sprechen und auf das Jahr 2000 als magische Jahreszahl zu blicken, ist modern geworden. Haben wir so wenig Hoffnung, daß wir uns wie der Pfeifer im finsteren Walde selbst Mut machen oder vertrauen wir auf unsere Kräfte, auf die Kräfte der rd. 60 000 Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserem Kreise, daß wir sagen können: Landkreis Daun — Lebensraum mit Zukunft!

Nun, ich meine, wir dürfen aus vielen Gründen Mut für die Zukunft aufbringen. Die Bedeutung und Anziehungskraft des ländlich geprägten Raumes nimmt gegenüber den großen Verdichtungsräumen und Ballungszentren zu. Der Mensch zieht überschaubare Gegenden in gesundem Klima und individuellen Wohnmöglichkeiten vor. Unsere Gemeinden, Verbandsgemeinden und der Kreis sind im letzten Jahrzehnt aus den sogenannten Gebietsreformen verwaltungsmäßig gestärkt hervorgegangen, haben aber ihre Prägung in der Siedlungsstruktur nicht verloren. Zu der überall kräftiger gewordenen Gestalt ist eine überzeugende Entwicklung der Infrastruktur gekommen. Sie hat sich bei uns einen bürgernahen Zuschnitt bewahrt.

Knapp 20 Jahre trennen uns vom Jahr 2000. Das ist solange wie von 1962 bis heute. Damals galt es, noch gewisse Rückstände zu überwinden. Überall wurde mit Reformen begonnen, zusammengeschlossen, vergrößert. Bei der Landwirtschaft indes hieß es »gesundschrumpfen«. 1961 betrug der Anteil der in der Land- und Forstwirtschaft Beschäftigten noch 44,4 %. Ein Jahrzehnt später, 1973, hieß es in einer Veröffentlichung des damaligen Landrats »Daun — ein Landkreis im Aufwind«. In diesem Jahrzehnt hat sich die Anzahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten von 12000 auf 5800 Personen verringert. Die Ausführungen schließen: »So glauben wir, daß auch künftig gemeinsamer Unternehmergeist und Tatkraft von Bürgern und der Verwaltung unseren Kreis Daun so gestalten werden, daß wir zuversichtlich in eine lebenswerte, menschenwürdige Zukunft schauen können.«

Ich habe mich gefragt, ob ich zu Anfang der 80er Jahre mit ebensolchen zielsetzenden Worten vor die Leserinnen und Leser des Heimatjahrbuches 1982 treten kann. Wahrscheinlich wird unser Leben in den nächsten Jahren nicht mehr in den wirtschaftlich sorglosen Bahnen verlaufen, wie wir es viele Jahre lang gewöhnt sind. Doch von Resignation kann in unserem Kreis keine Rede sein. Kreistag, Kreisausschuß und Kreisverwaltung haben sich auf eine neue Lage und neue Notwendigkeiten eingestellt. Auch die Verbandsgemeinden und Gemeinden ziehen mit. Wir besinnen uns gemeinsam mehr als bisher auf die eigenen Kräfte. In den nächsten Jahren werden wir an der Verbesserung unserer Infrastruktur arbeiten und werden die Aufgaben im sozialen und kulturellen, besonders im Bildungsbereich zielstrebig verfolgen. Landrat und Kreistag werden neue Schwerpunkte setzen. Unter den erschwerenden Umständen muß klar sein, was der Kreis soll, was er kann und was dem Einzelnen und den Gruppen überlassen bleiben muß.

Landrat Orth (rechts) bei der Ehrung der Sportler des Landkreises Daun mit Hermann-Josef Annen , aus Daun, der im Hürdenlauf neuen Rheinland-Pfalz-Jugendrekord erzielte.

Die Erfolge der letzten Jahrzehnte waren natürlich nur durch einen enormen Mitteleinsatz möglich. Damit Sie sich ein Bild über die Verschuldung des Kreises machen können, darf ich mit einer Zahl aufwarten. Die Verschuldung des Landkreises Daun betrug am 31.12.1980 rund 34,5 Mio. DM oder rund 620 DM je Kreiseinwohner. Zwar stehen wir damit im Lande Rheinland-Pfalz an erster Stelle, diese finanziellen Belastungen aber sind der Preis enormer Aufbauleistungen in der gesamten Nachkriegsepoche. Wir müssen dabei an die großen Anstrengungen der vergangenen Jahre auf dem Schulsektor, im Straßenbau, bei der Fremdenverkehrsund Wirtschaftsförderung und der Altenpflege denken.

Wenden wir uns den tragenden Säulen der Wirtschaft unseres Kreises zu, so hat die Landwirtschaft auch im nächsten Jahrzehnt eine entscheidende Schlüsselposition. Hierunter fällt auch die Problematik der Erhaltung unserer Dörfer sowie des Natur- und Landschaftschutzes. Schlagworte wie Ökologie statt Ökonomie sind auch bei uns populär. Ich gebe zu, daß zwi-sehen der modernen, hochtechnisierten und dem Kostendruck sowie der Rationalisierung unterworfenen Wirtschaft und dem Naturschutz da und dort Interessenkonflikte bestehen. Doch diese haben wir im Landkreis Daun bisher durch vernünftiges, verantwortungsbewußtes Handeln im Interesse der Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen ausräumen können. Wir benötigen eine leistungsfähige Landwirtschaft, die auf den Einsatz der Technik nicht verzichten kann. Dazu müssen wir den Verfechtern des absoluten Umweltschutzes sagen, daß eine Rückkehr zur Landwirtschaft unserer Großväter die Menschheit der Not und dem Hunger ausliefern würde. Wir freuen uns, daß unsere abwechslungsreiche Vulkanlandschaft dank einer intensiven Landbewirtschaftung und Viehzucht intakt geblieben ist. Sie bürgt mit für die aufwärts strebende Entwicklung im Bereich des Fremdenverkehrs. Den Bauern und Landwirten gilt mein Dank, daß sie durchhalten und sich darum mühen, eine unserem Höhengebiet angepaßte Landwirtschaft zu betreiben, die unsere Landschaft schützt und die in überschaubaren Einheiten unternehmerisches Handeln ermöglicht.

Nun haben unsere Dörfer sich von den Arbeitsstätten der Bauern vielfach zu Wohnorten für die in den zentralen Orten arbeitenden Bürger entwickelt. Wir wollen darauf achten, daß sich diese Dörfer den dörflich-ländlichen Charakter bewahren. Wir müssen uns deshalb vordringlich für die Erhaltung und Entwicklung unserer Dörfer einsetzen, damit sie lebenswert und in der Lage sind, die verschiedenen Funktionen wie Wohnen, Landwirtschaft, örtliches Gewerbe und Fremdenverkehr gleichzeitig anzubieten. Das Dorferneuerungsprogramm in den sieben anerkannten Gemeinden im Kreis Daun hat hier Beispiele gesetzt.

Wenn wir auch bewußt der erhaltungswürdigen Bausubstanz in den Dörfern Vorrang geben, muß doch in unserem großflächigen Gebiet dem Straßenbau eine gewisse Priorität eingeräumt werden. Leistungsfähige Verkehrsverbindungen sind für die Entwicklung der Wirtschaft und für den Fremdenverkehr von entscheidender Bedeutung. Die unumgänglich notwendigen Straßenneu- und Ausbaumaßnahmen müssen in diesem Jahrzehnt zur Ausführung gelangen. Dabei sind noch stärker der Landschaftsschutz und die Denkmalpflege zu berücksichtigen. Der Unterhaltung von Straßen mit kleineren Verbesserungsmaßnahmen wird bei den leerer werdenden Kassen eine grundlegende Bedeutung zuzumessen sein. Man kann über Straßenbau im Kreis Daun nicht reden, ohne an die A1, das ist die Autobahn vom Autobahndreieck Mehren über Darscheid, Rengen, Nohn nach Tondorf zum Anschluß an das Rhein-Ruhr-Gebiet zu denken. Die A 1 ist für unseren Kreis lebenswichtig.

Für die Vergangenheit konnten wir im Kreis Daun eine zufriedenstellende Entwicklung auf dem wirtschaftlichen Sektor feststellen. Das galt besonders für die wichtigen Bereiche Industrie und Fremdenverkehr. Aber auch bei Handel und Handwerk, die eine hohe Zahl an Ausbildungsplätzen anbieten, verlief die Entwicklung positiv. Für die 80er Jahre werden wir derartig positive Entwicklungen im industriellen und gewerblichen Bereich und auf dem Fremdenverkehrssektor sicher nicht erwarten können. Wir müssen dafür sorgen, das Erreichte zu bewahren, zu festigen und eine maßvolle Fortentwicklung zu ermöglichen.

Nach fast allen wirtschaftlichen Prognosen sind die Zeiten großer Wachstumsraten vorbei. Auch unser Land hat zunehmend mit großen Problemen zu kämpfen. Weitere Sorgen machen uns die steigenden Arbeitslosenzahlen und die drückenden Fragen der Energieversorgung. An uns alle ergeht die Aufforderung, das Anspruchsdenken, d. h. immer weniger zu arbeiten und mehr zu verdienen, abzubauen und den Leistungswillen und die Freude an der Arbeit wieder zu wecken. »Die Bereitschaft zur Fortbildung ist auf Dauer die wichtigste Stütze unseres Gesellschaftssystems«, so sagte der Kultusminister, Frau Dr. Laurien. Fort- und Weiterbildung müssen den Ansprüchen des technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels entsprechen. Im Kreis Daun hat man der schulischen und beruflichen Bildung in den letzten Jahrzehnten einen hohen Stellenwert eingeräumt. Man kannte die Nachteile des Bildungsgefälles aus eigenem Erleben. Der Landkreis ist heute flächendeckend schulisch gut versorgt. Wir bemühen uns darum, auch bei sinkenden Schülerzahlen den Bestand der Schulen im Landkreis zu sichern. Den Berufsbildenden Schulen im Kreis gilt unsere besondere Sorge. Wir bejahen die Ausbildung im dualen System und freuen uns über die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen Schule, Handwerkerschaft und Industrie.

Der Kreis Daun als Lebensraum mit Zukunft ist also ein reales Ziel und kein Wunschtraum. Doch wir müssen uns beständig bemühen, keine Distanz zwischen Amtsträgern und Bürgern aufkommen zu lassen. Ich will von mir aus den Kontakt zum Bürger immer wieder neu aufnehmen und ich bin zuversichtlich, daß bei allem geistigen und gesellschaftlichen Wandel eine Substanz lebendig bleibt, die uns die Kraft gibt, die vielfachen Probleme auch in der Zukunft zu lösen.