Die Honigbiene: Wohltäterin der Menschen

Bienenzucht als Regulator des Haushalts der Natur

Peter Horsch

Wenn Blumen und Blüten aller Art unserer Gebirgslandschaft ein farbenprächtiges Bild verleihen, wissen nur verhältnismäßig wenige Menschen, daß wir diesen herrlichen Anblick wesentlich der Honigbiene zu verdanken haben. Der besinnliche Beobachter erfreut sich, wenn sie emsig von Blüte zu Blüte fliegt, weiß aber meist wenig von ihrer Sendung, die sie im Haushalt der Natur zu erfüllen hat. Zu allen Zeiten gab es Menschen, die das geheimnisvolle Bienenleben zu ergründen suchten.

Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts erkannte als erster der Spandauer Rektor Chr. Konrad Sprengel die Bedeutung der Bienen für die Blütenbefruchtung. Er erkannte, daß blühendes Leben überwiegend von der Biene abhängig ist, und daß Landwirtschaft und Obstbau ohne die Bestäubungstätigkeit der Bienen nicht bestehen können. In Erkenntnis des Maßes der Abhängigkeit des Menschen von diesen Wunderinsekten erklärte Sprengel der damaligen Regierung: »Wenn es nicht Menschen gibt, die sich der Pflege dieses Insektes widmen, ist der Staat gezwungen, ein stehendes Heer von Bienen zu halten, um die Ernährung des Volkes zu sichern«.

 

Diese Erkenntnisse lösten bei den damaligen Fachexperten heftigen Streit aus, der sich sehr zum Nachteil des Forschers auswirkte. Seine Erkenntnisse wurden verlacht, so daß er, nachdem man ihm seinen Posten als Schulrektor genommen hatte, verbittert und vereinsamt starb. Heutige Wissenschaftler sagen, daß ein Volk eher auf Technik verzichten kann als auf die Bienen.

Vom Nutzen der Befruchtungstätigkeit

Die heimische Flora hat 19 % Windblütler. Alle übrigen Pflanzen sind auf Insektenbestäubung angewiesen. Nach den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung wird diese Tätigkeit zu 85 % und mehr von den Honigbienen ausgeführt. Der Forscher DOce stellte 1927 als durchschnittliche Zahl der an einem Tage von einem starken Bienenvolk besuchten Blüten mit 21 Millionen fest. Daher liegt der Nutzen der Bienen für die Existenz der Menschheit und der Tierwelt höher als Zahlen mathematischer Logik dies verdeutlichen können.

Zwei wichtige Eigenschaften besitzt die Biene, die sie von anderen Insekten unterscheidet und sie zum unersetzlichen Wertfaktor im Leben der Flora macht. Das sind die Staatenmäßige Überwinterung und die Blütenstetigkeit.

Im Gegensatz zu anderen Insekten, wo nur die Königin den Winter überlebt und diese im Frühjahr erst ein Volk neu aufbauen muß, überwintern die Bienen im geschlossenen Volk. Darum sind sie auch beim Aufgehen der ersten Blüten in großen Massen vorhanden. Andere Insekten, wie z. B. Wespen, erscheinen erst dann in Massen, wenn die durch Bienenbefruchtung entstandenen Früchte schon gereift sind.

Einmalig und nicht wegzudenken ist die Blütenstetigkeit. Bienen haben ein Gedächtnis für Farben und Düfte. Von diesem Empfinden wird ihr von unermüdlichem Fleiß beseeltes Tun gelenkt und bestimmt. Sie lassen sich nicht wählerisch von anderen Düften und schillernden Farben verleiten, sondern befliegen solange die eine — und nur die eine Blütensorte, bis diese abgeerntet ist (Naturgesetz.) In dieser geheimnisvollen Ordnung vollzieht sich die Befruchtung des Lebens in der Natur. Dadurch werden den Bauern und Gartenbesitzern, ohne eine Hand dafür zu rühren, ihre Feldfrüchte, Obstbäume und Sträucher fruchtbar gemacht — und der Naturfreund kann sich an der Farbenpracht der Landschaft ergötzen.

Professor Schiffner aus Wien sagte: »Was die Bienen treibt, so wunderbar zweckvoll zum Vorteile des Menschen zu handeln, entzieht sich unserem Urteil; aber ohne Bedenken dürfen wir sagen, daß die Biene durch diese selten recht erkannte Art ihrer Betätigung an volkswirtschaftlicher Bedeutung alle anderen Nutztiere übertrifft, und ihre Zucht, im Verhältnis zur Gesamtnatur, der wichtigste Zweig der Landwirtschaft ist«.

Die Biene in der Urzeit

Die Biene ist ein Urwaldtier. Schon vor Jahrmillionen übte sie ihre Tätigkeit in riesigen Wäldern aus, deren Vorkommen auch in unserer Landschaft nachgewiesen ist. Ehe der Mensch seinen Fuß auf die Erde setzte, sorgte die Honigbiene bereits mit demselben Fleiß wie heute für die Bestäubung. Eine Fülle von versteinerten Pflanzen aus der Urzeit gibt Zeugnis und Einblick in die damalige Flora und die Ernährungsgrundlage der Insektenwelt. Den Bienen der Urzeit fehlte es nicht an Entfaltungsmöglichkeit in den riesigen Urwäldern. Hohle Bäume, Felsspalten und sonstige geschützte Stellen boten ihnen ausreichende Möglichkeiten für ihren Wabenbau.

Schriftsteller wie Aristoteles (384 - 322 v. Chr.), Plinius (23 - 79 n. Chr.), Demokritos usw. befaßten sich eingehend mit der Forschung und hielten die Ergebnisse in ihren Schriften fest. Die Bienenerzeugnisse, Honig und Wachs, standen hoch im Kurs. Besonders der Honig fand mannigfache Verwendung. Hippokrates (460 - 377 v. Chr.), der noch heute als der Vater der Medizin geschätzt wird, war Honig sein liebstes Medikament. Er verwendete Honig für Krankheiten aller Art, zur Wundbehandlung wie auch zur Schönheitspflege. Er sagte, daß Honig das Blut verdünne und kühle. Die Hippokratiker kannten an die 300 Honigrezepte. Auch kannten sie schon den Honigmet, der Freude und Frohsinn verbreitete.

Waldbienenzucht im Mittelalter

Im Mittelalter stand das Zeidelwesen — die Waldbienenzucht — in hoher Blüte. Geeignete Wälder wurden in Zeidelweiden eingeteilt, die Zeidlern oder Zeidelmeistern unterstanden. Eine Zeidelweide umfaßte ein Gebiet ähnlich den heutigen Jagdrevieren. Für die Zeidelweide, die erblich war, mußte eine jährliche Gebühr entrichtet werden. Die Zeidler bildeten einen Berufsstand mit eigner Gerichtsbarkeit, die ihre Urteile nach strengen Gesetzen fällten. Stolz waren sie auf ihr Aufgabengebiet, das ihnen Sicherheit durch gesetzlichen Schutz bot. Nur der Zeidler hatte das Recht, in Verbindung mit dem herrschaftlichen Forstmeister Bäume auszuhöhlen. Das Aushauen der Bäume geschah mit Zeidelaxt und Meißel. Das Flugloch wurde durchgebohrt, wenn möglich in südöstlicher Richtung. Die offene Seite des Baumes wurde mit einem Verschlußbrett verkleidet, das sich zur Entnahme der Honigwaben leicht entfernen lassen mußte. Wenn ein Volk schwärmte, gehörte der Schwärm dem Zeidler, wenn er sich in dessen Besitzkreis ansetze, das war die Fläche innerhalb der Wurfweite einer Zeidelaxt. Flog er über diese Weite hinaus, gehörte er der Herrschaft des Waldes, konnte aber vom Zeidler gegen geringes Entgeld zurückgekauft werden. Zur Zeidelkunst gehörte die richtige Zeitbestimmung zur Honigentnahme. Die Ernte wurde mit Zeidelmesser und Dreizackgabel unter Mithilfe von einem Rauchgerät vorgenommen. Die Honigwaben wurden mit Rücksichtnahme auf die Erhaltung des Bienenvolkes und dem Verbleib von ausreichendem Winterfutter mit großer Besonnenheit ausgeschnitten.

Die Hausbienenzucht

Nach und nach nahm die Bedeutung der Waldbienenzucht ab. Die Wälder wurden einer kulturellen Pflege unterzogen. Damit verengte der Mensch der Biene, die ein Waldtier ist, den Lebensraum in der freien Natur. Die Biene geriet in die Abhängigkeit des Menschen. Bei Rodung der Wälder wurden die Beutenbäume den Imkern zugeteilt. Diese schnitten die mit Bienen besetzten Baumteile aus. Den Teil nannten sie Bienenstock, ein heute noch bei vielen Imkern gebräuchlicher Begriff für ein Bienenvolk. Die Bienenstöcke wurden an windgeschützter Stelle in Gruppen in der Nähe der Wohnhäuser zusammengestellt. Mit dieser Neuerung, die die Bienenzucht zur Hausbienenzucht machte, manches einfacher und bequemer gestaltete, standen die Imker aber auch vor den Schwierigkeiten dieser Betriebsweise. Man sann nach anderen Lösungen. Späterhin entwickelte man an Stelle der Holzstöcke aus Ried und Stroh eine neue Art von Bienenwohnungen. Im Laufe der Zeit wurden diese durch Verbesserungen und Vereinheitlichungen den Lebensbedingungen der Bienen und auch den Zweckmäßigkeiten des Imkers besser angepaßt. Jahrhundertelang, ja bis zu Beginn des heutigen Zeitalters,war diese die gebräuchlichste Art der Bienenzucht. Auch heute noch wird die Korbimkerei, allerdings unter neuzeitlichen Gesichtspunkten, für gewisse Zwecke betrieben. Die Völkervermehrung erfolgte durch Schwärme. Im Frühjahr und Sommer möglichst viele Schwärme einlogieren zu können, war das Ziel des damaligen Bienenvaters. Der Spruch »Ein Schwärm im Mai ist wert ein Fuder Heu« besagt, daß dieser dem Besitzer noch eine volle Ernte sichern konnte.

Die Honigernte war bei dieser Betriebsweise eine mörderische Tätigkeit. Im Herbst, nach Abschluß der Trachten, wurden die Völker nach Gewicht sortiert. Die Körbe, deren Gewicht eine Überwinterung in Bezug auf Futtervorräte sicherte, wurden die Standvölkerr's kommende Jahr. Die leichten wie die schweren Körbe — also die schwachen wie die fleißigen Völker — brachten die Wachs- und Honigerträge des Jahres. Mit Schwefeldämpfen oder dergleichen wurden die Bienen abgetötet und die Waben aus den Körben ausgeschnitten. Der Honig wurde mit den Waben (Scheibenhonig) seinem Verwendungszweck zugeführt, oder aber die Honigwaben wurden vernichtet, um den Honigseim mittels Knüppelpressen in langwierigen und schwierigen Verfahren zu ernten.

Die Honigtrachten waren in den früheren Jahrhunderten in der Eifel geradezu rosig. Die Bienen fanden einen gedeckten Tisch, von der Haselkätzchenblüte angefangen bis in die ausgedehnten Heideflächen im Herbst. Die Heideflächen der Eifel wurden sogar Ende des vorigen Jahrhunderts von auswärtigen Imkern angewandert. In dieser Zeitepoche konnten die Imker in unserem Raum durch die günstigen Trachtverhältnisse jährlich — abgesehen von ausgesprochenen Mißjahren — mit reichlichen Honig- und Wachsernten rechnen. Die Bienenzucht war lohnend. Mir sind Fälle bekannt, wo Bienenväter, die in ärmlichen Verhältnissen lebten, das Studium ihrer Kinder aus dem Erlös der Bienenzucht finanzierten

.Die Bienenzucht heute

Das vergangene Jahrhundert hat sich durch seine vielen Neuentwicklungen und Erfindungen geradezu revolutionär auf die Bienenzucht ausgewirkt. Aus der alten Korbbienenzucht entstand nach und nach die heutige Mobilbauweise, ein Verfahren, das es ermöglicht, jederzeit Eingriffe in die Bienenvölker vorzunehmen, die Völker zu erhalten und den Honig ohne Tötung der Bienen zu ernten. Ein Imkern nach der alten Betriebsweise bei den heutigen Trachtverhältnissen — und ohne die durch Lehrer Freudenstein eingeführte Einwinterung mit dem billigeren Rohr- oder Rübenzucker, anstelle von Honig, wäre heute nicht mehr denkbar. Alle diese großen Entdeckungen und Neuerungen werden heute vielfach als Selbstverständlichkeiten angesehen.

Wie angeführt, ergründete Rektor Sprengel zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Geheimnis der Blütenbefruchtung. Pfarrer Dzierzon entdeckte in den vierziger Jahren die Parthenogenesis (Jungferngeburt), womit er — wie Sprengel — die damaligen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse schnurstracks auf den Kopf stellte. Demnach ist der Drohn, der aus einem unbefruchteten Ei entsteht, ein Lebewesen ohne Vater. Der als Bienenbaron bekanntgewordene Freiherr von Berlepsch erfand 1852 das bewegliche, heute nicht mehr wegzudenkende Wabenrähmchen. Die Vollständigkeit dieser Neuerung war die Erfindung der künstlichen Mittelwand im Jahre 1858 durch Schreinermeister Mehring aus Frankenthal. Diese, mit Vordrukken und Zellenanfängen versehene Wachsplatte, die in den Rähmchen befestigt wird, bildet damit das Leitwachs für einen geordneten, übersichtlichen Wabenbau.

Zur gleichen Zeit wurde auch das Bienensieb, das man Absperrgitter nennt, erfunden, das nur den Arbeitsbienen, die kleiner sind als Königin und Drohnen, den Durchgang in den damit abgetrennten Honigraum ermöglicht.

1865 erfand der ungarische Major Hruschka die Zentrifugalhonigschleuder, die für die Honiggewinnung eine unbezahlte Erleichterung darstellt. Ende des Jahrhunderts ging Pfarrer Dr. Gerstung in biologisch-wissenschaftlicher Forschung an die Lösung eines noch offenstehenden Problems-, die innersten Grundsätze des »Bien«, den er in seiner Geschlossenheit (Königin mit allen Lebewesen, dem Wabenbau mit Brut und Vorräten) als eine biologische Lebenseinheit bezeichnete. Lehrer Freudenstein aus Marburg hat um die Jahrhundertwende die Einwinterung der Bienen mit normalem Zucker ausprobiert und damit allgemein eingeführt.

Professor Frisch aus München hat Mitte unseres Jahrhunderts in langjährigen Versuchen und Beobachtungen die »Sprache« der Bienen ergründet. Die Bienen zeigen in rhythmischen Tänzen, die sich jeweils nach dem polaren Sonnenstand richten, die Auffindung einer neuen Trachtquelle an. Professor Dr. Esch aus München vertritt die Ansicht, daß die Bienen darüber hinaus auch noch eine rhythmisch-akustische Sprache besitzen. Professor Altmann, Saarbrücken, hat die Verhaltensweise der Bienen in Gebieten von atmosphärischen Ladungen und in den Induktionsfeldern von Hochspannungsleitungen ermittelt. Er empfiehlt, hierin keine Bienenstände zu errichten. Noch viele Geheimnisse gibt uns das Bienenvolk auf, deren Ergründung den Menschen unserer Zeit vorbehalten bleibt.

Rationalisierte Betriebsweise

Die umwälzenden Errungenschaften und Neuerkenntnisse bedeuten für den heutigen Bienenvater eine vollständige Umstellung der bisherigen Betriebsweise. Die Biene ist kein Haustier, das sich wie andere züchten und zähmen läßt, sondern sie lebt in ihrer Urform weiter. Der Imker muß sich der Verhaltensweise des Bienenlebens anpassen. Bei der alten Methode gab es im Ablauf eines Jahres zwei Haupttätigkeiten: das Einbringen der Schwärme im Frühjahr-Sommer und die Honigentnahme im Herbst. Alles weitere mußte der Mensch der Natur und dem Schicksal überlassen.

Heute sind für die Betreuung eines neuzeitlichen Bienenstandes die Grundkenntnisse des Bienenlebens eine wichtige Voraussetzung. Alle Handlungen sind Eingriffe in das Gefüge und die Ordnung einer nach strengen Naturgesetzen funktionierenden und komplizierten Welt. Das Öffnen eines Volkes muß auf kürzeste Zeit beschränkt und mit größter Vorsicht erfolgen, da jeder Eingriff eine Störung der inneren Ordnung bedeutet. Der kurze Einblick gibt dem Kenner einen Gesamtüberblick über die einzelnen Stadien des Bienenlebens. Das geübte Auge muß in wenigen Augenblicken alles erfassen, was der Pflege und Zucht dient — wie Tätigkeit der Königin, Brutstand, Schwarmtrieb, Bauerneuerung, Futterstand, evtl. Krankheiten usw. Im Gegensatz zur früheren Schwarmzucht wird heute angestrebt, möglichst schwarmträge Bienen auf dem Stande zu haben.

Die Vermehrung erfolgt hauptsächlich durch Ablegerbildung. Die Zuchtanstalten, wie auch viele erfahrene Bienenfachleute, betreiben dazu Königinnenzucht. Die Königin, die ein Alter bis zu fünf Jahren erreichen kann, wird dann, meistens mit einem Staniolplättchen, vielfach auch zusätzlich noch mit Nummerangabe gezeichnet. Um ihr Alter zu bestimmen, sind vom Deutschen Imkerbund fünf Jahresfarben festgelegt worden. Stets junge, leistungsjähige Königinnen in den Völkern zu haben, ist das Ziel dieser Zuchtmethode. Auch wird seitens des Verbandes angestrebt, nur noch die aus den Hochalpen stammende sanftmütige Carnika-Bienenrasse zu vermehren und allgemein einzuführen.

Die heutigen Bienenwohnungen bestehen überwiegend aus Holzbauten, die in Kasten- oder Magazinform hergestellt sind. Der Innenausbau ist in allen Teilen weitgehend den Lebensbedingungen des Bien, wie auch der Zweckmäßigkeit der Bearbeitung angepaßt. Ebenso haben sich auch die Trachtverhältnisse durch die rationalisierte Land- und Forstwirtschaft grundlegend verändert. Die Massentrachten der früheren Jahre — aus den nektarreichen Blüten von Raps-, Kleeanbau, Buchweizen, Heide und vielen Unkräutern sowie Wildgehölzen, die durchweg reiche Honigernten garantierten, sind entweder ganz ausgefallen oder ihr Anbau wird nur noch beschränkt betrieben. Darum ist der Imker gehalten, die Vorgänge und Triebe in den Völkern so zu leiten und zu steuern, daß die noch vorhandenen Trachten voll ausgenutzt werden können. In wettergünstigen Jahren verfügt der Wald über gute bis sehr gute Trachtangebote — bei den Laubgehölzen durch Honigtau und bei den Nadelbäumen durch Gewinnung des bekannten Tannenhonigs. Letztere Tracht wird begünstigt durch das Vorkommen der roten Waldameise. Eine Vermehrung und Verpflanzung dieser wird vielerorts von den Imkern und Vereinen zur Verbesserung der Trachtverhältnisse betrieben.

Schneidermeister i. R. Niko Becker bei der Arbeit am Bienenstand. Über 45 Jahre ist der Hobbyimker Vorsitzender des Imkervereins Daun, was die Kreisverwaltung 1981 durch eine Ehrenurkunde anerkannte. Er ist Inhaber der Goldenen Ehrennadel und des Ehrenbriefes des Deutschen Imkerbundes sowie der Karl-Schneider-Plakette. Ein besonderes Anliegen der Eifeler Imkerschaft ist die Züchtung umweltfreundlicher Bienen, das sind Bienen, vor deren Stachel sich Mensch und Tier nicht fürchten brauchen, da diese Bienen nicht stechen.

Die Biene hat auch viele Feinde, besonders in der Tierwelt — wer mag sie alle kennen — viele aus der eigenen Gattung. Schlimme Feinde sind die Wachsmotten, Spinnen, insektenfressende Vögel und Mäuse. Weitere, neu hinzugekommene ernsthafte Gefahren mit teils erheblichen Verlusten bestehen in der unsachgemäßen Anwendung von bienenschädlichen Spritz- und Stäubemitteln. Wenn auch deren Anwendung durch gesetzliche Bestimmungen geregelt ist, so besteht damit nach den Erfahrungen noch keine Gewähr für einen vollkommenen Schutz. Auch die kleinen Gartenspritzungen bringen manchem Bienchen den Tod.

Selbst unter diesen veränderten und zum Teil erschwerten Verhältnissen in Zucht und Natur braucht der Bienenvater nicht ängstlich und mutlos zu werden. Ein gediegenes Fachwissen hilft, die Lage zu meistern. Der Lehrling und Anfänger kann sich dieses in den Imkervereinen, in Fachbüchern wie auch in Lehrgängen bei den Fachinstituten aneignen. Damit kann er auch heute noch die Bienenzucht als lohnenden und erholsamen Nebenerwerb betreiben. Als Liebhabertätigkeit kommt ihm und seiner Familie neben den soziologischen Werten der heilsame Bienenhonig und das Wachs zugute. An dem Nutzen, den die Bienen im Haushalt der Natur spenden, wovon dem Imker nur 1/10 zufällt, der Allgemeinheit aber ein höherer Anteil zufließt, erkennt man die Bedeutung und den Wert der Bienenzucht für alle.

Ein Glück ist es für die Menschheit, daß das wundersame Bienenleben mit all seinen Geheimnissen und Naturwundern die Bienenväter mit unsichtbaren Fäden an die Bienenwelt fesselt, sonst wäre mancher Bienenstand leer. Aber in Unkenntnis werden die Imker von vielen als ein Häuflein von Eigenbrödlern gehalten, die sich einer gewissen Naturspielerei verschrieben haben. Im Gegensatz hierzu kann man aber mit Recht sagen, daß die Bienenväter in volkswirtschaftlicher Sicht Wohltäter der Allgemeinheit sind.