Industrieansiedlungen und Landwirtschaft

Dargestellt am Beispiel des Stadtteils Daun-Rengen

Uta Monzel

Häufig werden die Industrieansiedlung — Schaffung gewerblicher, industrieller Arbeitsplätze — und die Entwicklung der Landwirtschaft im Widerstreit gesehen. Es lag daher nahe zu untersuchen, wie sich die Industrieansiedlung auf die Entwicklung der Landwirtschaft, die sozioökonomische Struktur der Betriebe, ausgewirkt hat. Dies soll am Beispiel des Ortsteils Rengen der Stadt Daun dargestellt werden.

Die direkte Auswirkung der Industrieansiedlung auf die sozioökonomische Struktur der Betriebe läßt sich an der Entwicklung der hauptberuflichen Betriebe in Rengen ablesen. 1963 wies die Gemeinde noch 24 hauptberuflich bewirtschaftete Betriebe auf. Davon hatten 17 ausschließlich landwirtschaftliches Einkommen. In dem Zeitraum 1963/64 bis 1969/70 erfolgte nur ein geringfügiger Rückgang bei den hauptberuflich bewirtschafteten Betrieben. Die Abnahme lag mit 25 von 100 noch unter dem Kreisdurchschnitt (36 von 100).

Unser Bild zeigt im Ausschnitt die an den Ort Rengen angelehnten Industriebetriebe.

Von den 1969/70 ausgewiesenen 18 hauptberuflich bewirtschafteten Betrieben haben jedoch nur noch zehn ausschließlich landwirtschaftliches Einkommen. Von den Betrieben mit Zuerwerb erfolgte dieser überwiegend durch Waldarbeit. Eine Abnahme um zwei Drittel aller hauptberuflicher Betriebe erfolgte in den letzten zehn Jahren. Die Gemeinde weist jetzt nur noch sechs Haupterwerbsbetriebe auf. Dabei ist es bei einigen Betrieben fraglich, ob diese mit Erreichen der Altersgrenze des Betriebsleiters die Landbewirtschaftung fortführen. Von den aus der hauptberuflichen Landbewirtschaftung ausgeschiedenen Betrieben haben sechs den Betrieb ganz aufgegeben — alle Flächen verpachtet. Bei den ausgeschiedenen Betrieben haben in den meisten Fällen die Hoferben außerlandwirtschaftliche Berufe erlernt, so daß die Fortführung des Betriebes nicht gesichert war. Von den sechs aufgegebenen Betrieben gaben vier wegen Erreichens der Altersgrenze, einer infolge Krankheit, einer wegen Aufnahme eines außerlandwirtschaftlichen Arbeitsplatzes im Industriegebiet Rengen ihre Betriebe auf.

Sechs Betriebe jedoch führen ihren ehemaligen Haupterwerbsbetrieb im Nebenerwerb fort. Hiervon sind zwei Betriebsleiter zu ganzjähriger Waldarbeit übergegangen, die übrigen haben Arbeitsplätze in Daun gefunden. Auf Grund des starken Rückgangs der hauptberuflich bewirtschafteten Betriebe konnten die wenigen verbleibenden HE-Betriebe ihre Flächenkapazität stark ausbauen. Die Milchviehbestände konnten ebenfalls erweitert werden, jedoch nicht in dem gleichen Umfang wie die Fläche.

Aufstockung erfolgt nur, soweit die vorhandenen Stallkapazitäten beziehungsweise kostengünstige Umbauvorhaben dies zuließen. Stärkere Aufstockung des Viehbestandes setzt hohe Investitionen voraus. Die Betriebsaufstokkung erfolgte daher überwiegend über die Fläche, beziehungsweise über Ausweitung des Getreideanbaues.

Den sechs hauptberuflichen Betrieben stehen 18 Nebenerwerbsbetriebe gegenüber. Von diesen 18 NE-Betrieben haben alle Betriebsleiter ihren Arbeitsplatz in Daun und Rengen. Für die Bewirtschaftung der Gemarkung Rengen werden auch in Zukunft Nebenerwerbsbetriebe erforderlich sein. Die nahe Lage des Arbeitsplatzes ist für den NE-Betrieb von großem Vorteil, da er seine Freizeit produktiv in der Landwirtschaft einsetzen kann. Es geht ihm wenig Zeit verloren durch lange Anfahrwege, so daß er die verfügbare Zeit voll und ganz seiner Landwirtschaft widmen kann.

Dies kommt auch in den starken Viehbeständen der Betriebe zum Ausdruck. Von den 18 NE-Betrieben haben 12 Milchviehhaltung, mit Beständen von vier bis zu über zehn Kühen. Die Milchviehhaltung sichert dem NE-Betrieb ein hohes Einkommen und läßt die Arbeitsbelastung und die enge zeitliche Bindung — es muß zweimal täglich gemolken werden — erträglich werden. Die Ehefrau des Nebenerwerbslandwirts ist fast immer in den Arbeitsprozeß des Betriebes eingespannt, so daß das Arbeitsvolumen etwas verteilt wird.

Ein Teil der NE-Landwirte wird durch die günstige Lage ihres Betriebes zum Arbeitsplatz die Landbewirtschaftung mit Sicherheit weiter fortführen, daß heißt, Betriebe mit Viehbeständen von zehn und mehr Kühen werden vorerst nicht daran denken, die Landbewirtschaftung aufzugeben. Besonders auch deshalb, da die Einnahmen aus der Milchviehhaltung nicht leicht durch andere zu ersetzen sind.

Ein Gradmesser für die Situation auf dem Bodenmarkt ist die Entwicklung der Pacht- und Kaufpreise. Starke Veränderungen hat es hier in den letzten zehn Jahren nicht gegeben. Dies ist ein Zeichen dafür, daß sich das Landangebot vergrößert hat. Das von den ausscheidenden Betrieben freigesetzte Land konnte in der Vergangenheit stets aufgefangen werden. In der überwiegenden Zahl der Fälle von HE-Landwirten. Obwohl sich die Betriebsgrößen der HE-Betriebe stark nach oben entwickelt haben, ist für die Aufrechterhaltung der Landbewirtschaftung der NE-Betrieb ein bestimmender Faktor.

 

Ein Überblick über das Industriegelände Daun-Rengen, wo sich der Zusammenschluß der Kreisstadt mit den Stadtteilen Boverath und Rengen vollzieht.

Die Industrieansiedlung hat sich auf die Entwicklung der hauptberuflich bewirtschafteten Betriebe außerordentlich positiv ausgewirkt. Die Freigabe von Land durch Ausscheiden aus der Landbewirtschaftung, bzw. Verkleinerung der Betriebsfläche bei Aufnahme einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit, hat die Entwicklung der HE-Betriebe günstig beeinflußt. Sie konnten ihre Flächenkapazitäten erheblich ausdehnen. Der Ausdehnung der Stallkapazitäten waren gewisse Grenzen gesetzt. Die Gebäudeerweiterungen scheiterten oft an den mangelnden Platzverhältnissen. Eine Erweiterung auf der vorhandenen Hofstelle in der engen Ortslage ist vielfach nicht möglich.

Für die Gemarkung selbst hat das große außerlandwirtschaftliche Arbeitsplatzangebot im nahen Industriegebiet dazu geführt, daß sich leistungsfähige hauptberufliche Landwirte entwikkeln konnten, die auch weiter in der Lage sind, freiwerdende Flächen an sich zu ziehen. Dabei wird das freiwerdende Land in vielen Fällen akkerbaulich genutzt, weil die Nutzung über Getreidebau keine Zusatzinvestitionen an Gebäuden erfordert, wie das bei futterbaulicher Nutzung notwendig ist.

Die günstige nahe Lage zum Arbeitsplatz erlaubt aus den vorgenannten Gründen den Aufbau von stabilen NE-Betrieben. Sie sind als Element für die Aufrechterhaltung der Landbewirtschaftung erwünscht, willkommen und nicht wegzudenken. Negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft, HE- und NE-Betriebe, sind nicht zu erkennen. Für den NE-Betrieb bringt der nahe gelegene Arbeitsplatz so viel freie Arbeitskapazität, daß noch relativ große Wirtschaftseinheiten bzw. Betriebsgrößen bearbeitet und bewältigt werden können, die ein sicheres Einkommen erwarten lassen.