Seine Liebe zur Eifel überlebte

Zum 120. Geburtstag des Landschaftsmalers Wilhelm Degode

Dr. Alois Mertes

Hingewiesen auf Wilhelm Degode hat mich mein Gerolsteiner Nachbar, der unvergessene Geologe und Heimatkundler Dr. Batti Dohm. Als Schuljunge hatte er Degode noch begleitet. 1963 schrieb er mir: »Wilhelm Degode ist nicht so »berühmt« wie Fritz von Wille: er stand nicht in der Gunst Kaiser Wilhelms II., er war nicht adelig. Ich selbst mag ihn sehr gern, weil er noch feiner als von Wille in vielen seiner Bilder an unsere Landschaft herangegangen ist«. »Verliebt in die Gerolsteiner Landschaft — das war mein Vater 20 Jahre lang«, sagte mir Wilhelm Degodes Tochter, als ich die fast völlig Gelähmte vor 17 Jahren in einem Evangelischen Stift in Düsseldorf-Kaiserswerth besuchte. Sie hatte ihren Vater bis 1914 oft nach Gerolstein begleitet und strahlte in einer ergreifenden Weise, als sie von der Eifelliebe ihres Vaters, von ihren Erinnerungen an Auberg und Löwenburg, an Wolken und Ginster, an Menschen und Sitten in der Eifel jener Zeit berichtete.

Schon 1913 würdigt Thiemes »Allgemeines Lexikon der bildenen Künstler von der Antike bis zur Gegenwart« Wilhelm Degode (geboren am 6. Februar 1862 in Oldenburg/Großherzogtum, gestorben am 26. November 1931 in Büdingen/ Hessen) als Landschaftsmaler. »Schüler von Diedrichs, Konservator der Oldenburger Gemäldegalerie, und seit 1882 der Düsseldorfer Akademie. Naturstudien in Oldenburg, Thüringen, im Harz und am Niederrhein, vorallem in der Umgegend von Kaiserswerth, wohin er 1895 von Düsseldorf übergesiedelt war.

Seit 1894 unterhält Degode ein Schüleratelier. Später wählte er seine Motive wesentlich aus der Eifel, deren landschaftlicher Charakter ihn am meisten anzog, (Gerolstein und Hellenthal), und stellte vorwiegend auf den Großen Berliner Kunstausstellungen oder im Münchener Glaspalast aus. Wiederholt malte er in Oldenburg. Eifellandschaften im Schloß Oldenburg und im Rathaus Düsseldorf, ferner in Privatsammlungen. 1912 erschien eine Folge von Eifellandschaften in Postkartenformat als Dreifarbendruck im Verlage M. Heck — Gerolstein.« Von Degode berichteten laut Thieme zahlreiche Publikationen und Kunstkataloge, so »Das geistige Deutschland« (1898), die »Zeitschrift für bildende Kunst«, Bd. 23; »Deutsche Kunst und Dekoration« und »Rheinlande« (1901/1902); die Verzeichnisse der Berliner-Akademie-Ausstellung 1892, der Internationalen Kunstausstellung 1896, der Großen Berliner Kunstausstellungen 1904,1906,1907,1911, des Münchener Glaspalastes 1900, 1904, 1906, 1908, 1912, der Düsseldorfer Kunstausstellungen von 1902, 1907,1912.

Wilhelms Vater hatte seinen einzigen Sohn dazu bestimmt, Nachfolger und Erbe des ehrwürdigen Oldenburger Geschäftshauses Degode (erbaut 1504) zu werden, dessen geschnitzte Giebel bis heute eine Sehenswürdigkeit der Stadt Oldenburg sind. Aber Neigung und Fähigkeit zogen den jungen Degode zur Kunst. Die Mutter förderte ihn durch Privatunterricht in Zeichnen und Musik; Lehrer und Gönner ermutigten ihn. Auch der Vater, der in der Malerei eine »brotlose Kunst« sah und den Sohn deshalb zum Studium der Naturwissenschaften verleiten wollte, blieb nicht »autoritär«: Beide Eltern brachten Wilhelm 1882 zur Ausbildung nach Düsseldorf. Er dankte es ihnen durch regelmäßige Briefberichte über seine künstlerische Entwicklung und über das Rheinland, das ihm zur zweiten Heimat wurde.

Degode: Auberg bei Gerolstein mit dem alten Pfarrhaus Sarresdorf (heute Kreisheimatmuseum) und Friedhof— 1893

Die Landschaftsmalerei erwies sich bald als seine bedeutendste Begabung, die ihn auch in den bekannten Künstlerverein »Malkasten« brachte, wo er die Ausläufer der Düsseldorfer Romantik erlebte. Mit äußerstem Fleiß strebte er nach immer stärkerer, den Betrachter packenden Ausdruckskraft. In einer Familienchronik heißt es: »Studienreisen mit Freunden und auch älteren Malern führten ihn dabei in die Vulkaneifel. Dort übte besonders die Gegend um Gerolstein mit ihrem Formenreichtum und ihren schnell wechselnden Stimmungen einen so starken Anreiz auf ihn aus, daß er dorthin immer wieder besonders gern zurückkehrte.« Wenige Jahre nach der Eheschließung und der Geburt der ersten Kinder—bei Degodes herrschte ein glückliches Familienleben — wurde ein kunstsinniges altes Haus mit einem großen »romantischen Atelier« im damals noch ländlichen Kaiserswerth das endgültige Heim Wilhelm Degodes.

Von hieraus zog er oft in die Eifel; hier umgaben ihn seine liebsten Bilder, die ihm vor allem die Eifellandschaft atmosphärisch nahebrachten; hier packte ihn auch die Tragik des Krieges: ein Sohn fiel, einer blieb vermißt bis 1920; hier gaben seine menschliche Wärme, seine starke Musikalität, seine Erschließung der Malerei vielen Menschen seelische Kraft.

Den politischen Wirren ab 1918, der galoppierenden Technisierung des Lebens, der »Umwertung aller Werte« in der Kunst, begegnete Wilhelm Degode mit konservativer Treue zu seinen eigenen menschlichen und künstlerischen Leitlinien. Seine Tochter Maria schrieb mir: »Er wollte die Menschen nicht auch noch von sich aus mit Problemen beunruhigen, sondern sie zur Natur hinführen, wo es noch Harmonie und Beruhigung gab. Und das erreichte er auch mit seinen Gemälden. Immer wieder riefen und rufen seine Bilder im Beschauer jene Empfindungen von Freude und Frieden wach, die den Maler beglückten in der Einsamkeit von Berg und Wald, beim Anblick des Wassers oder der wandernden Wolken. Bis kurz vor seinem Tode, der sich 1931 plötzlich näherte, plauderte der Vater mit uns und erzählte heitere Erinnerungen — auch vom alten Gerolstein.«

Garbenfeld in der Eifel — 1902

Gerolstein — Löwenburg — 1900

Wilhelm Degode's Nachlaß überlebte das irdische Wirken des Künstlers. So wir seiner ehrend gedenken, erwächst uns auch heute noch Freude an seinen Bildern — und zugleich Liebe zur Eifel, die ihn inspirierte.