»Jott helef ech . . .«

P. Josef Böffgen t

»An Gottes Segen ist alles gelegen« — das wußten unsere Vorfahren sehr wohl, erlebten sie doch mehr als wir in unserer technisierten Welt, wie sehr sie trotz allen menschlichen Mü-hens von Gottes Wohlwollen abhängig waren. Den Wandel, der sich in der Einstellung des Menschen vollzogen hat, kann man nicht knapper und treffender charakterisieren als durch die Tatsache, daß aus dem Gruß »Gesegnete Mahlzeit!« das stupide »Mahlzeit!« wurde. Pastor Rader gab die richtige Antwort darauf, und die lautete dann »Stuhlgang!«

Auch damals wußte man, daß es atmosphärische Störungen waren, die mitten in die Ernte hinein einen Regenguß brachten oder gar durch Hagelschlag ein Getreidefeld vernichteten. Auch war den Menschen bekannt, daß sie Gott nicht zum Lückenbüßer degradieren konnten, daß sein Segen nicht Allheilmittel war gegen menschliche Unachtsamkeit und Nachlässigkeit. Aber über alles menschliche Mühen hinaus erkannten sie den, der alle Fäden in seiner Hand hält. Nicht theoretisches Wissen sondern Lebensweisheit war es, die sie mit dem Psalm 126 sprechen ließ:

»Baut der Herr nicht das Haus, mühn sich umsonst, die daran bauen. Hütet der Herr nicht die Stadt, wacht vergebens, der sie behütet. Nutzlos ist, wenn ihr vor Tag euch erhebt, tief in der Nacht noch (an der Arbeit) sitzt, ihr, die ihr esset der harten Mühsal Brot, gibt Er es doch den Seinen im Schlaf.«

Dieses Wissen hatte zu einem schönen Brauch geführt, der leider auszusterben droht. Was immer einer tat, er tat es mit Gott. Wer an einer Kirche oder an einem Wegekreuz vorbeikam, lüftete Gott zum Gruß seinen Hut; auf das Brot, das angeschnitten wurde, zeichnete man mit dem Messer erst ein Kreuz; wer nieste, bekam von seinem Nachbarn nicht ein »Gesundheit!« zugerufen sondern »Jott sän dech!«

Gott war bei allem beteiligt, nein, es war die gläubige Haltung des Menschen, die ihn hinter allem sah. Auch der zufällig Vorbeieilende wünschte jeder Arbeit Gottes Segen durch den schönen Gruß »Jott helef ech!« — worauf der also Angeredete antwortete mit »Jott dank ech! « (Gott helfe euch — Gott danke euch). Das war nicht ein leerer Gruß, das war ein frommes Gebet. Es war Ausdruck einer tief im Herzen lebenden Gesinnung, und in der bekannten Wechselwirkung von Gesinnung und Tat stärkte es sie.

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