Mit Sonnenenergie zu den Wolken

1982: 25 Jahre Segelflug beim 1. Flugsportverein des Kreises Daun

Arthur Schmitt

Während die Solartechnik zur Gewinnung von Wärme zu Heizzwecken erst am Anfang ihrer Möglichkeiten steht, haben die Segelflieger in aller Welt es bei der Ausnutzung der Sonnenenergie längst viel weiter gebracht. Seit der Entdeckung der durch die Kraft der Sonne bewirkten thermischen Aufwinde durch die Segelflug-Pioniere Robert Kronfeld und Wolf Hirth in den Zwanziger Jahren auf der Rhön, der Wiege des Segelfluges, eröffneten sich den Segelfliegern bis dahin unbekannte Möglichkeiten, Flüge von längerer Dauer und großen Höhen zu erreichen und erstmalig im Segelflug weite Strecken zurückzulegen. Vor dieser Erkenntnis waren längere Flüge nur durch die Ausnutzung von Hangaufwinden möglich, die den Segelflieger jedoch an den aufwindspendenden Hang banden.

In den Dreißiger Jahren wurde am Radersberg bei Brück eine Segelflugschule begründet. Damit hatte der Kreis Daun seine ersten Segelflieger. Bei Kriegsende im Jahre 1945 wurde diese Segelflugschule aufgelöst.

Mit der Gründung des 1. Flugsportvereins des Kreises Daun e. V. im Jahre 1957 lebte der Segelflugsport im Kreise Daun wieder auf. Auf der Senheld, einem Bergrücken nördlich des Schalkenmehrener Maares entstand, von einer kleinen Schar begeisterter Dauner Segelflieger geschaffen, auf Feldern, Wiesen und Ödland ein kleiner Segelflugplatz.

Als Sportgerät stand dem noch jungen Verein ein doppelsitziges Segelflugzeug — die Rhönlerche — zur Verfügung. Mit Hilfe einer selbstgebauten Seilwinde wurde es auf Starthöhen von 250 - 350 m je nach Windstärke hochgezogen. Trotz dieser geringen Arbeitshöhe und des damit verbundenen begrenzten Aktionsradius erzielten die Dauner Segelflieger schon damals beachtliche Leistungen im Dauer- und Strekkenflug. Unter Ausnutzung thermischer Aufwinde waren Flüge nach Luxemburg und Belgien möglich; man gelangte sogar bis in die Nähe von Paris. Es hatte sich nämlich herausgestellt, daß in der Umgebung des gewählten Segelfluggeländes für den Segelflieger aus dem Windenschlepp erreichbare thermische Aufwinde herrschen. Diese werden bedingt durch eine landschaftliche Besonderheit: Durch den Gegensatz von gering erwärmten Wasserflächen der Maare und stark erwärmten Bodenflächen (Felder, Sandgruben, Wiesen) wird die Bildung vertikaler Luftbewegung (Thermik) besonders begünstigt.

Diese positiven Erfahrungen ließen weitere Investitionen lohnend erscheinen. Der Verein suchte dann auch, das bisher nur zur Benutzung überlassene Gelände zu erwerben und leistungsfähigere Segelflugzeuge anzuschaffen. Die folgenden Jahre dienten mehr dem Auf- und Ausbau des Segelfluggeländes denn der Fliegerei. Ais erste Unterkunft für das Fluggerät diente eine ehemalige Reichsarbeitsdienstbaracke, ein Einstandsgeschenk der Stadt Daun. Rückschläge wurden in echtem Pioniergeist gemeistert: Flugzeugbrüche wurden nicht nur von Vereinsmitgliedern verursacht, sondern auch selbst repariert. Die durch einen Sturm zerstörte Baracke wurde in Vereinsarbeit durch eine gemauerte Halle ersetzt.

Die sportliche Weiterentwicklung des Segelfliegens auf der Senheld war ohne eine Umstellung vom Windenstart auf Flugzeugschlepp nicht mehr möglich. Flugzeugschlepp bietet wesentliche Vorteile gegenüber dem Windenstart; es kann jede beliebige Starthöhe erreicht werden, damit kann der Segelflieger direkt an die thermischen Aufwinde gebracht werden. Eine große Starthöhe ermöglicht eine lange Flugzeit und bietet somit eine günstige Voraussetzung für die Schulung der Segelfluganfänger und bessere sportliche Möglichkeiten für die aktiven Flieger. Trotz angespannter Finanzlage erwarb der Verein Ende der Sechziger Jahre zunächst eine Piper j 3 c als Schleppflugzeug, die mit ihrem nur 65 PS starken Motor lediglich zum Schleppen einsitziger Segelflugzeuge geeignet war. Sie wurde später durch eine wesentlich stärkere Moräne ersetzt. Damit war eine neue Aera beim Segelflugsport auf der Senheld angebrochen.

Leistungsflüge wurden nun häufiger. Das Verhältnis zwischen Startzahlen und geflogenen Zeiten verschob sich deutlich zugunsten der Flugzeiten. Waren im Jahre 1958 1 300 Windenstarts erforderlich, um 126 Stunden zu fliegen, so wurden im Jahre 1980 mit 400 Flugzeugschleppstarts 440 Stunden Segelflug erreicht.

Das Starten und Landen mit dem Schleppflugzeug erzwang aus Sicherheitsgründen die Verlegung der Start- und Landebahn. Mit Mitteln des Kreises und der Stadt Daun wurden die erforderlichen Erdarbeiten durchgeführt. Anläßlich des Flugtages 1977 wurde die Piste mit einer Teerdecke versehen und somit staubfrei gestaltet. Als abschließende Ausbaumaßnahmen erfolgten noch die Errichtung eines Flugleitgebäudes, die Versorgung dieses Gebäudes und der Flugzeughallen mit Strom und Wasser und schließlich die Errichtung einer unterirdischen Tankanlage. Der als vorläufige Flugleitung bisher vorhandene Militärlastwagen konnte verschwinden.

Nach Wiederbegrünung fast der gesamten Fläche und der Bepflanzung der Umgebung des Flugleitgebäudes bietet das Segelfluggelände Daun - Senheld heute ein seiner Umgebung angepaßtes Erscheinungsbild. Der Erwerb und der Ausbau dieser Sportstätte der Segelflieger erfolgte mit viel persönlichem Einsatz aller Mitglieder des Flugsportvereins und mit erheblichen finanziellen Mitteln, die sich mit Ausnahme des gewährten Zuschusses aus persönlichen Aufwendungen von Vereinsmitgliedern, dem Erlös von Gästerundflügen und Bankdarlehen zusammensetzten.

Heute besitzt der Verein zwei Schleppflugzeuge vom Typ Moräne, einen Motorsegler vom Typ SF 25 B, genannt »Rattel«, ein doppelsitziges Segelflugzeug »Blanik« und zwei einsitzige Segelflugzeuge, eine SB 5 und eine Libelle. Rattel und Blanik werden hauptsächlich für Schulung und Übungsflüge eingesetzt. Als hochentwickelte Sportgeräte bieten SB 5 und Libelle dem fortgeschrittenen Segelflieger sehr gute Möglichkeiten, Leistungen im Dauerflug und Streckenflug zu erzielen. Außer den vereinseigenen Flugzeugen sind auf der Senheld weitere vier Segelflugzeuge stationiert, die sich im Besitz von Vereinsmitgliedern befinden.

Der Verein hat seit seinem Bestehen 30 Anfänger zu lizenzierten Segelfliegern ausgebildet. Insgesamt 6 Vereinsmitglieder sind Lehrer für Segelflug und Motorsegelflug. Zwei Vereinsmitglieder besitzen die Lizenz zur technischen Prüfung und Abnahme des Fluggerätes. Diese sehr gute personelle Situation erlaubte es, 1972 in einem Lehrgang in Daun acht Segelflieger zu Segelfluglehrern für den Landesverband Rheinland-Pfalz des Deutschen Aero Clubs auszubilden. Heute zählt der Verein 32 aktive Mitglieder, die durch großes persönliches Engagement und Eigeninitiative seine heutige gute Situation ermöglichten und seine zukünftige Weiterentwicklung gewährleisten. Nachwuchssorgen kennt der Verein keine. Zur Zeit werden sieben Flugschüler zu Segelfliegern auf Senheld ausgebildet.

Die sportliche Leistungsfähigkeit des Vereins dokumentiert sich u. a. darin, daß fast alle Segelflieger im Besitz des silbernen Leistungsabzeichens sind, zwei Mitglieder erwarben sogar das goldene Leistungsabzeichen mit Brillanten. Gute Leistungen zeigten sich bei Streckenflügen bis zu 600 km Weite und Dauerflügen bis zu 8 1/2 Stunden. Dauner Segelflieger erreichten in den Alpen aus eigener Kraft Flughöhen von 6 500 Metern. Ein Vereinsmitglied erreichte im Jahre 1980 bei den dezentralen Deutschen Segelflugmeisterschaften sogar den ersten Platz und wurde Elfter bei den Gebirgssegelflugweltmeisterschaften in Rieti in Italien.

Diese gute sportliche Situation, der Erlebniswert des Segelfliegens über der reizvollen Maarlandschaft und das große Interesse der Bevölkerung lassen auf eine gute Zukunft des Segelflugsports im Kreise Daun hoffen.