Auf den Ruinen der Burg Neuenstein

Wie ein Werk des Konrad von Schleiden unterging

Erwin Schäfer

Seit der Verwaltungsreform im Jahre 1970 reicht der Kreis Daun bis an die Schneifel heran. Fast wäre der Kreis Daun Grenzkreis geworden, denn nur einige hundert Meter trennen ihn von der belgischen Grenze. Hier, am äußersten Westzipfel des Kreisgebietes, am Nordostabhang der Schneifel, unweit des Weilers Neuenstein, stand einmal eine Burg.

Der interessierte Wanderer findet die Stelle, wenn er von der Straße Neuendorf (Kr. Bitburg/ Prüm) - Ormont abbiegt und durch den neben der Straße liegenden Weiler Neuenstein Richtung Schneifel wandert. Hinter den Häusern von Neuenstein endet die Teerstraße und läuft als Feldweg weiter. Er führt zunächst in ein kleines Tal, und dort, wo es wieder bergan geht, fällt einem ein markanter, aus dem Hang herausragender, kleiner Bergkegel auf, einst Standort der Burg. Insgesamt ist das Niveau des Kegels weit niedriger als die ihn umgebende Landschaft. Trotzdem war die Burg nicht leicht anzugreifen, denn der Burgberg war nur von Südosten her zugänglich. An den Flanken fällt der Burgberg zu den tiefen Burggräben ab, an der Nordwest-Seite (Stirnseite) wird er von der Prüm umflossen. Steigt man den mit Buchen bestandenen Burgberg hinauf, so findet man oben unter Gras und Gestrüpp noch Mauerreste. Wer aber waren die Burgherren, die dort residierten?

Als Erbauer der Burg gilt Konrad von Schleiden. Obwohl Probst an St. Gereon zu Köln, war er ein streitbarer Mann. Als Bruder des Johann l. von Schleiden, half er diesem, die Interessen der Herrschaft Schleiden besonders gegen die Blankenheimer zu verteidigen. Die Streitigkeiten rührten wahrscheinlich aus alten Erbansprüchen her, denn die Vorfahren der Schleidener stammten von den Blankenheimern ab. Konrad baute die Burg (etwa 1360), um die Ansprüche der Schleidener in diesem Gebiet zu dokumentieren und um den Zugang zum Schleidener Raum von Süden her zu sichern. Er nannte sich » Herr von Neuenstein« und schlug das Dorf Ormont zu seinem Herrschaftsbereich. Das hatte u. a. zur Folge, daß die Schöffen von Ormont nun in Neuenstein unter dem Vorsitz des neuen Herren Gericht halten mußten.

Nach dem Tode Konrads fiel die kleine Herrschaft Neuenstein an den ältesten Sohn seines Bruders, Konrad V. von Schleiden. Dieser nannte sich »Herr von Schleiden und Neuenstein«. Dessen Sohn, Johann II. von Schleiden und Neuenstein, setzte 1424 Gerhard von Sötenich als Burgmann in Neuenstein ein und belehnte ihn mit einem Hause »binnen der Portzen« daselbst. Mit Johann II. erlosch 1445 der Mannesstamm der Herren von Schleiden. Über die Tochter des Johann II., Elisabeth, kam die Herrschaft Neuenstein als Hillichsgeld (Heiratsgut) an Dietrich III. von Manderscheid, dem später die gesamte Herrschaft Schleiden zufiel.

Im Jahre 1468 stellten Graf Dietrich und seine Söhne dem Herzog von Jülich und Berg einen Revers aus, in dem sie neben anderen Burgen auch die Burg Neuenstein dem Herzog zu Lehen gaben und ihm das Recht einräumten, jederzeit die Burg zu betreten und sie im Falle eines Krieges benutzen zu dürfen. Doch gerade das verwehrten sie dem Herzog fünf Jahre später. Um ihr Versprechen nicht einhalten zu müssen, rissen sie sogar die Burg Neuenstein ab. Die Burg hatte ohnehin ihre strategische Bedeutung verloren, denn nicht nur die Herrschaft Schleiden, sondern auch die Grafschaft Blankenheim, gegen die sie ja erbaut worden war, gehörte zu diesem Zeitpunkt schon den Manderscheidern. Die Angelegenheit kam vors Lehnsgericht und die Manderscheider wurden verpflichtet, die Burg wieder aufzubauen.

In der Folgezeit kam Neuenstein unter die Lehnshoheit der Grafen von Vianden, denn ein iandener belehnte 1489 die Enkel Dietrichs III., Kuno und Dietrich aus der Manderscheider-Schleidener Linie, mit Schloß Neuenstein und dem Dorf Steffeln. Da diese Linie mit Dietrich VI. (t 1593) ausstarb, kam Neuenstein an die Linie Manderscheid-Gerolstein. Die Lehnshoheit der Viandener bestand immer noch, denn 1721 wird Franz Georg von Manderscheid-Blankenheim, und 1758, dessen Sohn Johann Wilhelm, an die die Herrschaft in Erbfolge gefallen war, von den Viandener mit Neuenstein belehnt. Nach der Franzosenzeit (1794 -1815) kam die Burg, die mittlerweile nur noch aus Ruinen bestand, in den Besitz der Erben des Theodor Peuchen aus Jünkerath, später in das Eigentum der Familie Jardin. Heute ist der Burgberg Eigentum der Familie Manderfeld aus Neuenstein.

Nahe der Burg hatte sich im Laufe der Jahrhunderte der Weiler Neuenstein gebildet. Er bestand zunächst aus den zur Burg gehörenden Gebäuden, wie Schäferei, Ökonomiegebäude und Wohnungen der Dienstleute. Nachdem die ehemaligen Herren die Burg verlassen hatten (Ende des 18. Jahrhunderts), blieb nur eine Familie hier wohnen. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts waren es dann bereits drei Familien, die sich in Neuenstein angesiedelt und sich ihre Häuser aus den Ruinen der alten Burg gebaut hatten. Zur Zeit wohnen sieben Familien in Neuenstein.

Politische Bedeutung hatte die Herrschaft Neuenstein nie erlangt. Das lag daran, daß sich keine eigene Linie Neuenstein oder gar eine Dynastie entwickeln konnte, die aus eigenem Interesse heraus versucht hätte, die Herrschaft zu vergrößern. Die Gründe hierfür sind zunächst in der Person des Erbauers zu suchen, der dem geistlichen Stand angehörte und keine Familie gründen konnte und weiter, daß Neuenstein bereits in der dritten Generation an die Manderscheider fiel. Damit hatte die Burg ihre eigentliche politisch-strategische Bedeutung verloren. Entsprechend der geringen politischen Bedeutung war auch das wirtschaftliche Gewicht der Herrschaft Neuenstein. Viel warf das kleine Ländchen für seine Besitzer nicht ab. Dietrich III. setzte 1457 einen Wynand von Mecheren als Verwalter in Neuenstein ein. Diesem wurde die Nutzung des Heuwasens zu Neuenstein zugesagt. Er mußte alle von den Untertanen abzuliefernden Hühner und jährlich 10 Malter Hafer nach Manderscheid schicken. Ferner mußte er vier Moselfahrten für den Manderscheider ausführen. 1463 erhält ein Daess von Walhorne die Burg zur Verwahrung. Auch er muß 10 Malter Hafer, dazu 10 Gulden und 6 Malter Korn nach Manderscheid abliefern. Weiter war auch er für Moselfahrten und Holzfuhren der Hintersassen verantwortlich. Dazu mußte er noch den Pförtner bezahlen und das Land beschützen. Aus den vorgenannten Zahlen und Angaben ist zu ersehen, daß die kleine Herrschaft Neuenstein nur eine bescheidene wirtschaftliche Bedeutung hatte.

Neuenstein gehört heute zur Gemeinde Ormont in der Verbandsgemeinde Obere Kyll. Nichts erinnert mehr daran, daß der Weiler einmal Mittelpunkt einer kleinen Herrschaft war. Von der Burg und anderen alten Gebäuden ist nichts mehr erhalten. Nur der Burgberg hält die Erinnerung an Schloß und Herrschaft Neuenstein aufrecht.

Quellen:

Schannat/Bärsch, Eiflia Illustrata, Band 1 Abt. 2 und Band 3

Abt. 2 Abschnitt 1

Peter Neu, Geschichte und Struktur der Eifelterritorien des

Hauses Manderscheid

Joh. Heydinger, Luxemburgisches in der Eitel