Dreikönigsball und Bohnenkönig

Altes Brauchtum beim MGV Daun gepflegt

Holdwill Weber

Das Jubiläumsjahr einer Stadt sollte nicht nur Anlaß bieten der Heimatgeschichte den Platz einzuräumen, der ihr gebührt, sondern gleichzeitig sollte auch dem Heimatbrauchtum verstärktes Interesse entgegengebracht werden. In diesem Sinne will dieser Beitrag sich verstanden wissen, der sich mit der Tradition des Dreikönigsballes und der damit verbundenen Kürung des Bohnenkönigs beschäftigt.

Als sich im Jahre 1162 die Stadt Mailand erneut gegen die berechtigten Ansprüche des deutschen Kaisers Friedrich l. (Barbarossa) erhob und diesen Hochmut mit der vollständigen Zerstörung bezahlen mußte, brachte Rainald von Dassel, Erzbischof von Köln und Reichskanzler für Italien, die Gebeine der Hl. Drei Könige in die Rheinmetropole Köln (1164). Seit dieser Zeit erfreuen sich die Hl. Drei Könige in der Erzdiözese Köln einer ganz besonderen Verehrung, die nicht nur im liturgischen Bereich ihren Ausdruck fand. Daß die neuerworbenen, kostbaren Reliquien Ziel vieler Pilgerfahrten wurden und alljährlich eine große Zahl Wallfahrer anzogen, was eine willkommene Geldeinnahmequelle für die Bürger der Stadt Köln war, sei hier nur am Rande erwähnt. Mit der Hohen Domkirche feierten viele Kirchen den Dreikönigstag als eines der höchsten Feste der Diözese.

Inspiriert von einem aus Nordfrankreich kommenden Brauchtum verbreitete sich seit dem 14. Jahrhundert die Sitte, am Dreikönigstag (Epiphaniastag) einen König zu wählen oder auszulosen. So wählten die Kölner Subdiakone am Dreikönigstag ihren König. In der Nachbardiözese Trier kürte der Stadtrat (bis nach 1656) am Vorabend des Epiphaniastages durch Los einen König und anschließend wurde auf Kosten der Stadt ein Festessen gehalten. In vielen Bürgerhäusern traf man sich ebenfalls am Dreikönigstag, erloste einen König und feierte mit ihm ein rauschendes Fest in feucht-fröhlicher Stimmung, wie ein Gemälde von Jordaens aus dem 17. Jh. zeigt.

Daun gehörte bis 1801 zu dem Kurkölnischen Eifeldekanat, d. h. während der Erzbischof von Trier die weltliche Hoheit repräsentierte, übte der Kölner Erzbischof die geistliche Gerichtsbarkeit aus. Die Pflege des Dreikönigsbrauchtums in Daun findet durch diese kirchliche Bindung an Köln eine einfache Erklärung.

Die chronologische Einordnung der Übernahme des Dreikönigsbrauchtums in Daun stellt den Historiker vor ein schwieriges Problem, da zwei glaubhafte Versionen tradiert sind. Die Satzung des MGV von 1850 sieht in 26 jährlich ein Stiftungsfest vor sowie einen Vereinsball, der vorläufig am Dreikönigstag stattfinden soll.

Zeremonienmeister und II. Vorsitzender Adalbert Hommes reicht den Kuchen zur Königskür.

Der Chronist des Festbuches, das anläßlich des 75. Jubiläumsjahres des MGV im Jahre 1925 herausgegeben wurde, berichtet, daß 1864 erneut der 6. Januar als Zeitpunkt für die Durchführung eines festlichen Balles terminiert wurde. Gleichzeitig habe man festgesetzt, daß am gleichen Tag ein gemeinsames Essen mit Verteilung des Bohnenkuchens stattfinden soll. Als Urheber dieses rheinischen Brauches gilt der sich in vielen Bereichen um den Kreis Daun verdient gemachte Landrat Dr. Alwin Aschenborn (Landrat 1851 -65 - selbst aktiver Sänger im MGV — und der Apotheker Ludwig Biehaut. Die zweite Version datiert die regelmäßige Veranstaltung des Königsballes durch den MGV zu einem späteren Zeitpunkt. Danach veranstaltete ursprünglich der Kirchenchor — Chorgesellschaft, wie er sich damals nannte — jedes Jahr einen Dreikönigsball. Während des Kulturkampfes, der Auseinandersetzung des preußischen Staates mit der kath. Kirche (1871 bis 1887) übernahm der Männergesangverein 1877 die Ausrichtung der traditionellen Veranstaltung. Unter Nr. 36 der »Annalen« des MGV der Jahre 1870 -1903 wird unter dem Datum 15.12.1877 folgende Beschlußfassung protokolliert: mit 14 gegen 2 Stimmen wurde die Ausrichtung des Königsballes vom Kirchenchor übernommen. Hierfür zeichnet Verantwortung der bekannte Dechant Hoersch, der mit seiner »Beschreibung des Pfarrbezirkes Daun und der Geschichte der Grafen von Daun zu Daun« (aus dem Jahre 1877), einen wertvollen Grundstein zur Erforschung der Dauner Heimatgeschichte gelegt hat. Dem Königsball voran geht das sogenannte »Herrenessen«, zu dem neben den aktiven und inaktiven Sängern auch die Vertreter der Kirchen und des öffentlichen Lebens geladen werden. Der Ursprung des Mahles liegt, wie ich vermute, in der sogenannten »Recreation« (Beköstigung), die die Chorsänger im ehemaligen Eifeldekanat am Dreikönigstag auf Kosten der Kirche erhielten, als Anerkennung für ihren Einsatz bei der Mitgestaltung der Liturgie.

Der MGV Daun hat den Königsball in ununterbrochener Folge durchgeführt, auch wenn im Krisenjahr 1923 das gemeinsame Herrenessen eingeschränkt werden mußte, wie der Chronist berichtet. Bleibt noch die Frage nach der Wahl des Bohnenkönigs. Altem Brauch folgend, ziehen die Kandidaten ein Stück des Königskuchens. König ist, wer die eingebackene Bohne unter seinem Stüjk vorfindet. Ob der Brauch des Königskuchens soweit interpretiert werden darf, daß er an die wunderbare Brotvermehrung erinnern soll, scheint mir sehr gewagt.

Warum aber die Bohne als Kriterium zur Kür des Königs dient, findet eine plausiblere Erklärung: Nach den Ordensregeln die Abt Richard von Daun (gest. 1158), den Augustiner-Chorherren des Klosters Springiersbach gab, gehört die Bohne zu den Früchten, deren Erstlinge nach urchristlichem Brauch wie Brot und Wein eine kirchliche Weihe erfahren durften.

Weder Herrenessen noch Königskür noch Dreikönigsball haben ihre Attraktivität verloren. Besonders der Dreikönigsball ist weit über den Sängerkreis hinaus ein fester Bestandteil des geselligen Lebens der Stadt Daun geworden — eine liebgewordene Tradition, in der sich jedes Jahr erneut die Freude und der Frohsinn der Bürgerschaft widerspiegeln.