Mythologie

aus dem Gerolsteiner Wald

Ereignis und Deutung

Udo Köhler

Das Ereignis: 1670 schlug am Feste des hl. Donatus in den Turm der Burg Gerhardstein ein Blitz ein. In diesem Turm war die Burgkapelle, aber auch das Pulverlager untergebracht. Durch die vom Blitz ausgelöste Explosion stürzte nicht nur das Gewölbe der Kapelle ein, es brannten auch andere Räume wie das Archiv, die Kanzlei, die Rüstkammer und Nebenräume aus. Zu dieser Zeit weilte der Onkel des Grafen Karl-Ferdinand, der Domherr Wilhelm Ernst von Manderscheid, auf der Burg Gerhardstein. Aus Dankbarkeit darüber, daß kein größerer Brand womöglich Burganlagen und Stadt vernichtete und daß kein Mensch Schaden nahm, gelobte er, eine Kapelle zu bauen, die der Jungfrau Maria ad fontem (an der Quelle, »zum klaren Bronnen«) geweiht sein sollte.

Um diese beurkundete Entstehungsgeschichte der »Büschkapelle« woben Überlieferung und Sage den geplanten Überfall auf das gräfliche Paar durch Wegelagerer und dessen glückliche Bewahrung. Im 18. Jahrhundert ist die Büschkapelle verfallen. Erst in den Jahren 1852/53 errichtete dann die Familie Daubach aus Gerolstein wieder die heutige, vielbesuchte, beliebte Büschkapelle.

Die Deutung: Graf Karl-Ferdinand (f 1697 in Aachen), eine Straße auf der Burghöhe in Gerolstein trägt noch heute seinen Namen, kam angeblich mit seiner Gemahlin von einem Verwandtenbesuch auf dem Schloß derer von Menderscheid-Kayl im heutigen Oberkail zurück, als die Gräfin Maria Katharina, geb. Königsegg-Rothenfels, von innerer Unruhe ergriffen, ihren Gemahl bat, doch den Wagen zu verlassen. Der Graf folgte der Bitte seiner Gemahlin. In der Nähe des späteren Davits-Kreuzes, das dort 1764 von einem Manne namens Davits (mit Heiligenfigur und Kruzifix) in 2,5 m Höhe errichtet wurde, verließ das Paar das Gefährt und ging den kleinen Fußpfad über den Rasbach in gerader Richtung auf Burg Gerhardstein zu. Kaum hatte es die Burg erreicht, da hörte es Schüsse aus dem Walde.

Die heutige »Büschkapelle« im Gerolsteiner Wald erinnert an die ursprüngliche, vom Domherrn gelobte Kapelle, die dann, 1681 gebaut, später verfiel und von der Familie Daubach in Gerolstein neu errichtet wurde.

Der Kutscher war mit dem Wagen langsam dem Hohlweg und der schmalen Fahrstraße gefolgt. Inmitten des großen Bogens, wo der Rasbach entspringt, stürzten plötzlich zwei vermummte Gestalten den Pferden in die Zügel. Diese, erschrocken, bäumten sich auf und galoppierten rasend davon. Aus Wut schössen die Räuber dem Wagen nach. Der Kutscher verlor vor Schreck sein Barett, die Kugeln aber durchschlugen Fenster, Verkleidung und die Polster des Wagens, gerade dort, wo soeben noch die von den Gerolisteinern verehrte Gräfin gesessen hatte.

                                                                                                                                   

Das »Grafenkreuz«, unweit der »Büschkapelle«, wo der »Überfall« auf die Kutsche des Gerolsteiner Grafenpaares stattgefunden haben soll. »Das großeUnglück« deutet wohl auf den Blitzschlag in den Kapellenturm der Burg Gerhardstein,

Das »Davitskreuz« aus späterer Zeit soll die Stelle kennzeichnen, an welcher das Grafenpaar ahnungsvoll die Kutsche rechtzeitig verließ.

Als der Wagen in die Burg rollte und der Kutscher den Überfall berichtete, erkannte der Graf, wie er und seine Gemahlin durch die Ahnung der Gräfin bewahrt wurden. An der Stelle, wo der Überfall stattfand, ließ Karl-Ferdinand ein Kreuz errichten, das »Grafenkreuz«. 1928 wurde ein Bild veröffentlicht, das nur den Schaft (ohne Kruzifix) zeigt. Im Socke, steht die Jahreszahl 1690, nach oben folgt die Inschrift, das Wappen und neuerdings wieder das Kruzifix. Die Inschrift besagt: Karl Ferdinand, Graf zu Manderscheid, Blankenheim und Gerolstein, Herr zu Cronenburg, Bettingen und Daun hat dieses Kreuz infolge großen Unglücks errichten lassen«.

Der Gräfin sei dieses Kreuz zu wenig gewesen. Sie habe gelobt, für ihre wundersame Errettung eine Kapelle bauen zu lassen. So habe sie ihren Gemahl bedrängt, bis dann 1681 die »Büschkapelle« errichtet wurde. Sie wurde der hl. Dreifaltigkeit, der Gottesmutter, dem hl. Joseph, der hl. Barbara und dem hl. Wilhelm geweiht.

Der Räuber Scharding aus Gees und seine Komplizen seien wenig später gefaßt worden. Man habe sie wegen anderer Morde und eben wegen dieses Überfalles gehängt. Da die Familie vor den Franzosen nach Böhmen geflohen sei, verfiel die alte Kapelle, bis im vorigen Jahrhundert die jetzige neu errichtet wurde.

Die Burg Gerhardstein, nach einem Gemälde von Degode 1911, oberhalb des Ortes auf schroffen Felsen; Stätte des Blitzschlages und Zufluchtsort des Grafenpaares, von Gerhard VI (1314- 50) erbaut, 1961 wurde sie im pfälzischen Erbfolgekrieg vom Grafen selbst eingeäschert, damit sich die Franzosen unter Ludwig XIV. dort nicht festsetzen konnten.

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