10 Jahre Jugendzentrum

Steineberg e. V.

Vom Bauernhof zum »Paradies für Barackenkinder«

P. Johannes Lennartz (CSSR)

»Hoch im Eifelland — steht ein Bauernhaus — hübsch und fein . . .« Mit dieser »Eifeler Nationalhymne« muß ich schon beginnen; denn genau dieses Bauernhaus in Steineberg bei Daun hatte es mir angetan, als ich als langjähriger Obdachlosen- und Zigeunerseelsorger vom Großraum Köln auf der Suche war nach einem Bauernhof in der schönsten Gegend der Vulkaneifel mit ihrer überwältigenden Schönheit der Natur und ihrer kernig-gläubigen und liebenswürdigen Bevölkerung, um hier eine Heimstätte zu schaffen für Kinder und Jugendliche am Rande unserer Gesellschaft, aus sozialen Brennpunkten einer Großstadt, aus Elendsbaracken, Notunterkünften, Eisenbahnwaggonsiedlungen und Bunkerbehausungen.

Ausgangspunkt und Anstoß zu diesem Sozialwerk war ohne Zweifel die spezifische Aufgabe meines Ordens, der Redemptoristen. Hier heißt es in unserer Ordensregel, in »Dienst und Leben der Redemptoristen« u.a.:

»Ihr Ziel ist es, in der Verkündigung des Wortes Gottes an die Armen dem Beispiel unseres Erlösers Jesus Christus zu folgen, der von sich gesagt hat: 'Den Armen die frohe Botschaft zu bringen hat er mich gesandt<.«

... die Armen, zu denen sich die Kongregation vor allem gesandt weiß, sind die Menschen, die an der erbarmenden Liebe Gottes in Christus Jesus weniger teilzuhaben scheinen und bei denen die Kirche nicht wirksam genug gegenwärtig ist.

...wir wenden uns besonders jenen Schichten zu, die gesellschaftlich und wirtschaftlich benachteiligt sind. Daß die Kongregation die eigentliche Verkündigung des Evangeliums anstrebt, sich der seelsorglichen Notstände annimmt und dabei noch solche Schichten bevorzugt, die sozial weniger gut gestellt sind, gibt ihr die wahre Existenzberechtigung innerhalb der Kirche und bildet den Prüfstein der Treue zum empfangenen Auftrag.

... die Kirche ist gesandt, den ganzen Menschen zu heilen und die ganze Welt in Christus zu formen. Darum sollen wir auch Werke, die die menschliche und soziale Entwicklung betreffen, aufzubauen versuchen ...

Genau 10 Jahre sind es nun her, daß über 500 Jugendliche aus 18 Nationen diesen Bauernhof, der anderthalb Jahre leergestanden hat, renoviert, modernisiert und umfunktioniert haben zu einem modernen Kinderheim und Jugendzentrum mit über 100 Betten. Inzwischen haben über 100000 Kinder und Jugendliche, die irgendwie zu kurz kamen (doch sicher ohne eigene persönliche Schuld!), aus sozial schwachen Familien, Arbeitslose, geistig- und körperlich Behinderte, blinde, gehörlose Jugendliche und Vietnamesenkinder Gelegenheit gefunden zur Abspannung, Integration, Erholung und Besinnung. Es sind Menschen — Kinder und Jugendliche — am Rande unserer Gesellschaft und doch gleichberechtigte Mitglieder. Wenn auch Maßnahmen zur Integration dieser gesellschaftlichen Randgruppen von sozialen, kirchlichen und kommunalen Institutionen in den jeweiligen Städten und Gemeinden durchgeführt werden, so führten doch die in den Slums und Elendsquartieren am Rande der Stadt Köln in der Praxis gewonnenen Erkenntnisse zu dem Gedanken und festen Entschluß, die herkömmliche Betreuungsarbeit am Ort durch die Schaffung eines Erholungs- und Bildungszentrums zu ergänzen.

So entstand das »Jugendzentrum Steineberg e. V.«, das im Geiste christlicher Erziehungs- und Bildungsarbeit in den vier separaten Häusern bereits fast eintausend Maßnahmen initiiert, gefördert und druchgeführt hat für diese oder ähnlich gelagerte Zielgruppen-Maßnahmen, die eine Unterstützung bei der Beseitigung von der soziokulturellen Benachteiligung dieser gesellschaftlichen Randgruppen darstellen.

So werden Maßnahmen mit folgenden Schwerpunkten durchgeführt:

- Förderung spezifisch musischer, handwerklicher und kultureller Fähigkeiten und Fertigkeiten

- Freizeit- und Erholungsmaßnahmen

- Maßnahmen zur religiösen und politischen Bildung

- berufsfördernde Maßnahmen

- Maßnahmen zur Förderung von Selbständigkeit, Eigeninitiative und Kooperation

- Maßnahmen, die dem Kennenlernen und Erfahrungsaustausch über unterschiedliche     Problemstellungen in sozialen Brennpunkten und Institutionen dienen

- Fort- und Weiterbildung von ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern in sozialen Institutionen.

- Grundaufbaulehrgänge für arbeitslose und gefährdete Mädchen (Neun-Monatekursus mit Internat)

- Integrationsmaßnahmen für Vietnamesische Flüchtlinge

Dieser Maßnahmenkatalog richtet sich mit den entsprechenden inhaltlichen Veränderungen auch auf die Betreuung körperlich und geistig Behinderter.

Hinzu käme die ortsgebundene Jugendarbeit und Erwachsenenbildung, (Möglichkeit der Mitbeteiligung an allen heiminternen Veranstaltungen, Discothek, Film, Schüler-Lernhilfe, Judoclub, Damenturnen Rote-Kreuz-Kurse usw.), nicht zuletzt aus Dank für die einmalige Mithilfe, die die Dorfbevölkerung unserem Jugendzentrum erwiesen hat.

Die baulichen Gegebenheiten entsprechen sicherlich zur Zeit den schon bei der Gründung dieser Einrichtung fest formulierten Zielsetzungen-, Funktionsräume mit entsprechender Ausstattung (Mehrzweckhalle mit ca. 500 Sitzplätzen und einer Bühne von 10 x 5 m Größe, Lehrküche mit Clubraum, etliche Tagungsräume, 2 Lehrwerkstätten (auch für Emaillier- und Tonarbeiten, Foto- und Videostudio, Bastei- und Malräume, Judoraum, Bundeskegelbahn, Diskothekräume, solarbeheiztes Schwimmbad mit hydraulich hebbarem Boden (zur Nutzung auch für Kinder und Körperbehinderte zu therapeutischen oder heilgymnastischen Maßnahmen), Sauna, drei Selbstverpflegungsküchen, Bibliothek und Leseraum. Ein Spiel-, Abenteuer- und Sportplatzgelände rundet das ganze ab.

Träger dieser Jugend-Einrichtung ist der eingetragene Verein "Jugendzentrum Steineberg e. V.«, der dem deutschen Caritasverband angeschlossen ist. 1974 erfolgte die »Anerkennung auf Gemeinnützigkeit« durch das Finanzamt Daun; seit 1976 ist die Einrichtung durch den Jugendwohlfahrtsausschuß der Stadt Köln sogar als »Träger der freien Jugendhilfe« anerkannt.

Dreifacher Anlaß gab uns Grund zur Freude und zum Feiern zur großen 3-Tage-Jubiläumsfeier Anfang Mai 1982:

10 Jahre Jugendzentrum Steineberg, Einweihung des großen Erweiterungsbaues die 100 000. Übernachtung... Zu diesem Fest moderierte der »Wetterfrosch« Elmar Gunsch schwungvoll die Gala-Abende, sorgten für einmalige Stimmung 13 Fernsehstars und ein bezauberndes Publikum erschien, es beehrten uns Vertreter von Staat und Kirche, der CDU-Bundesvorsitzende Helmut Kohl, der den »Dienst am Nächsten, der hier praktitiziert werde, ein Musterbeispiel für die moralische Struktur einer Demokratie . . .« nannte und der Präsident des Magischen Zirkels, der dieses Jugendzentrum als »Zauberburg der Liebe« bezeichnete.

Für die Zukunft brauchen wir noch eine große Schar von Helfern! Allen Bewohnern dieses Eifeldörfchens Steineberg, die dieses Werk mit allen Belastungen bewundernswert angenommen und gefördert haben, all den unzähligen Helfern aus dem Dauner Kreis und Eifelland, allen Behörden und nicht zuletzt allen Mitgliedern des eingetragenen Vereins, den ehren- und hauptamtlichen Mitstreitern und allen Wohltätern unseres Hauses sei an dieser Stelle aufrichtiger Dank gesagt.