Der Kuckuckshafer
Der wilde Winter war verflogen, |
Ein milder Frühling eingezogen, |
Auf Wiesen, Au'n und Rainen lacht |
Der holden Blümlein bunte Pracht.
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Es klang der Vöglein Chor nun wieder, |
Er sang die alten frohen Lieder, |
Und alle Welt ist hoch erfreut, |
Daß die Natur sich jetzt erneut.
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Doch Wiesbaum nicht die Freude teilet, |
In Winterstimmung noch verweilet, |
Und niemand ahnt den wahren Grund, |
Weshalb man sich nicht freuen kunnt.
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Zum Dorfplatz kam nun die Gemeinde |
Einst abends, bei dem Mondenscheine, |
Beratet, wie man Ändrung schafft, |
Der trüben Lage sich entrafft.
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Da spricht ein Mann von hohen Jahren, |
Der viel im Leben schon erfahren: |
»Ich weiß genau, was Hilfe bringt, |
Macht bloß, daß uns der Kuckuck singt!«
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»Ach ja«, sie rufen, »nun wir wissen, |
Was wir vom Frühling mußten missen, |
Geschafft muß werden für den Wald |
Ein Kuckuck, der uns singt, gar bald!«
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Nach Hilleshelm drum eiligst gehen |
Drei Männer, bitten dort und flehen, |
Man möge doch so gütig sein |
Und ihnen einen Kuckuck leih 'n.
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Sofort erfüllt man ihr Verlangen, |
Ein Kuckuck wird für sie gefangen, |
Alsdann gebracht in ihren Wald, |
Dort singt er, daß im Dorf es schallt.
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Vor allen Häusern steh 'n die Leute, |
Gespannt sie lauschen, jeden freute |
Des Kuckucks heller Stimmenklang, |
Und alles ging den rechten Gang.
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Man wünscht nun nicht umsonst zu haben |
Die beste aller Frühlingsgaben, |
Drei Bester Hafer als Entgelt |
Wird Hillesheim drum zugestellt.
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Und Wiesbaum schriftlich sich verpflichtet, |
Daß jährlich es die Spend' entrichtet, |
» Wofern im Wald der Kuckuck singt«, |
So ist es im Vertrag bedingt.
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Der Kuckuck hat dann treu gesungen, |
Auch kam der Hafer wie bedungen; |
Es strich in uns'rer Väter Tag |
Napoleon erst den Vertrag. |