Einige Edelfalter in der Eifel

Verweile doch! Du bist so schön! (Goethe, Faust I)

Udo Köhler

Im August 1981 war es mir vergönnt, im dänischen Seebüll bei Tondern, die Emil-Nolde-Stiftung mit ihren farbfrohen Gemälden zu besichtigen. Zur »Umwelt« der Stiftung gehört auch der Nolde'sche Hausgarten mit noch vielen erlesenen Blumen, welche dem Künstler manche Anregung gegeben haben mochten für seine Färbkombinationen, mit welchen er etwa das Wesen der Blumen herausstellte. An einer Stelle des Gartens standen Besucher und schauten still vor sich auf den Boden. Da hatte sich ein schwarzer Falter mit weiß-roter Verzierung, ein »Admiral» (Vanessa atabanta), — wie es große Schmetterlinge offenbar gern einmal tun — auf dem nackten Boden niedergelassen, wohl um ein wenig Schutz zu haben vor dem heftigen Meereswind. Man bewunderte staunend die Schönheit dieses Tieres, niemand rührte es an, niemand wollte es fangen, bis es sich nach kurzer Atempause erhob und in die nahen Büsche davonsegelte.

Um im »Norden« zu bleiben: In seiner Novelle »Auf der Universität« schreibt Theodor Storm einmal: »Unter Beihilfe meines Vaters, der ein leidlicher Entomologe (Insektenkenner) war, hatte ich vor einigen Jahren eine Schmetterlingssammlung angelegt und bisher mit Eifer fortgeführt. Ich war nach Tisch auf mein Zimmer gegangen und stand vor dem einen Glaskasten, deren schon drei dort an der Wand hingen. Die Nachmittagssonne schimmerte so verlockend auf den blauen Flügel der Argusfalter, dem Sammetbraun des Trauermantels, mich überkam die Lust, einmal wieder einen Streifzug nach dem immer noch vergebens von mir gesuchten Brombeerfalter zu unternehmen. Ich nahm meinen Ketscher (=Kescher) vom Nagel...

Dieser Ausflug endete: »Von einem Brombeerfalter aber war keine Spur. Meine Hand faßte denj<etscher, aber was kümmerte mich jetzt dieses Knabenspielzeug. Ich sprang auf und hängte ihn hoch, so hoch, wie ich vermochte, zwischen den dichtbelaubten Zweigen des Baumens auf... «

Der Schwalbenschwanz (Papilio machaon). Dieser Ritter- oder Edelfalter tritt in zwei bis drei Generationen auf, meist im April bis Mai oder von Juli bis September. Hierauf kargem Boden verschnaufend.

Der Kaisermantel (Argymnis paphia), ein »goldfarbener« Tagschmetterling, auch »Silberstrich« wegen der hellen Unterseite der Flügel so benannt, tritt Ende Juni bis September auf. Hier sitzt er auf blühendem Dost (einer Art wilder Majoran) zu Füßen der Munterley.

Das Pfauenauge (Vanessa io) ist ei n Tagfalter, der hier eine Miniaturdahlie im Hausgarten besucht. Seine Raupe nährt sich gern von Nesseln

Der Trauermantel (Vanessa [Nymphalis] antiopa), ein sammetbrauner Tagfalter mit gelb gerandeten Flügeln. Er fliegt im Frühjahr bis in den Mai und dann wieder ab Juli. Er bevorzugt Birken. Hier sitzt er auf einer Eiche im Salmer Wald.

Der große Fuchs (Vanessa [Nymphalis] polichloris). Überwinternde Exemplare fliegen schon zur Krokuszeit. Er tritt in zwei bis drei Generationen auf (bis Oktober). Hier besucht ein Sommerexemplar den »Schmetterlingsstrauch« (Sommerflieder, Buddleia davidii) im Hausgarten.

Der Distelfalter (Vanessa cardui), ein Eckflügelschmetterling, dessen Raupe gern auf Brennesseln oder Disteln lebt. Er tritt in ein bis drei Generationen von Mai bis Oktober auf. Er ist ein Wanderfalter, hier am Nektar einer Verbene naschend.

 

Mit dem Kescher Schmetterlinge zu fangen, sie im Aetherglas zu töten und für die Sammlung aufzustecken, ist wirklich nur ein »Knabenspielzeug«, ein verwerfliches sogar! Denn: »Niemand kann heute Schmetterlinge wie Briefmarken oder aus dekorativen Gründen sammeln. Niemand kann heute den Handel mit Schmetterlingen, z. B. auf Insektenbörsen, gutheißen« (Lölf in derZeitschr. »Die Eifel« 1981,4, S. 223). Es darf nicht sein, was Ulrich Strech behauptet: »Unsere Gegenwart ist eine Vergangenheit des Schönen« (Zeitschr. »Die Eifel« 1981, 5, S. 281). Nichts gegen eine wissenschaftliche Sammlung für Forschungszwecke — aber es gibt eine andere Möglichkeit, die gaukelnden Kostbarkeiten zu sammeln: Nämlich durch das Mittel der Photographie! Natürlich gehören dazu Beobachtungen, kluge Verhaltensweise, viel Geduld, günstige Witterung, gutes Licht, technische Ausrüstung, aber diesem Aufwand stehtdie Hoffnung gegenüber, daß es niemals »Sommertage ohne Falter« geben wird.

Darum zur Ehre Storms sein Vierzeiler:

»Hüte, hüte den Fuß und die Hände,

eh sie berühren das ärmste Ding!

Denn du zertrittst eine häßliche Raupe

und tötest den schönsten Schmetterling!«

Man kann die Schmetterlinge auch etwas herbeilocken.

Sie lieben blühende Hecken, besonders den »Sommerflieder« (Buddleia davidii), den man geradezu auch den »Schmetterlingsstrauch« nennt, sie lieben sogar Brennesselstauden oder etwa die Polster des bodenbedeckten Sedum spurium mit seinen zahllosen Blüten. Dann wird man bald Gegenden und Jahreszeiten herausfinden, in denen »der Schmetterling noch König ist«.