Rund 450 Personen aus allen Bevölkerungskreisen hatten sich beim Bürgerempfang durch den Ministerpräsidenten eingefunden, darunter auch zahlreiche Offiziere und Soldaten der Bundeswehrgarnisonen Daun und Gerolstein.

Der Ministerpräsident antwortet...

. . . auf Fragen der Jahrbuch-Redaktion

Die vielseitigen Gespräche, die der Ministerpräsident im Kreise Daun mit allen Schichten der Bevölkerung führte, veranlaßten die Jahrbuch-Redaktion zum Abschluß der Kreisbereisung, den hohen Gast um ein Interview zu einigen aktuellen Fragen zu bitten. Hier unsere Fragen und die Antworten des Herrn Ministerpräsidenten:

Frage: Seit Ihrem Amtsantritt besuchen Sie zum zweiten Male den Landkreis Daun. Warum unternehmen Sie diese Bereisung?

Antwort: Es ist richtig, mein erster offizieller Besuch des Landkreises Daun fand vor vier Jahren, am 3. Juli 1978, statt. Diese erste Runde der Kreisbesuche könnte auch als Antrittsbesuche bezeichnet werden, verbunden mit meinem Wunsch, als Ministerpräsident ein möglichst genaues und objektives Bild über unser Land und die Probleme zu haben, die in den jeweiligen Regionen vorherrschend sind. — In der zweiten Runde der Kreisbereisungen, die in diesem Jahr zu Ende geht, stehen jeweils Sachthemen im Mittelpunkt der Begegnungen und Gespräche. Es geht um Fragen der Wirtschafts- und Strukturpolitik. Aber ich habe auch jedesmal Begegnungen mit Jugendlichen. Es gibt in dieser zweiten Runde keine Kreisbereisung ohne ein Gespräch mit jungen Leuten. Das gilt auch für den Landkreis Daun, wo ich etwa zwei Stunden mit jungen Leuten in Jünkerath deren Probleme erörtert habe.

Frage: Ihre Regierung hat sich als einen Schwerpunkt die Rechtsvereinfachung und eine verstärkte Bürgernähe der Verwaltungen zum Ziel gesetzt. Sind hier schon Erfolge sichtbar? Antwort: Sie haben recht. Ein Schwerpunkt innerhalb des Generalthemas der Verbesserung der Beziehung von Bürger und Staat ist die Rechtsvereinfachung. Die Landesregierung hat in dieser Wahlperiode besondere Anstrengungen in dieser Hinsicht unternommen. Sie zielten einmal dahin, neue Rechtsvorschriften auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Und hier ein Beispiel: In dieser Wahlperiode wurden bisher 36 Gesetze verkündet; in der vorangegangenen waren es 79 und in derdavorliegenden sogar 184 Gesetze, die neu erlassen worden waren.

Auch die Zahl der Rechtsverordnungen sind ständig gesunken. Von 1975 bis 1978 sind 128, von 1979 bis 1981 nur noch 92 verabschiedet worden. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß einige dieser neuen Verordnungen der Reduzierung und Vereinfachung des geltenden Rechts dienen und oft nur Änderungsverordnungen oder -gesetze sind. Darüber hinaus haben wir die Gesamtzahl der in Rheinland-Pfalz geltenden Gesetze und Rechtsverordnungen innerhalb von zwei Jahren um fast drei Prozent verringert und werden diesen  Weg beharrlich weiterverfolgen. Der Entwurf eines ersten Rechtsbereinigungsgesetzes wird im Landtag eingebracht. 47 Bußgeldtatbestände und 52 Gesetze und Rechtsverordnungen sollen aufgehoben und darüber hinaus 60 Landesverordnungen in einer Bereinigungsverordnung aufgehoben werden.

Vielfäitig waren die Probleme, die der Ministerpräsident mit den Stadt- und Ortsbürgermeistern aus dem Kreisgebiet erörterte.

Besonderes Interesse gilt auch der Vereinfachung von Verwaltungsvorschriften. Hier haben wir uns zum Ziel gesetzt, diese Aufgabe bis Ende nächsten Jahres erledigt zu haben. Sämtliche vorhandenen Verwaltungsvorschriften werden geprüft und überarbeitet und der Neuerlaß von Verwaltungsvorschriften wird auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt. Sie sehen also, es gibt durchaus Erfolge.

Aber auch die Verwaltung ist bürgerfreundlicher geworden. Hier nur einige Beispiele: In 213 Rathäusern und den Kreisverwaltungen gibt es inzwischen einen Bürgerberater. Das Finanzamt ist auch in Abendstunden für den Bürger offen. Ein Behördenwegweiser zeigt den Bürgern den »kurzen Weg zur richtigen Behörde«. Viele tausend Vordrucke und Computerbescheide wurden bisher überprüft und vereinfacht. Instanzenwege wurden verkürzt usw.

Frage: Ein besonderes Anliegen der Wirtschaft des Landkreises Daun (aber auch des Bezirkes Trier und des Saarlandes) ist die Fertigstellung der Autobahnreststrecke der A1, Mehren - Tondorf. Allein die Sprudelindustrie des Kreises Daun könnte durch die Fertigstellung ca. 5 Mio. DM jährlich an Transportkosten sparen und somit an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen. Wie sehen Sie die Chancen zur Schließung dieser Autobahnlücke im Verkehrsnetz der Eifel?

Antwort: Es ist richtig, eine durchgreifende Fertigstellung der A 1 würde mit einer Wegverkürzungvon 45 km die kürzeste aus der Region Trier und dem Saarland nach Köln schaffen. Bis 1982/83 soll die A 1 bis nördlich Blankenheim fertiggestellt sein. Bis zu diesem Zeitpunkt wird auch die Lücke zwischen Trier und Hermeskeil geschlossen sein. Inzwischen ist auch die Strecke Daun - Tondorf, deren Kosten sich auf rund 250 Millionen DM belaufen werden, in die Stufe 1b des ab 1981 geltenden Bedarfsplans des Bundes aufgenommen. Hier haben wir allerdings einige Schwierigkeiten. Die bisher geplante Trasse soll besonders in das Landschaftsbild eingepaßt, der Abstand zur Bebauung vergrößert werden. Ein zusätzliches Umweltverträglichkeitsgutachten wird ebenfalls Verzögerungen im Planungsablauf zur Folge haben. Das Land Rheinland-Pfalz wird sich weiterhin beim Bund dafür einsetzen, daß die vom Bund vorgenommene Untergliederung der Dringlichkeit l in die Baustufe la und Ib flexibel gehandhabt wird, so daß ein Vorziehen von Ib-Maßnahmen und damit auch ein Vorziehen dieser Strecke ermöglicht wird.

Beim Gespräch des Ministerpräsidenten über Landwirtschaft waren auch Landrat Orth (stehend) sowie (von links) MdL Wollscheid, MdB Dr. Wertes und rechts der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Leo Blum, Niederbettingen, anwesend.

Hier der Ministerpräsident (Mitte) im Gespräch mit den Innungsobermeistern des Kreises Daun.

Frage: Der Landkreis Daun — Zentrum der Vulakaneifel — hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte im Fremdenverkehr erzielt. Diese Sektion ist zu einer starken Erwerbssäule für die Bevölkerung geworden. Könnte die geplante Wiederaufbereitungsanlage bei Kaisersesch diese Entwicklung gefährden? Oder: Wie sehen Sie das?

Antwort: Über diese Fragen werden demnächst Untersuchungen beginnen. Nachdem der Antrag für die WAA jetzt vorliegt und nachdem die Antragsunterlagen vervollständigt sind, kann die Prüfung nachdem Raumordnungsverfahren beginnen. Nach den bisherigen Erfahrungen sind Fremdenverkehrsentwicklungen im Standort einer kerntechnischen Anlage nicht beeinflußt worden. Dies belegen beispielsweise die Übernachtungszahlen von Bad Karlshafen, das in der Nähe des Kernkraftwerks Wyrgassen liegt, welches 1972 bereits in Betrieb genommen worden ist.

Frage: In den letzten Jahren ist ein verstärktes Interesse der Bürger an Kulturgütern, an deren Erhaltung und an der Heimatgeschichte festzustellen. Werden in diesen Bereichen trotz knapper werdender Finanzen durch die Landesregierung zusätzliche Anreize geschaffen oder durch Beratung und Modellvorhaben neue Entwicklungskräfte mobilisiert?

Antwort: Kultur ist Aufgabe und Möglichkeit zunächst für die Bürger und nicht allein staatliche Planung oder Lenkung. Das heißt: Hier hat der Staat die Aufgabe zu fördern, anzuregen, zu unterstützen, günstige Rahmenbedingungen zu schaffen, aber auch orientierende Beispiele zu setzen. Aber lassen Sie mich auch in diesem Zusammenhang an das rheinland-pfälzische Denkmalschutz- und -pflegegesetz erinnern. Dieses Gesetz verhindert, daß überliefertes Erbe leichtfertig verschleudert wird. Es sorgt dafür, daß den nachfolgenden Generationen eine lebens- und liebenswerte Umwelt erhalten bleibt. Aber auch hier gilt: Dies ist nicht allein Aufgabe spezieller Behörden, sondern eine Aufgabe, die alle Bürger angeht.

Besonderes Interesse zeigte der Ministerpräsident bei den Besuchen am Arbeitsplatz, hier bei der Betriebsbesichtigung im Joleka-Werk Josef Leuschen, Kalenborn. (Bildmitte).