Noch keine Erdwärme aus Vulkanen

Eifelkrater bleiben Fundgruben der Wissenschaft

Lutz Kaiser in einem Südwestfunk-Interview aus dem Studio Trier

 

»Die Gewinnung von Erdwärme ist in absehbarer Zeit in der Vulkaneifel nicht möglich.« Diese Feststellung fiel 1982 in Daun. Ausgesprochen hat sie Prof. Hans-Ulrich Schmincke, im Auftrag der Ruhruniversität Bochum, zum Thema Erdwärme, die Grundlagenforschungen leitet. Eine Falschmeldung im Mai hatte zu teilweise aberwitzigen Befürchtungen bei der Bevölkerung geführt.

Es war inzwischen hier in der Vulkaneifel schon soweit, das Unternehmer in ihren Lavasandgruben ihre Arbeit einstellen wollten, daß Inhaber von Sprudelquellen schon warmes Wasser aus der Erde kommen sahen und die ganz Verzagten jeden Augenblick mit einer neuen Eruption in der Vulkaneifel rechneten. Ausgelöst — wie gesagt das ganze — durch eine falsche Presseauslegung der Grundlagenuntersuchung von Prof. Schmincke, der nun Gelegenheit nahm, Dinge, die falsch beurteilt wurden, klar darzustellen, dazu gebeten von Landrat Karl-Adolf Orth in Daun, im Interesse einer beruhigenden Aufklärung der Bevölkerung. Über 200 Leute waren gekommen und hörten dann auch die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft, die selbst alten Kennern der Vulkaneifel einigen Staub aus den Augen wischten. Im Mittelpunkt die Erkenntnisse des Wissenschaftlers, daß die Wärmevorräte in der Erde der Eifel in absehbarer Zeit nicht nutzbar gemacht werden können und daß die Erforschung der Erdwärme heute da steht, wo die Erforschung des Erdöls vor 100 Jahren stand. Ebenfalls neu, daß, wenn man Eifelvulkanismus meint, man in Dimensionen von etwa 50 000 Jahren vor der Zeitrechnung denken muß. Auf meine Frage, ob die Geologie an anderen Orten der Welt Wärmekraftwerke über Magma, also lavaflüssigen Kammern schaffen könne, im Erdinnern, welche Erfahrungen man hierbei im Blick auf die Schaffung von Alternativenergien gegen Öl und Atom gemacht habe, sagte Prof. Dr. Schmincke:

»Die Geologie ist noch lange nicht soweit, überall auf der Welt das festzustellen zu können. Man hat eigentlich erst angefangen, und man muß viele Jahrzehnte Geduld haben bis die Geologie der Erdwärme so weit ist. Aus diesem Grunde werden in vielen Ländern Grundlagenforschungsprojekte begonnen in diesen Jahren. Man hat schon in einigen Ländern, insbesondere in Italien, Island, Neuseeland, Japan, Kalifornien und einigen mittelamerikanischen Staaten und vor allem auf den Philippinen eine Reihe von Kraftwerken über Magmakammern errichtet und diese werden betrieben mit dem durch die magmatische Wärme angeheizten Grundwasser, entweder in der Form von Heißwasser oder Dampf.«

Frage: Nun zur Vulkaneifel. Die Grundlagenuntersuchungen, die Sie an der Ruhruniversität in Bochum leiten, lassen diese den Schluß zu, daß eines Tages diese Erdwärme in der Eifel nutzbar gemacht werden kann?

Prof. Schmincke: Nein, dies läßt z. Z. diesen Schluß überhaupt nicht zu, denn wir untersuchen eigentlich prinzipiell ein junges Vulkangebiet und versuchen herauszukriegen, ob es dort in der Tiefe noch abkühlende magmatische Körper gibt. Wir sind noch nicht soweit, um Vorhersagen machen zu können. Und selbst wenn es in der Eifel solche Körper gibt, könnte es sein, daß sie in Tiefen sind, die auf absehbare Zeit überhaupt nicht zugänglich sind, über 10 km oder noch tiefer, so daß wir z. Z. und man könnte sagen für die nächsten Jahrzehnte überhaupt nicht davon sprechen können, daß in der Vulkaneifel ein wesentlicher Beitrag zur Energieversorgung der Bundesrepublik geleistet werden kann.

Frage: Der Vulkanismus in der Eifel, Herr Professor, Sie haben 230 Vulkane ermittelt, viel mehr, als man vor 5 Jahren kannte. Ist der Vulkanismus Erdgeschichte oder ist er noch so jung, daß er ab morgen oder übermorgen wieder Gegenwart wird, also im Klartext, wären neue Eruptionen denkbar, die ja schon durch die Gehirne der Leute gingen, aufgrund der Falschmeldung im Mai dieses Jahres?

Prof. Schmincke: Die 230 Vulkane sind zum Teil von uns, zum Teil von Kollegen aus Mainz in den letzten 5 Jahren festgestellt und kartiert worden und gleichzeitig mit der Zahl der Vulkane sind auch neue Forschungen über das Alter von Vulkanen angestellt worden. Worauf wir hingewiesen haben, sowohl die Mainzer wie wir, ist, daß nichts dafür spricht, daß der Vulkanismus in der Eifel zu Ende ist, das heißt aber andererseits überhaupt gar nicht, daß nun morgen oder in 10 oder 100 Jahren ein Vulkan eruptieren wird. Es heißt nur, daß in der Erde unter uns die Vorgänge zur Magmaerzeugung noch weitergehen.

Frage: Sie haben bemerkenswert neue Erkenntnisse über das Alter des Vulkanismus in der Eifel dargestellt, Herr Professor, wie steht es damit?

Prof. Schmincke: Nach den Untersuchungen, insbesondere von Herrn Mertes aus unserer Gruppe und von einigen Kollegen aus Mainz, sind die ältesten Vulkane hier in der Vulkaneifel, die sich hier von Ormont bis Bad Bertrich erstrecken, mehr im Norden und in der Mitte zu suchen, also um Gerolstein und Daun und wenn man nach Süden geht zum Mosenberg, Wartgesberg, Bad Bertrich, findet man, daß der Vulkanismus sich im Laufe der Zeit nach Süden verlagert hat. In der Vulkaneifel hier liegt das Alter der jungen Vulkane wahrscheinlich unter 100 000 Jahren. Das Meerfelder Maar ist ungefähr 25 000 Jahre alt. In der Osteifel, so nennen wir das Laacher-See-Vulkangebiet, ist die jüngste Eruption zugleich die allergrößte überhaupt. Der Laacher See ist vor etwa 10 500 Jahren eruptiert. Es war eine sehr große Eruption, die Aschen findet man noch in Schweden und in Italien und sonst in der Schweiz, Deutschland, Holland, Belgien bis nach Frankreich hinein. Durch die Untersuchung dieser Eruption erhoffen wir uns einige Aufschlüsse über Vulkaneruption noch generell zu bekommen.