VIELFALT DER MUTTERSPRACHE

Mir schätze

un schwätze platt

Nico Sastges

Die Sprache, die uns von der Wiege an vertraut ist, hat ihre Bezeichnung sinnfällig von der Mutter. Jene ersten Laute aus dem Kindesalter bleiben uns verhaftet, auch wenn wir in der Umwelt, in der wir aufwachsen, vielfältige Wandlungen des gesprochenen Wortes wahrnehmen. Unsere Muttersprache prägt sich uns tief im Herzen ein. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil des Heimatempfindens. In unserer Mundart klingt und schwingt ebenso gefühlvoll wie robust all das mit, was wir Heimat nennen. Kein Wunder: Mir schätze un schwätze platt.

Warum das so ist, hat viele Gründe. Kurzgefaßt läßt sich anführen: Am Anfang war das Wort, der Dialekt, lange bevor sich die Schriftsprache entwickelte und danach die Hochsprache zur Umgangssprache wurde. Wissenschaftler, wie die Verfasser der Dudengrammatik (3. Auflage, S. 20) weisen nach: »Die Hochsprache ist erst im 19. Jahrhundert durch das Sozialprestige der Klassik (das ist in der Literatur die Zeit von Goethe und Schiller), die allgemeine Schulpflicht und die industrielle Kommunikation über die Schriftsprache hinaus auch zur gesprochenen Sprache des Alltags geworden . .. Erst Rundfunk und Fernsehen trugen und tragen dazu bei, daß sich immer mehr Sprecher der Hochsprache bedienen. . . und es ist sicher, daß ihre Zahl weiter zunimmt.« Die Entwicklung in den jüngsten fünf Jahrzehnten bestätigt das.

Wir im Kreise Daun tun uns oft schwer mit unserer Mundart. Das liegt zum Teil am Übergang vom moselfränkischen Sprachraum zum Dialekt rheinisch-kölscher Klangfarbe und auch am Übernommenen aus den verschiedenen Besatzungszeiten des Rheinlandes durch Engländer und Franzosen. Unsere von Dorf zu Dorf unterschiedlichen Vokalbetonungen machen es nicht leicht, Dialekt in die Schrift umzusetzen. Dennoch wird hier der Versuch unternommen, das Jahrbuch mit Mundart anzureichern. Ob nun z. B. in Daun und Umgebung »du bist« mit de boß, de baß oder dou boß oder beß ausgesprochen wird, macht zur Verständigung keine besonderen Schwierigkeiten, ebenso wenig wenn im Satzzusammenhang irgendwoanders der Kopf als Kopp, Koop oder Kapp bezeichnet wird. Das kleine Wörtchen »getreten« erfährt im Kreisgebiet mit getreden, jetreden, jetredden, jetrudden und jeträäden, starke Abwandlungen, daß Mundartunterhaltung sehr oft zu lustigen Stilblüten führt. Dialektlesen allerdings erfordert, sich in die lokalgängige Klangfarbe einzufühlen.

Man wird manche Zeile doppelt lesen müssen, um den Inhalt, ja auch den Gehalt der Redewendungen vollends zu erfassen. Weil Lesen Spaß machen soll, haben wir uns bei der Mundartauswahl ein bißchen der heiteren Lektüre zugewandt. Denn unsere heimischen Karnevalisten tragen wesentlich dazu bei, daß Eifeler Platt nicht ausstirbt. So sei zur Überleitung eine kleine mundartliche Sprachglosse angeführt, die mancherorts noch geläufig ist. Vielleicht regt diese an, auch dem schelmenhaften Inhalt und den listigen Akzenten unserer Muttersprache nachzuspüren. Wenn man weiß, daß der Mann mit »Hän«, verkürzt »Ha«, bezeichnet wird und die Frau mit »Sej«, gesagt mit »jesoht« und sagt mit »soht« oder »söht« ausgesprochen werden, dann wird auch der Dialektunkundige mitlesen können.

 

Denk es noh . . .

Hän soht, sej soht,

Ha soll jesoht honn,

hätt Sej, hot Hän jesoht...

 

Su soht Sej:

Wie mohß dat seijn,

datt Hän daht säht,

datt Sej daht soll jesoht honn?