Eifeler Kalktrockenrasen

Hans Kaegelmann, Üxheim-Flesten

Die Eifel ist besonders reizvoll durch ihre Vielgestaltigkeit. Sehr verschiedenartige Landschaftsformen mit ebenso abwechslungsreichem Pflanzenwuchs verhindern ermüdende Eintönigkeit. Immer wieder gibt es Erstaunliches und Bewundernswertes zu entdecken. Die Fülle des Erscheinungsbildes ist durch eine ebenso reich gegliederte Bodenformation der Eifel bedingt. Die bemerkenswertesten Boden- und Landschaftstypen sind Vulkan- und Kalkeifel, die Vulkaneifel besonders geologisch, die Kalkeifel paläontologisch und botanisch interessant, geologisch: durch Gestein und Gewässer sowie ihre vulkanische Entstehung, paläontologisch: durch versteinerte Abdrücke früherer Lebewesen, besonders von Tieren: Hohltieren, Armfüßern und anderen, botanisch: durch speziell kalkliebende Pflanzen, die besonders schön und auffällig wie anderenorts selten sind.

Im Norden der Eifel befinden sich die Kalkzonen in etwa parallelen Bändern, meist von Nordost nach Südwest verlaufend. Im Süden nimmt das Kalkgebiet einen zusammenhängenden Bereich ein. Alle Kalkzonen sind Rückstände früherer Meere. Die nördlichen sind sehr alt. Sie stammen aus dem Altertum der Erdgeschichte, aus der sogenannten Devonzeit. Kalkboden ist meist gut nutzbar. Deswegen wird die Kalkeifel bevorzugt landwirtschaftlich bearbeitet, während die darum und dazwischen liegenden Gebiete, meist minderer Bodenqualität, forstwirtschaftlich genutzt werden. Die landwirtschaftliche Nutzung der Eifel betrifft Ackerbau und in stärkerem Maße Weidewirtschaft.

Während heute die Rinderwirtschaft auf intensiv gedüngten Weidewiesen vorherrscht, war es früher die Schafweide, die uns ganz besonders bemerkenswerte Trockenrasen, namentlich an flachen Hängen, hinterließ. Diese Kalktrockenrasen sind sowohl die biologisch wertvollsten Schätze der Eifel wie auch ein ähnlich historisch wertvolles Kulturdokument. Der Kreis Daun enthält an Kalkgebieten, ganz oder teilweise, die Dollendorfer, Hillesheimer, Gerolsteiner, Prü-mer und Salmerwald-Kalkmulde.

Die regionale Gruppe des Deutschen Bundes für Vogelschutz in den Verbandsgemeinden Obere Kyll und Hillesheim hat sich der Pflege der Trockenrasen der Hillesheimer und Dollendorfer Kalkmulde besonders angenommen. Sie wird noch durch auswärtige Sachkenner aus Koblenz, Trierweiler und Bergisch-Gladbach unterstützt. Da sich Vögel nicht ohne Erhaltung ihrer Lebensräume schützen lassen, erweiterte sich der Vogelschutzbund zum größten deutschen Verband für Natur- und Umweltschutz und bezieht die gesamte Heimatnatur in seine Arbeit ein.

Die Kalktrockenrasen sind in unseren Verbandsgemeinden wie in nur wenigen Gegenden Deutschlands ausgebildet. Wegen des sehr begrenzten Vorkommens dieser so schönen und wertvollen Gebiete ist es erforderlich, sie in ihrem Bestand zu erfassen, ihnen vollen Naturschutz zu gewähren und sie so zu pflegen, daß ihr fortdauernder Bestand gesichert ist. Sowohl Bestandsaufnahme wie Pflege sind ungemein interessant und lehrreich. Aus den vielen Pflanzen unserer Kalktrockenrasen ragen vier Gruppen besonders auffällig hervor:

1. der immergrüne Wacholder,

2. die glockenförmige, blauviolett blühende Kuhschelle, von Ende März bis Ende Mai in Blüte, später durch ihren zottigen Fruchtschopf auffallend,

3. Orchideen, mit 15 Arten im Kreis Daun, Mai bis Juli, zum Teil auch im April und August blühend,

4. Enziane, mit zwei Arten, blühend von Juli bis Oktober: der niedrige, leuchtend blau blühende Fransenenzian und der häufigere, höhere, vielblütige lila Deutsche Enzian. Zur Bereitung von Enzianschnaps sind beide allerdings unbrauchbar. Alle diese Pflanzen stehen unter Naturschutz.

Im nördlichsten Kalkgebiet der Eifel ist der Wacholder bereits so gut wie ausgerottet. Bei uns ist er noch reichlich vorhanden. Bereits in früheren Jahrzehnten wurden einige Wacholderschutzgebiete ausgewiesen. Sehr gefährdert ist der Wacholder durch Kiefernanflug, der Wacholder und ebenso Blumen mit der Zeit zum Absterben bringt. Kiefern und auch andere Holzgewächse breiten sich rasch aus, da die frühere Schafbeweidung der Trockenrasen fast völlig aufgegeben wurde.

Besonders wertvoll ist die noch vorhandene Vielfalt der Orchideen. Insgesamt beherbergt die Eifel 38 der 55 deutschen Orchideenarten. Das sind mit 70 Prozent sehr viel, nicht weniger als im gesamten Lande Hessen. Etwa 2/5 oder 40 Prozent der Eifler Orchideenarten kommen auf Kalktrockenrasen des Kreises Daun vor. Es sind Arten von Knabenkräutern, Ragwurz, Ständelwurz, Händelwurz, Hundswurz, Sitter, Zweiblatt, Ohnhorn, Hohlzüngel und Herminie. Nach der Roten Liste der gefährdeten Pflanzen in Rheinland-Pfalz sind 9 der 15 Arten = 60 Prozent stark gefährdet, 2 gefährdet, 4 noch nicht gefährdet. Außerhalb des Kreises Daun kommen zwei weitere Orchideenarten, sehr selten, im Süden der Eifel vor. Leider werden trotz der starken Gefährdung immer wieder Orchideen ausgegraben, um sie in Gärten zu pflanzen, was ganz unsinnig ist, da Orchideen mit Bodenpilzen zusammenleben und nur an ihrem natürlichen Standort weiter gedeihen. Der Schutz der Orchideen auf wirtschaftlich nutzlosen Kalktrokkenrasen ist um so wichtiger, als auf den intensiv gedüngten Rinderweiden sich Orchideen nicht halten und dadurch sehr im Bestand zurückgedrängt sind, ganz besonders eine der bis vor kurzem häufigsten Orchideen, das Salep-Knabenkraut, das inzwischen als stark gefährdet gilt, bei uns fast ausgestorben ist. Neben den wertvollen Pflanzen hat auch die Tierwelt für Trockenrasen wesentliche Bedeutung, insbesondere farbenprächtige Schmetterlinge, am auffälligsten die knallig rot und blau schillernden Blutströpfchen oder Widderchen. Erst wenn ein reger Besatz mit Kleintieren vorhanden ist, kann eine natürliche Lebensgemeinschaft als gesund gelten.

Da Schafbeweidung der Kalktrockenrasen kaum noch stattfindet, ist die Vogelschutzbundgruppe dabei, eine passende Pflegemethode zu entwickeln und anzuwenden. Kiefern und ein Teil anderer Sträucher werden abgeschlagen, jedoch nicht vollständig, sondern schonend, damit Tieren wie Vögeln, Eidechsen, Insekten, die Lebensmöglichkeit erhalten bleibt. Das Gras soll mit einem entsprechenden Mähgerät alle zwei Jahre gemäht werden, außerhalb der Blütemonate, jeweils ein Teil der Fläche in einem Jahr. Das Holzmaterial muß aus dem Gelände entfernt werden, da andernfalls der Boden, insbesondere im Säuregrad, so verändert wird, daß auch dadurch die erwünschten Pflanzen absterben. Ein Teil des Gestrüpps wird am Rande kleinflächig aufgestapelt und dient als Lebensraum für viele Tiere. Ein Teil kann verheizt oder anderweitig als Holz genutzt werden. Ein weiterer Teil wird mit einem Schrädder geschräddert, also geheckselt, zerkleinert. Dieses Schräddermaterial kann zum Heizen dosiert zugesetzt werden, ebenso dosiert, dem Kompost für garten- und landwirtschaftliche Nutzung, wenn möglich auch mit Zusatz von wertvollen Kompostregenwürmern. Sparsame Dosierung ist erforderlich, um einerseits Versotten von Öfen und Schornsteinen, andererseits Übersäuerung von Gartenböden zu verhindern. Gut dosiert sind diese Gefahren leicht zu vermeiden. Verbrennen des abgeschlagenen Materials kommt nicht in Frage, sondern alles wird im Recycling, Wirtschaftskreislauf, wieder irgendwie genutzt.

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