Kunst und Fotowettbewerb

Die Kunst der Orgelbauer

Wertvolle Barockorgeln im Landkreis Daun

Matthias Thömmes, Philippsheim

Die Geschichte der Orgel beginnt um das Jahr 246 v. Chr., als der alexandrinische Mechaniker Ktesibios die Wasserorgel erfand. Mit den Römern, bei denen sie ein beliebtes Hausinstrument wurde, gelangte die Wasserorgel auch in unsere Heimat. Eine Darstellung im wunderschönen Mosaikboden der römischen Villa zu Nennig bei Trier zeigt uns das deutlich. Nach dem Abzug der Römer geriet das Instrument im Abendland jahrhundertelang in Vergessenheit. Nur im oströmischen Reich wurde sein Bau und Spiel weitergepflegt. Als dann im Jahre 757 Kaiser Konstantin V. dem Frankenkönig Pippin eine Wasserorgel als Geschenk überbringen ließ, gab das den Anstoß für die Wiederentdeckung des Instrumentes im Abendland.

Nun begann in Europa der Siegeszug der Orgel, die — klanglich und technisch laufend verbessert — sich rasch verbreitete und bald auch Eingang in unsere Kirchen fand. Hier ist ihre Einführung im 13. Jahrhundert nahezu vollzogen.

Die Weiterentwicklung der Orgel verläuft nun systematisch. Landschaften, Länderund Kulturepochen gestalten das Instrument mit ihren typischen Eigenheiten. Dabei ist bis heute die Orgel der Barockzeit das überragende und kunstvollste Modell geblieben, und zwar in solch starkem Maße, daß der moderne Orgelbau sowohl die klanglichen als auch technischen Einrichtungen der Barockorgel nahezu unverändert übernimmt.

                                       

Orgel der Pfarrkirche Walsdorf.                                                         Die Orgel der Pfarrkiche Niederehe.

Hierzu gehören vor allem die Register (Prinzipale, Mixturen, Terzen, Zimbeln), die dem Klangbild große Klarheit, Helligkeit, majestätischen Glanz und Farbigkeit verleihen und die Technik (Schleifladen, mechanische Traktur). Ja, man versucht sogar wieder, die prächtige äußere Gestalt der Barockorgel mit seinen Schnitzereien, Türmen, Putten und Engelsfiguren auch bei modernen Orgeln nachzuahmen (s. Orgel in Welcherath).

Berühmte Orgelmeister der Barockzeit sind bis heute Vorbild für den Orgelbau der Neuzeit geblieben. Im nord- und süddeutschen Raum waren das vor allem Arp Schnitger, Andreas und Gottfried Silbermann und Joseph Gabler (um nur einige zu nennen), für unser linksrheinisches Rheinland die Orgelbauerfamilien König und Stumm. Die Familie König war in Münstereifel beheimatet und wurde hauptsächlich durch den Vater Balthasar und dessen Sohn Christian Ludwig (1717 -1789) vertreten.

Die Orgelbauerfamilie Stumm hatte ihre Werkstätten in den Hunsrückorten Rhaunen-Sulzbach. Über sechs Generationen hin erstellte sie im mittelrheinischen Raum über 400 Orgelwerke, von denen eine ganze Reihe noch nahezu original erhalten und funktionstüchtig sind. Leider wurden im 19. Jahrhundert viele Barockorgeln derart verunstaltet, daß von ihrer barocken Pracht nicht mehr viel übrig blieb. Nicht wenige wurden sogar ganz entfernt und durch neue, dem romantischen Klangempfinden des 19. Jahrhunderts entsprechende Werke ersetzt.

So sind auch im Kreise Daun nur noch wenige dieser Orgeln in mehr oder weniger gutem Zustand erhalten. Die älteste davon steht wahrscheinlich in Walsdorf und stammt aus dem 17. Jahrhundert. Das Werk stand ursprünglich im Kloster Kalvarienberg bei Ahrweiler und wurde 1872 von der Pfarrgemeinde Walsdorf für 150 Taler gekauft. Nach verschiedenen Reparaturen und Veränderungen setzte schließlich die Orgelbaufirma Johannes Klais aus Bonn im Jahre 1906 in das historische Gehäuse ein neues Pfeifenwerk, so daß heute nur noch der schön geschnitzte Barockprospekt original erhalten ist. Die Orgel hat seitdem 2 Manuale, 10 Register und pneumatische Kegelladen. Das Klangbild ist überwiegend romantisch.

                                      

Seitenfries am Orgelprospekt der Pfarrkircne in Üxheim.                    Lehrer Manfred Geil beim Orgelspiel in Üxheim.

Von der berühmten Orgelbauerfamilie König stammt die Orgel in Üxheim- Niederehe. Sie wurde in den Jahren 1714/15 von Balthasar König erbaut und in späteren Jahren leider ebenfalls so stark verändert und mißhandelt, daß heute neben dem Barockprospekt und der Mechanik (Schleifenladen, mechanische Traktur) nur noch drei Register original vorhanden sind. Und auch diese sind verbeult und aufgerissen. Das Werk ist einmanualig und hat 11 ebenfalls stark romantisch eingefärbte Register. Davon sind Principal 4, Flöte 4' und Octave 2' original von Balthasar König.

Eine weitere Barockorgel steht in der kath. Pfarrkirche zu Üxheim. Sie wurde im Jahre 1843 für 410 Thaler von Trier-Liebfrauen gekauft und 1924 - 27 von dem Trierer Orgelbauer Nicolaus Franzen total umgebaut. Er setzte in das schöne Barockgehäuse mit prächtigem Akanthus-schnitzwerk ein zweimanualiges, romantisches Pfeifenwerk von 14 Registern, dazu die entsprechenden pneumatischen Kegelladen. Trotz dieses radikalen Umbaues steht diese Orgel jedoch unter Denkmalschutz und darf weiterhin nicht mehr verändert werden. Über das pneumatische System dieser Orgel schrieb die Firma Klais 1931: »Franzen hat ein eigenartiges System angewandt, das von keinem anderen Orgelbauer auf der ganzen Welt gebaut wird.

Der kunstvoll restaurierte Orgelprospekt der Kirche in Welcherath.

« Weitere Barockorgeln stehen in Nohn, Mehren und Hillesheim. Während jedoch die Werke in Nohn und Mehren nur noch im Gehäuse original sind (Nohn: 1746-1750 wahrscheinlich von den Gebr. Stumm für St. Matthias in Trier gebaut, 1868 von der Pfarrgemeinde Nohn angekauft und in späteren Jahren total umgebaut und verdorben; Mehren: Prospekt aus dem Jahre 1760 von Theodor Claus, Cochem), gehört die Orgel von Hillesheim heute zu den wertvollsten im Bistum Trier.

Die älteste Nachricht über die Orgel der kath. Pfarrkirche von Hillesheim befindet sich im Pfarrarchiv auf einem Fragebogen vom Jahre 1846: »Das Orgelgehäuse . . . wurde der Orgel angepaßt im Jahre 1772, woselbe von den Stummen angefertigt wurde«. Mit den »Stummen« sind zweifellos die Gebr. Stumm und wohl auch deren Söhne gemeint. Die Hillsheimer Orgel zeigt bereits in der äußeren Gestaltung einen typischen Stumm'schen Aufbau: Der siebenteilige Prospekt besteht aus einem großen, runden Mittelturm, zwei schmalen, nach außen abfallenden Harfenfeldern, zwei kleinen runden Seitentürmen und zwei breiten, nach innen ansteigenden Harfenfeldern mit ursprünglich insgesamt 49 Prospektpfeifen. Verzierungen aus durchbrochenem Rokokoschnitzwerk verschönern das prächtige Gesamtbild. Aufgrund der Gehäuseform und anderer Details kann angenommen werden, das die Orgel mit einem Unterpositiv bzw. Echowerk geplant war, das aber niemals ausgeführt worden ist.

Im Laufe der Zeit erfuhr auch dieses Werk schwere Eingriffe in Disposition und Pfeifenbestand. Das geschah bereits zum Teil beim »Aufstellen und Verändern der Kirchenorgel« durch Orgelbauer Christoph Gramer aus Gerolstein nach dem Kirchenneubau 1852, in dessen Verlauf 1851 der Turm einstürzte und das in ihm gelagerte Orgelgehäuse so zertrümmerte, daß es teilweise neu gefertigt werden mußte.

Einen großen Umbau im romantischen Stil nahm Orgelbauer Müller aus Reifferscheid in den Jahren 1870-72 vor, dem als nächster schwerer Eingriff die Abgabe der Zinnpfeifen 1917 folgte. Nach einer kleineren Reparatur im Jahre 1919 durch Ob. Franzen aus Trier wurden diese dann von Ob. Josef Weimbs sen. aus Hellenthal 1929 durch 47 Zinkpfeifen ersetzt.

Erst in den Jahren 1971/72 konnte das stark heruntergekommene Werk nach einem Gutachten von Kirchenmusikdirektor Hans Hulverscheid aus Aachen in originalem Sinne restauriert werden. Dabei wurden alle später hinzugefügten »fremden Zutaten« entfernt, die seit 1872 auseinandergerissenen Teile wiederhergestellt und zu einem klanglich wie technisch einheitlichen Werk zusammengeführt sowie Disposition und Gesamtanlage nach ursprünglichem Stumm'schen Plan neu konstruiert. Die 41 Prospektpfeifen aus Zinn und die nicht mehr benutzbaren bzw. nicht mehr vorhandenen ursprünglichen Register wurden nach bekannten Stumm'schen Mensuren neu angefertigt. Die Orgel hat nun 28 klingende Register mit 1 650 Pfeifen, drei Koppeln und zwei freie Kombinationen. Der alte, seitlich eingebaute Spieltisch wurde durch einen neuen, freistehenden mit zwei Manualen und Pedal ersetzt und hat eine mechanische Spiel- und elektrische Registertraktur. Die mechanische Spieltraktur und die Pedaiwindlade sind neu, das Hauptwerk hat wieder die alte Stumm-Windlade. Im Unterwerk wurde eine alte Windlade aus dem 19. Jh. neu eingebaut. Bei der Restaurierung des Orgelgehäuses fanden sich an den Ornamenten alte Farbreste, nach denen das gesamte Gehäuse von Restaurator Frankfurter eine neue Farbfassung erhalten hat. Im Unterbau wurden neue Füllungen eingesetzt, die beiden mittleren mit Rocaille-Ornamenten und Stabgitter.

Seit Fertigstellung der Restauration im Jahre 1973 finden an der Hillesheimer Stumm-Orgel regelmäßig Orgelkonzerte mit bekannten Orgelvirtuosen statt. Eine Schallplatte, eingespielt von Kantor Friedel Grenz aus Bad Kreuznach liegt ebenfalls vor.

Stumm-Orgelin Hillesheim. Foto: Rosenkranz, Hillesheim

Blick zur Orgel in der Kirche Welcherart. Fotos: Nico Sastges (6)

 

Disposition der Orgel

1. Hauptwerk:

Principal

8'neu

Gamba

8'Müller

Flaut travers

8' Müller

Bordun

8'Stumm

Flaut dous

4' Stumm

Octav

4' Stumm

Quinte

2 2/3' Stumm

Octav

2' Stumm

Terz

13/5' neu

Cornett, 4fab

c'4'neu

Mixtur, 4f

1'neu

Krummhorn-Hautbois

8'neu

Voxhumana

8'neu

Trompete

8'neu

II. Unterwerk:

Salicional

8'Müller

Gedackt

8'Stumm

Rohrflöte

4'Müller

Principal

4'Müller

Gemshorn

2'neu

Octav

2'Müller

Quinte

1 1/3' neu

Mixtur, 3 f

1'neu

Krummhorn-Trompete — Tremulant —

8'neu

Pedalwerk:

Violon

16' Müller

Subbaß

16'Müller

Oktavbaß

8' Müller

Spitzflöte Posaune

4'Müller 16'neu

Manualumfang C - f"'; Pedalumfang C - f'. Barockorgeln standen in früheren Zeiten auch in den Kirchen von Lissendorf (erbaut 1712), Stadtkyll, Kelberg (1751 erbaut von den Gebr. Stumm), Daun, St. Nikolaus (erbaut 1778) und Daun-Neunkirchen (erbaut 1772). Sie sind jedoch längst verschwunden und durch neuere Orgeln ersetzt worden.

Literatur und Quellen:

Matthias Thömmes: Orgeln in Rheinland-Pfalz und im Saarland, Paulinus-Verlag Trier, 1981 — Archive der jeweiligen Pfarrgemeinden

 

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