Ein Gedicht als Empfangsgruß

Hans Mühlhaus, Darscheid

Es war ein strahlender Sonnentag, als am 16. April 1983 Bundespräsident Prof. Dr. K. Carstens mit Gattin und großem Gefolge von Daun nach Manderscheid wanderten. Alle erlebten nicht nur die Schönheit der Vulkaneifel, sondern auch die Herzlichkeit vieler Eifeler Menschen, die überall Spalier standen, um dem langen Wanderzug Reverenz zu erweisen. Auch das kleine Eifeldorf Saxler im Kreis Daun ließ es sich nicht nehmen, die hohen Gäste würdevoll zu begrüßen. Dabei sollte Bernhard Hartmann, der junge Sohn des Ortsbürgermeisters, ein Gedicht vortragen, was er auch mit Bravour tat:

Eifeldörfer

von Ernst Thrasolt

 

Zwischen den Bergen fand sich noch Raum

für Häuser und steinige Felder,

unten ein schmaler Wiesensaum,

darüber Wälder und Wälder.

Strömender Heid- und Wacholderduft,

Kiefern im Winde sich bauschend,

Sonnenschein und Blütenduft,

Bäche stürzend und rauschend.

Schlangelnde Wege, schlehdornumrahmt,

hell in die einsame Fläche gezeichnet,

 unbetreten, nur daß ihr kamt,

 war das letzte, was sich ereignet.

Die Geehrten nahmen das Gedicht — wie es das Foto von Hartmann zeigt — mit heller Freude auf, und der Herr Bundespräsident lobte den Jungen und dankte der Gemeinde für den unerwarteten und doch so bemerkenswerten Empfang.

Das war sicher ein Glanzpunkt in der Begrüßungs-Zeremonie des Bundespräsidenten in der Eifel. Daß dabei der Lyriker Ernst Thrasolt, (geb. 1878 in Beurig/Saar, gest. 1945 in Berlin) eine hervorragende Priestergestalt unserer trierischen Heimat, zu Wort kam, hat die alten Thrasolt-Verehrer sehr erfreut. Er, den Dr. Carl Sonnenschein den »ungekrönten König der deutschen Jugendbewegung« nannte, ist in den Umstürzen unserer Zeit vergessen worden, aber seine Dichtung blieb. Sie kann sich hören lassen, sogar, wenn es darum geht, das Staatsoberhaupt herzlich zu empfangen.