Mein Lieblingsfossil

Liselotte Dohm, Gerolstein

Wenn man 50 Jahre an der Seite eines Geologen lebte, so hat man unweigerlich sein Lieblingsfossil. Das Meine ist die Pantoffelkoralle, mit wissenschaftlichem Namen Calceola sand-lina, zu deutsch kalkiges Schühchen. Die Schichten, die sie birgt, heißen Calceolaschichten. Das bedeutet, daß diese kleine, früher häufig vorkommende Koralle zum Leitfossil wurde. Ihre Form, der Name sagt es schon, ist anders als die der übrigen Korallen, die einst vor Jahrmillionen im Devonmeer lebten und die zum Teil so groß wurden, daß sie hohe Riffe erbauten, wie etwa das Korallenriff in Gerolstein, die Muterley.

So gab dieses kleine, bizarre Fossil den Wissenschaftlern manches Rätsel auf. Noch im 18. Jahrhundert wurde es zeitweise der Gattung Zweischaler (Brachiopoden) zugeteilt. Doch bald stellte man fest, daß es sich um eine kleine Koralle handelte, deren zweite Schale sich als Deckel entpuppte, den das kleine Tier brauchte, um seinen Weg durch den Schlamm zu bahnen. Drohte Gefahr, schloß es sich mit dem Deckel ab. Beim Betrachten der Deckelklappe unter der Lupe, fasziniert ein kleines Scharnier, das heute, viele Jahrmillionen danach, kein Feinmechaniker besser machen könnte.

Bei der Fossilsuche wird man der Calceola sandalina immer wieder begegnen. Die größte, die ich fand, maß in der Breite 8 cm. Die kleinste dagegen kaum 5 mm. Entweder man findet sie geschlossen, also mit Deckel, die bei den Sammlern den Vorzug genießt, oder offen, was sie noch sandalenartiger wirken läßt. Natürlich liegen viele Deckel frei herum. Auch die Lage, in der man sie im heutigen Gestein, das aus den Ablagerungen des ehemaligen Schlammes datiert, ist verschieden; meist waagerecht als richtiges Schlammschühchen, das sich seinen Weg bahnen mußte, oder auch senkrecht, mit der überaus feinen Spitze nach unten. Einige Wissenschaftler vermuten, daß das Tier in dieser Haltung lebte und sich von oben die Nahrung holte, den Deckel aber schnell schloß, sobald es Gefahr witterte. Sie ist nicht zu übersehen, wenn sie mit der flachen Unterseite nach oben als helles Dreieck glänzt.

Man begegnet dieser einzigartigen Koralle nicht mehr oft. Die Plünderung mancher Fundstellen, als Folge der Sammleraktivitäten, bedingt, daß sie allmählich zur Seltenheit gehört. Schade! Die Fossilnamen innerhalb der Paläontologie haben sich bis heute weitgehend verändert. Doch die Pantoffelkoralle, die hauptsächlich in der Eifel beheimatet ist, hat ihren Namen behalten: Calceola sandaiina.