Liebe zur Flora:

Angelika March-Rintelen präpariert gefährdete Pflanzen

Marianne Schönberg, Jünkerath

Sie stammt aus dem Neußer Raum, die junge Frau mit der ausgeprägten Liebe zur Eifeler Flora. Seit Jahren bewohnt sie mit ihrem Mann ein altes Haus in Gönnersdorf, das ihr Vater kaufte. In der Gemeinde hält man Distanz. Die jungen Leute sind bestrebt, ihr eigenes Anwesen ganz persönlich zu gestalten. Das heißt im Klartext, in Hof und Garten darf auch Unkraut wachsen. Die Rintelens lieben spontanes Wachsen zwischen dem Pflaster vorm Haus und die wunderschönen Blüten wilder Krauter. Die Dörfler stört das. Schließlich ist der Ort prämiert im Wettbewerb des Landes und man hat den jungen Leuten schon oft zu verstehen gegeben, daß ihre Vorstellung von Blumenschmuck wenig Gegenliebe findet. Da sähe man vor dem Haus doch lieber Tulpen in preußisch linearer Anordnung, Rosen ä la Rhöndorf oder sonst etwas Solides.

Diesen Wildpflanzen haftet der Hauch der Verunkrautung an.

Zur Ehrenrettung der Rintelens sollte man sagen, daß beide Biologie studiert haben, dazu Kunst. Michael Rintelen unterrichtet an der Universität Siegen in diesen Fächern. Angelika March-Rintelen hat es sich zur Aufgabe gemacht, die gefährdete Flora der Eifel aufzuspüren, Einzelstücke zu konservieren, darauf aufmerksam zu machen und sie dadurch vielleicht vor dem Aussterben zu bewahren. Wenn das nicht der Anerkennung wert ist!

Als sie vor einem Jahr mit Sondergenehmigung der Naturschutzbehörde ein Exemplar des Märzenbecher ausgrub — es sollte präpariert werden — wurde sie von einem Naturschützer in Birgel mit dem Fernglas beobachtet. Er konnte ihr Tun nicht einordnen, vermutete »Pflanzenfrevel« und schwang sich aufs Moped, um nach dem Rechten zu sehen. Ein Freund der Eifel, ein Zugereister.

 

Vegetation eines Kalk- und Trockenrasens. Das ist die sachliche Bezeichnung für diese bildhafte Dokumentation aus der Flora des Möschelber-ges in der Verbandsgemeinde Obere Kyll. Angelika March-Rintelen aus Gönnersdorf präparierte die Exemplare mit Sondergenehmigung der Bezirksregierung Trier. Spurensicherung nennt die junge Frau ihre Arbeit und sie macht keinen Hehl aus ihrer Sorge, daß diese Flora in Kürze nicht mehr in ganzer Schönheit zu sehen ist.

 

Die Bevölkerung unseres Raumes reagiert noch immer unsicher. Ist das nicht unnötiger Aufwand und viel zu viel Geschrei um unscheinbare Pflanzen? Keineswegs.

In den Sommermonaten beschäftigte sich Frau Rintelen mit der Vegetation eines Kalk- und Trockenrasens am Möschelberg bei Gönnersdorf. In verschiedenen Blütenphasen präparierte die Künstlerin Blumen und Gräser, bildhaft komponiert, ein Tryptichon von eigener Ausstrahlung, filigran und originalgetreu in den Farben. Das Objekt »Frühling« beschreibt die Monate März und April mit der echten Schlüsselblume, der gemeinen Küchenschelle, dem Frühlingsfingerkraut, kleinem Wiesenknopf, rauhem Veilchen, der bitteren Kreuzblume und der Zypressen-Wolfsmilch.

Den »Sommer« verkörpert die Zusammenstellung aus Mai und Juni. Sie zeigt den gemeinen Klappertopf, Hörn- und Wundklee, Sonnenröschen, Zittergras, Wacholder und als Schnitzarbeit im Sockel des Objektes das männliche Knabenkraut. Für die heimische Flora der Monate Juli und August stehen trockenes Zittergras, die große Brunelle, der deutsche Enzian, Fransenenzian, Augentrost und echtes Labkraut.

Diese aufwendige Konservierung ist der Beleg für die Sorge um den Erhalt der Eifelflora. Sie ist Ausdruck junger Menschen, die sich fragen, wann die kleinen Dinge unseres Lebensraumes aus Gedankenlosigkeit verschwinden. Wie recht sie mit ihrer Vermutung haben, bewies eine unkontrollierte Anschüttung von Erdreich am Möschelberg. Sie war das Aus für alles Blühen im folgenden Frühjahr.

Sollte es nicht etwas nachdenklich stimmen, daß Menschen aus den Ballungsgebieten uns die Schönheit heimischer Blumen erst begreiflich machen müssen?