Lebenserfahrungen einer Hundertjährigen

Marianne Schönberg, Jünkerath

 

Wenn die Basberger Leute von »Tant Traut« sprechen, weiß jeder, wer gemeint ist: Frau Gertrud Pickartz, die Seniorin des Kreises Daun. Im Juni 1983 wurde sie einhundert Jahre alt.

Zu diesem Festtag gab es viele Gratulanten. Geistliche und Vertreter der Verwaltung kamen, Vereine brachten Ständchen, Blumen, gute Wünsche. All das nahm die Jubilarin freundlich entgegen. Zur offiziellen Feierstunde im Gasthaus des Nachbarortes kam sie sogar im neuen Kleid. Das hatte die Enkelin fertigen lassen, in deren Haus Frau Pickartz den Lebensabend verbringt.

In Scheuern wurde sie geboren. Dort verlebte sie ihre Jugend im elterlichen Haus Gans. Durch Heirat kam sie nach Basberg. Mit ihrem Mann versorgte sie einen landwirtschaftlichen Betrieb.

Freude und Glück über das erste Kind währten nicht lange. Zu Beginn des Jahres 1915 fiel der Bauer Pickartz im Krieg; der zweite Sohn kam im Sommer zur Welt.

Mit Sorgen und viel Arbeit ging das Leben der Gertrud Pickartz weiter. Mittlerweile sind beide Söhne verstorben und fast alle Freunde aus der Jugendzeit und den Jahren gemeinsamer Erinnerungen ruhen auf dem Friedhof.

Es ist still geworden um die Hundertjährige. Die kleine Kirche in Basberg besucht sie noch regelmäßig zur Zeit der Messe, und seit einer Augenoperation vor zwei Jahren kann sie auch wieder lesen. Geistige und körperliche Rüstigkeit? Mir sagte sie bei einem Besuch: »Ich bin froh, das ich meine fünf Sinne noch beisammen habe. Da müssen die Leute nicht beten, daß ich schnell sterbe . . .« Was ist dem hinzuzufügen?

 

 

Altsein ist ein herrlich Ding,

wenn man nicht verlernt hat,

was anfangen heißt.

Martin Buber