Im Alter noch zu Hause

Kreisaltenheim »St. Martin« in Mehren von 1962 bis 1983

Helene Leonards, Daun

 

Das Kreisaltenheim »St. Martin« in Mehren wurde 1983 aufgelöst. Die Heimbewohner und das Personal sind in das neue Seniorenhaus Regina Protmann in Daun übergewechselt, soweit sie dies wünschten. Damit ist im Kreis Daun die letzte soziale stationäre Einrichtung in die Trägerschaft der freien Wohlfahrtspflege übergegangen — »ein Stück kommunaler Sozialgeschichte ist beendet«.

Der Kreis Daun hat unter den Landräten Martin Urbanus, Hans-Wilhelm Römer und Karl-Adolf Orth bedeutende soziale Einrichtungen ins Leben gerufen, finanziell gefördert und sie zuletzt treuhänderisch den freien Verbänden in die Verantwortung gegeben. Hier sei besonders an die Einrichtungen in der Behindertenhilfe gedacht. Ende der fünfziger Jahre gab es im Kreis Daun fünf Altenheimplätze und zwar im damaligen St.-Josefs-Krankenhaus in Hillesheim. Unsere alten und pflegebedürftigen Bürger, die ohne Betreuung waren, mußten in Heimen zum Teil weit außerhalb des Kreises untergebracht werden.

1954 kam eine Gemeindekrankenpflegerin — Schwester Rosa Schmitz — von der Mosel nach Mehren, kaufte dort ein älteres Haus und begann mit der Betreuung von alten Menschen. Sie hatte zunächst einen älteren Herrn zu versorgen und nahm zwei weitere pflegebedürftige Personen auf. Sie bat den Kreis um finanzielle Hilfe. Der Kreis und auch das Land unterstützten ihr Vorhaben und gewährten Beihilfen für die Beschaffung einer Waschmaschine und eines Kühlschrankes. Diese Haushaltsgeräte waren zur damaligen Zeit noch nicht selbstverständlich.

Aus der Not heraus, keine Pflegeplätze zu haben, brachte der Kreis weitere pflegebedürftige Personen bei der Schwester unter. Gleichzeitig liefen Verhandlungen und Planungen zur Umwandlung des Krankenhauses in Hillesheim in ein Altenheim.

In Mehren erkannten alle Beteiligten, daß die Erhaltung der Pflegeplätze auf privater Ebene personell, räumlich und wirtschaftlich auf Dauer nicht gewährleistet war. Es reiften die Pläne, das Haus umzubauen und zu erweitern. Darüber gingen damals noch Jahre hinweg. Für derartige Maßnahmen mußten Förderer gewonnen und Mittel langfristig bereitgestellt werden. Zu viel Aufbau nach dem 2. Weltkrieg stand an. Und es war noch die Ausnahme, daß alte Angehörige außerhalb der Familie und Bürger außerhalb der Dorfgemeinschaft untergebracht werden mußten.

Der Wiederaufbau brachte neue Arbeitsplätze. Die Einstellung der jungen und auch der alten Generation änderte sich dahingehend, nunmehr alles einzusetzen für Aus- und Fortbildung, für Existenzgründungen und für die Erreichung eines besseren Lebensstandards. Der Bedarf an Heimplätzen wurde immer größer und dringlicher.

1962 übernahm der Kreis von der privaten Schwester das Haus und erwarb noch Grundstücke dazu. Der Kreis begann mit dem Umbau und der Erweiterung. 1965 waren 29 Plätze geschaffen. Die Gesamtkosten des Um- und Erweiterungsbaues betrugen damals 178 000 DM; hinzu kamen die Kosten für ein kleines Schwesternwohnheim vom 43 000 DM. Das Land unterstützte das Vorhaben mit 130000 DM (fast 50 % der Heimbaukosten).

Der Kreis übernahm nach der Fertigstellung auch die Betriebsführung. Am 7. Juli 1966 war die feierliche  Einsegnung. Die Namensgebungerfolgte aus naheliegenden Gründen. Der Vorname des damaligen Landrats, des Hausherrn, Martin Urbanus, war Anlaß, den Namenspatron auch als Schutzpatron des Heimes zu wählen. Lebensart und -haltung des »Heiligen Martin« sollte dem Wirken und Leben im Heim zum Vorbild sein. Im übrigen gehörte zum Inventar des Hauses auch ein kleiner Singvogel, der auf den Namen »Martin« hörte.

Verdient um die Leitung und Betreuung im ehemaligen Altersheim Mehren; von links: Frau Helene Leonards, Leiterin der Sozialabteilung der Kreisverwaltung Daun, daneben Heimleiterin Frau Gertrud Frühauf, halb verdeckt Heinz Zaums, Referent für Altenheime, Frau Maria Plein, dahinter Hausmeister und Pfleger Ferdinand Plein, Frau Margret Gessner, dahinter Frau Barbara Thömmes und Frau Johanna Thielen.

Foto: Helmut Klassmann

In den Jahren des Bestehens des Kreisaltersheimes »St. Martin« haben 234 alte Menschen Aufnahme, Betreuung und Pflege gefunden. Für 154 von ihnen war es das Zuhause bis zum Tod, 80 von ihnen wurden entlassen, entweder wieder in ihre häusliche Umgebung oder in andere Einrichtungen, 19 davon kamen in das neue Seniorenhaus Regina Protmann in Daun. Viele andere Menschen sind auch im Heim ein- und ausgegangen: Angehörige, Freunde, Förderer und Besucher. Die Zivil- und Kirchengemeinde Mehren hat das Heim in ihre dörfliche Gemeinschaft einbezogen. Die Kinder des Kindergartens, der Schule, die Vereine und Verbände haben mit Darbietungen zu jeder Jahreszeit viel Freude und Frohsinn ins Haus gebracht. Auch Gruppen aus anderen Gemeinden und Schulen, insbesondere Jugendgruppen, haben Besuche und Veranstaltungen durchgeführt. Stellvertretend für alle waren regelmäßig alle 14 Tage Schüler und Schülerinnen des Thomas-Morus-Gymnasiums, Daun, an einem Nachmittag im Heim, um ihre Verbundenheit mit den alten Menschen in die Tat umzusetzen. Auch Bundeswehrangehörige von Cochem, Ulmen, Daun und Gerolstein besuchten und betreuten das Heim im Laufe der Jahre. Das Amtsund Landgericht Wittlich ließ seit Bestehen des Hauses Bußgelder zukommen, mit denen die Verwaltung die Ausflugsfahrten, auch der Heime in Hillesheim und Mürlenbach, finanzierte.

Die vielen Kontakte nach außen, die gute häusliche und pflegerische Betreuung ließen in den späteren Jahren die baulichen Unzugänglichkeiten ertragen. Mit etwas Wehmut, aber auch mit Dankbarkeit für das Geleistete und mit Freude auf das neue, moderne und zukunftsweisende Seniorenhaus in Daun verabschiedete der letzte Hausherr des Kreisaltersheimes, Landrat Orth, die Heimbewohner und seine Mitarbeiter.

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