Die Dorferneuerung in Kerpen

Ein Beispiel vom Nutzen der Dorfentwicklungsplanung

Gerhard Rohleder, Bad Homburg v. d. H.

Seit mehr als zwei Jahrzehnten haben unsere Dörfer einen tiefgreifenden Wandel erfahren. Die fortschreitende industrielle Entwicklung hat zu einer Entleerung der Dorfkerne geführt. Die Lebensansprüche und Wertvorstellungen auch der ländlichen Bewohner sind stark beeinflußt worden, was sich an dem gänzlich veränderten Dorfbild zeigt. Substantielle Verbesserungen der Gebäude und Ausbau der Dorfstraßen sind an überall gültige technische Standards und dem damit verbundenen Zeitgeschmack orientiert, jedoch nicht mehr an der seit Jahrhunderten bewährten, landschaftstypischen Bau- und Kulturtradition.

So sind viele unserer modernisierten Dörfer den gesichtslosen Stadtrandsiedlungen zum Verwechseln ähnlich geworden. Asphalt- und zementgrau von der Nordsee bis zu den Alpen. Um diesem Zerfallsprozeß traditioneller Kultur- und infrastruktureller Werte entgegenzuwirken, ist das Dorferneuerungsprogramm seit einigen Jahren aufgebaut worden. Ortsgemeinden und Privatpersonen sollen im Rahmen der Dorferneuerung unterstützt werden, den in Jahrhunderten traditionell gewachsenen und eigenständigen Charakter dörflich geprägter und ländlich strukturierter Orte zu erhalten und den neuzeitigen Lebensbedingungen und Erfordernissen anzupassen. Die Dorferneurungsplanung macht Vorschläge für die städtebauliche Neuordnung, die Möglichkeiten der Gebäudemodernisierung, zur Verbesserung der Fassadengestaltung, zu notwendigen Abbruchmaßnahmen von Gebäuden, zur Verbesserung der innerörtlichen Verkehrssituation und zur Anordnung und Gestaltung innerörtlicher Frei- und Grünräume.

Diese Bilder veranschaulichen die Auflösung der historischen Dorfgestalt. Die hier gezeigte Veränderung ist die sichtbare Erscheinung einer strukturellen Umwandlung im ländlichen Raum unter den heute gegebenen Bedingungen des technischen Standards und der Marktmechanismen. Diese gilt es positiv zu steuern. Darum Dorfentwicklungsplanung. Links: Dorf räum früher; rechts: Dorfzerfall

Vorher: Die Dorfmitte Kerpen heute.

 

Kerpen hat dieses Programm in Anspruch genommen. Das lauschige Burgdorf hat sich noch manches bewahrt, was anderswo der fortschreitenden Modernisierung geopfert wurde. Ortsbürgermeister Manstein engagiert sich in ganz besonderem Maße für Kerpen — und das seit vielen Jahren erfolgreich. So sind Förderungsmittel in beträchtlicher Höhe hierher geflossen. Der Dorferneuerungsplan bietet Gewähr für eine sinnvolle und zielgerichtete Investition. Die Planung fand bei den Bürgern und zuständigen Behörden große Beachtung und Anklang. Die bildhafte, verständliche Darstellung trägt wesentlich dazu bei, die dörfliche Bürgerschaft zu motivieren, selbst einen aktiven Beitrag zur Verbesserung der unmittelbaren Wohnumwelt beizutragen.

Die guten Erfahrungen, die mit einigen Dorferneuerungsvorhaben im Lande Rheinland-Pfalz gemacht worden sind, haben dazu geführt, daß die Landesregierung wieder ein spezielles Förderungsprogramm zur Dorferneuerung beschlossen hat. Die Erfahrungen und Beispielswirkungen aus der Dorfentwicklungsplanung und der Dorferneuerungsmaßnahme Kerpen haben mit zu dieser Entwicklung beigetragen. Die finanzielle Unterstützung der im Dorfentwicklungsplan dargestellten kommunalen und privaten Einzelmaßnahmen führt zu einer Belebung des örtlichen Handwerks. Es ist nachgewiesen, daß die öffentlichen Förderhilfen zur Dorferneuerung einen siebenfachen Multiplikatoreffekt haben, d. h. für den Einsatz 1,- DM öffentlicher Gelder werden private Folgeinvestitionen von 7,- DM angeregt und veranlaßt. Der Dorfentwicklungsplan mit dem darin enthaltenen Maßnahmenprogramm zur Dorferneuerung erfüllt damit zwei wichtige Zielsetzungen:

1. Verbesserung der Wohnverhältnisse und Steigerung der Lebensqualität im Dorf.

2. Wirkungsvolle Investitionsförderung mit hohem Mulitplikatoreffekt und Belebung des örtlichen Handwerkes.

Eine Vorausschau

Die neue Bundesregierung stellt Überlegungen an, im Sinne einer Haushaltsumschichtung zugunsten investiver Ausgaben Dorferneuerungsmaßnahmen in Zukunft wieder als Gemeinschaftsaufgabe zu fördern. Durch diese Entscheidung werden zusätzliche Bundesmittel für die Dorferneuerungsmaßnahme in Rheinland-Pfalz zur Verfügung stehen. Gemeinnden, wie auch Kerpen und Loogh, die ihr spezielles Dorferneuerungsprogramm durch einen Dorfentwicklungsplan bereits vorbereitet haben, verbessern ihre Förderungschancen.

Nachher: Die Bachstraße morgen.

Zur Dorferneuerungsplanung Kerpen-Loogh sagte Innenminister Böckmann (Mainz): »Die Landesregierung mißt der Dorferneuerung eine hohe Priorität zu. Zur Erhaltung und Verbesserung der Bausubstanz in ländlichen Gemeinden und zur Förderung der zugehörigen Infrastrukturmaßnahmen sind deshalb im Doppelhaushalt 1982/83 des Landes insgesamt 25,5 Mio DM bereitgestellt. Diese Mittel stehen, soweit sie dem kommunalen Steuerverbund entnommen sind, ausschließlich, im übrigen überwiegend den kommunalen Gebietskörperschaften zu. Damit soll den Gemeinden die Möglichkeit gegeben werden, ihre eigenen Einrichtungen wie historische Rathäuser, Schulen, Backhäuser, Dorf- und Festplätze, öffentliche Grünanlagen, Dorfbrunnen und Straßen, die das Dorfbild prägen, so herzurichten, daß hierdurch das Wohnumfeld verbessert wird. Das Leben im Dorf kann aber nur dann nachhaltig attraktiver gestaltet werden, wenn Bürgermeister und Gemeinderat mit allen Bürgern an einem Strang ziehen.«

So folgerte Landrat Karl-Adolf Orth: »Die Gestaltung unserer bebauten Umwelt ist eine der wesentlichen Aufgaben kommunaler Selbstverwaltung. Die Lebensfähigkeit unserer 110 Ortsgemeinden im Landkreis Daun hängt im hohen Maße davon ab, ob es gelingt, unsere Dörfer so zu gestalten, daß Wohnen den Bedürfnissen und Wünschen der dort lebenden Menschen gerecht wird.«

Die Gemeinde Kerpen macht mit der Vorlage der Dorfgestaltungssatzung von einer verliehenen Rechtssatzungsbefugnis Gebrauch. Wenn man sich zurückschauend die vielfältigen Bemühungen der Ortsgemeinde im Bereich der Dorferneuerung und Dorfverschönerung vor Augen hält, ist es nicht verwunderlich, daß Kerpen einschließlich des Ortsteils Loogh auch die planerischen Voraussetzungen für eine zukunftsorientierte Entwicklung ihrer Ortsteile schaffen und mit der Vorlage dieser Gestaltungssatzung als erste Ortsgemeinde im Landkreis Daun ein nachahmenswertes Beispiel geben.

Mit ihrer Gestaltungsfibel wird den Kerpener und Loogher Bürgern eine Orientierungshilfe gegeben. Man hat sich um eine einfache, verständliche Form der Darstellung bemüht. Möglichkeiten der bürgerschaftlichen Mitgestaltung werden aufgezeigt und konkrete Hinweise gegeben, wie bei Renovierung, Modernisierung, Um- oder Neubauten verfahren werden könnte, ja sollte. Kerpen verfügt, wie Bürgermeister Alfred Ritzen (VG Hillesheim) betonte, trotz seiner bewegten geschichtlichen Vergangenheit noch über eine weitgehend intakte historische Bausubstanz im Ortskern. Gute Erfolge im Landeswettbewerb »Unser Dorf soll schöner werden« (3. Platz in der Hauptklasse 1975 und Bronzeplakette in der Sonderklasse 1976 auf Landesebene) und die Durchführung verschiedener Maßnahmen im Dorferneuerungsprogramm — insbesondere die Erneuerung der Burgmauer — waren für die Verantwortlichen im Ortsgemeinderat Veranlassung, nicht auf dem Erreichten auszuruhen, sondern auch für die Zukunft die Weichen für die Erhaltung und Gestaltung des Ortskerns zu stellen. Im Jahre 1980 wurde die GfK, Gesellschaft für Kommunalbetreuung GmbH, Bad Homburg, mit der Erstellung eines Dorferneuerungsplanes beauftragt, wobei es die besondere Zielsetzung war, den Gedanken Erhaltung und Gestaltung der Ortsteile Kerpen und Loogh stärker noch als bisher in das Bewußtsein der Bevölkerung zu rufen. Dies gelang vor allem in mehreren Bürgerversammlungen, verbunden mit Lichtbildervorträgen, in denen positive und negative Beispiele gegenübergestellt, aber auch Möglichkeiten für eine sinnvolle Gestaltung und Erhaltung der Ortskerne aufgezeigt wurden.

Neubau und Modernisierung im Eifeldorf:

    

Der Altbau.                                  Modernisierung ohne Gestaltungsregeln.             Modernisierung mit Gestaltungsregeln.

 

 

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