Daun Leopoldstraße 9

 

Die Dauner Landräte von 1940 - 1955 —

Fortsetzung und Schluß der Jahrbuchserie 1981 - 1985

Nico Sastges, Daun

 

Dr. Alexander Schlemmer 1940-1944

Der 14. Landrat seit der 1816 vollzogenen Gründung der Rheinprovinz, der Geburtsstunde des Kreises Daun, war Dr. Alexander Schlemmer, seit 1925 Landrat des Nachbarkreises Prüm. Er wurde 1940 nach der Versetzung von Landrat Dr. Wirtz (Jahrbuch 1984) auch mit der Verwaltung des Kreises Daun beauftragt. Bis zum Herbst 1944 blieb er Chef der Verwaltungen beider Eifelkreise.

1885 in Colmar (Elsaß) geboren und in Straßburg aufgewachsen, war er nach juristischer Ausbildung bei der Kreisdirektion in Diedenhofen tätig. Dort hatte er schon früh die Bekanntschaft mit vielen in Elsaß-Lothringen arbeitenden Eifelanern gemacht. Diese Kontakte kamen ihm zugute für seine spätere Lebensaufgabe in der Eifel.

Das Kriegsgeschehen erforderte unermüdlichen Einsatz zur Sicherstellung der Ernährung der Bevölkerung und ebenso mutige Entschlüsse, das Wirtschaftsleben in Fluß zu halten. Da die Eifelkreise als Aufmarsch- und Nachschubraum der Heeresdivisionen und Flakbatterien der Wehrmacht mit Truppen überbelegt waren, oblagen der Kreisverwaltung zusätzliche Aufgaben in vielen Bereichen der Truppenversorgung und Soldatenbetreuung. Diese Dienste steigerten sich, je mehr die Eifel 1943/44 zum Frontgebiet wurde. Seine Bewährung als umsichtiger Organisator bestand Dr. Schlemmer als nach der Zerstörung der Kreisstadt Daun beim Bombenangriff am 19. Juli 1944 durch seinen persönlichen Einsatz Bergungs- und Aufräumkommandos aus allen Nachbarorten herangeführt werden konnten. Gerade diese Zeit der Drangsal, die er in Daun überlebt, bewegten ihn, den Kreisort Daun 1945 als Ruhestandssitz zu wählen, nachdem er in 20 Jahren als Landrat von Prüm und in den Kriegsjahren in Daun der Eifelbevöl-kerung hervorragend gedient hatte.

Als er 1963, 78 Jahre alt, in Daun mit seiner Gattin, Kläre geb. Reuver, Goldene Hochzeit feierte, zählte das Ehepaar zu den wanderfreudigsten Daunern. Die 74jährige Jubilarin nutzte jeden Sommertag zur Ausübung des Schwimmsports in den Maaren. Er selbst freute sich im Ruhestand, den Wiederaufstieg der zerstörten Städte und Dörfer seiner zweiten Heimat und den wirtschaftlichen Aufstieg im Eifelland zu erleben. Grundsteine dazu hatte er schon 1945 gelegt. Dafür wußten ihm die Dauner und Prümer bei seinem Abschied aus dem Diesseits 1968 herzlich zu danken. Das Ehepaar Schlemmer ruht auf dem Friedhof der Stadt Daun.

Landrat Fielitz

Herbst 1944-März 1945

Im Herbst 1944, als die allierten Armeen die deutsch-luxemburgische Grenze in Richtung Eifel überschritten, übernahm Landrat Fielitz die Kreisverwaltung in Daun. Er setzte alles daran, die Ernährungsschwierigkeiten zu meistern und das täglich von Fliegerangriffen gestörte Wirtschaftsleben funktionsfähig zu halten. Doch bis Weihnachten 1944 nahmen die Bombenangriffe auf die Kreisstadt zu. Dies veranlaßte den Landrat zur Verlegung der Hauptabteilungen des Landratsamtes in die Volksschule Niederstadtfeld, weil in Daun ein geregeltes Arbeiten nicht möglich war. Dort blieb die Kreisverwaltung bis zum Einrücken der Amerikaner Anfang 1945, womit auch die Tätigkeit des Landrates zu Ende war. Herr Fielitz war später bei der Landesregierung in Mainz tätig.

Landrat Toni Baur

April - September 1945

Im April 1945 setzten die Amerikaner Toni Baur als Landrat in Daun ein. Er war ein Sohn des am 9. Mai 1927 verstorbenen Dauner Kreissparkassendirektors Baur. Toni Baur war vorher viele Jahre Amtsbürgermeister in Kyllburg. Als Landrat konnte er den Druck der Besatzung auf die Bevölkerung nur lindern und war bestrebt, daß sofort nach dem Einrücken der Amerikaner mit den Aufräumungsarbeiten in den vom Krieg zerstörten Orten begonnen und Baumaterial für den Wiederaufbau herangeschafft wurde. Er sorgte weiter dafür, daß die Amtsverwaltungen, die seit Kriegsende nicht mehr tätig waren, ihre Arbeiten wieder aufnahmen. Das war vor allem erforderlich, um das Chaos der Ernährungslage zu überwinden. Doch sein Wirken ging schon im September 1945 zu Ende.

Landrat Marx

September - Dezember 1945

Die Besatzung »verordnete am 9. September 1945 einen neuen Verwaltungsfachmann« an die Spitze der Kreisverwaltung. Es kam ein Herr Marx vom Niederrhein, der sich redlich mühte, das Leben der Bevölkerung unter Besatzungsdruck erträglicher zu gestalten. Aber dabei geriet er selbst in Konflikt mit den Besatzungskommandeuren. Sein Wirken währte nur bis zürn 10. Dezember, da schob ihn die Besatzung ab.

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Das Zonenabkommen zwischen England, den USA und Frankreich schlug den Eifelraum den Franzosen zu. So mußten neue Kontakte geknüpft werden. Die Kommandanten der französischen Militärregierung, die aus der kämpfenden Truppe hervorgegangen waren, hatten zunächst wenig Verständnis für die Notlage der deutschen Bevölkerung. Ihr Auftrag war die Erfüllung unbegrenzter Reparationsforderungen der Politiker in Paris. Die Regierungskommandos zogen von Dorf zu Dorf und entnahmen nicht nur ihren Bedarf an Lebensmitteln.

Die Viehbestände wurden dezimiert, die Feldfrüchte abgefahren, und in den Wäldern weiteten sich die Kahlschläge wertvoller Hölzer aus. Tag und Nacht rollten Holzzüge über die notdürftig geebneten Granattrichter der Straßen und Feldwege (siehe hierzu die Schrift »Kriegsgeschehen und Wiederaufbau im Eifelkreis Daun 1939-1955« — Verlag: Kreisverwaltung, Daun).

Landrat Johann Feldges 1945-1952

Der Nachfolger von Landrat Marx wurde der von den Nazis 1933 aus dem Dienst als Amtsbürgermeister in Niederstadtfeld entfernte Johann Feldges. Er stammte aus Michelbach bei Gerolstein. Nach dem Kriege übernahm er 1945 wieder die Amtsverwaltung Niederstadtfeld und dann auch in Daun. Doch schon am 19. Dezember 1945 wurde er zum Landrat berufen. Er war mit Land und Leuten der Eifel vertraut, zumal er vorher viele Jahre bei der Amtsverwaltung in Gerolstein und als Kreisausschußassistent beim Landratsamt in Daun tätig gewesen war. Als Landrat schuf er ob

seiner vermittelnden menschlichen Art eine Vertrauensbasis zu den Besatzkommandanten, wodurch vielerlei drückende Besatzungsanordnungen gemildert wurden und der Bevölkerung mancherlei Unbilden erspart blieben. 1933 hatte er Mut bewiesen, als er, obwohl Wahlbeamter, den Eintritt in die NSDAP verweigerte. Das kostete ihn seine Stellung als Amtsbürgermeister. Er wurde aus dem Dienst entfernt — arbeitslos, sein Gehalt ohne Abfindung oder Versorgung gestrichen. Damit hatten sich damals Leute mit Charakter abzufinden. Es mag heute schwer verständlich sein, daß selbst die drei Kinder der Familie Feldges diesen Mut des Vaters in und außerhalb der Schule zu spüren bekamen. Sie wurden, wie es die Partei wünschte, im dörflichen Umfeld gemieden, von manchen geächtet. Diese Zeit familiärer Not versuchte Johann Feldges mit seiner Gattin durch die Einrichtung des Wohnhauses als Fremdenpension zu überbrücken, was der Familie unter vielen Einschränkungen auch gelang. Daß damit aber aus persönlicher Notlage der Grundstein zur Belebung des Fremdenverkehrs in Niederstadtfeld und im Tal der Kleinen Kyll gelegt wurde, konnten nur wenige weitsichtige Bürger ahnen.

Als Landrat entwickelte Johann Feldges schon in der Zeit vor der Währungsreform hervorragende Initiativen zur Verkehrserschließung des Kreises sowie zur Stärkung von Handwerk und Gewerbe. Nach der Währungsreform sah er eine vorrangige Aufgabe in der Ansiedlung neuer Industriezweige. Seiner unermüdlichen Verhandlungskunst gelang 1949/50 die Ansiedlung einer Strumpffabrik im leerstehenden ehemaligen Arbeitsdienstlager in Kerpen, 1950 die Eröffnung einer Verschlußporzellanfabrik in Hillesheim-Oberbettingen. Im gleichen Jahr konnten in Trittscheid und Brück neue Lavaaufbereitungswerke in Betrieb gesetzt werden sowie zwei größere Sägewerke in Dockweiler und Hillesheim; 1951 erfolgte die Ansiedlung einer Schuhfabrik am Pulvermaar bei Gillenfeld. Das sind nur wenige markante Meilensteine aus der umsichtigen Verwaltungsführung von Landrat Feldges, der sich als Fürsprecher und Mittler der Kreisbevölkerung in allen Lebenslagen bewährte. Sein zielstrebiges Wirken und die Erfolge seines Fleißes kennzeichneten ihn im Volksmund als »Vater des Kreises«, der bei seinem Scheiden infolge angegriffener Gesundheit im Jahre 1952 mit Berechtigung das Bundesverdienstkreuz annehmen durfte, obwohl er solcherlei Anerkennung persönlich nicht ersehnte. Nur wenige Jahre der Ruhe waren ihm vergönnt. Er starb fast 65jährig Mitte August 1958. Seine sterbliche Hülle wurde später vom Friedhof Niederstadtfeld in das Familiengrab auf dem Friedhof in Daun übergeführt.

Landrat Dr. Dr. Rieder 1. Dezember 1952- 1955

Vor seiner Amtsübernahme als Landrat in Daun war Dr. Rieder Kulturamtsvorsteher. Er setzte sich vor allem für die Grundstückszusammenlegungen ein. Dadurch geriet der Kreis Daun auf diesem Gebiet an die Spitze der Eifelkreise. In diesem Zusammenhang widmete er sich mit Initiative um Verbesserungen auf dem landwirtschaftlichen Sektor sowie der Wirtschaftsförderung. Bestrebt, die von seinem Vorgänger entwickelte Initiative für Industrieansiedlungen fortzuführen, entstanden 1953 und 1954 zwei größere Brotfabriken in Daun, ein Teerschotterwerk bei Waldkönigen, ein Mühlenbaubetrieb in Niederehe, ein weiteres größeres Sägewerk in Hillesheim sowie eine Fabrik zur Herstellung von Werkstatt- und Lagerausstattungen in Hillesheim. Seine nahezu dreijährige Tätigkeit als Landrat in Daun mußte Dr. Rieder infolge Krankheit 1955 aufgeben. Er starb nach einer schwierigen Operation in Bonn.