Geburtsjahre der Sommerfrischen

Die ersten Femdenverkehrsorte im Raum Hillesheim

Herbert Wagner, Hillesheim

 

»Sorge und Not standen an der Wiege des Eifelvereins«, als er am 22. Mai 1888 im Kursaal von Bad Bertrich gegründet wurde. Um sie wenigstens teilweise zu beheben, gehörte deshalb von Anfang an zu seinen Zielen allgemein die »Erschließung der Eifel in landschaftlicher, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Beziehung«, im besonderen »die Hebung des Fremdenverkehrs in der Eifel«.

Diese Absichten sollten und wollten auch die einzelnen Ortsgruppen des Eifelvereins in ihrem Bereich verfolgen, unter ihnen auch die OG Hillesheim. Deshalb arbeitete sie »im Verein mit dem Verschönerungsverein«, aus dem sie schon 1888 hervorgegangen war, und hatte bis 1905 »zum Behüte der Touristen einige der bedeutendsten Promenadenwege mit Schildern und Farbzeichen versehen, zwei bis drei innere Waldwege im sog. Hillesheimer Walde neu bezeichnet, 36 Einzelbänke aufgestellt« und die zwei Aussichtspunkte Steinrausch und Schwedenschanze und »die Weidmannsruhe im Hillesheimer Walde mit Tischen und Bänken versehen«, wie die Unterlagen der OG berichten. Wie sie taten damals alle Ortgruppen viel für die Verschönerung des Ortsbildes, Ausweisung von Wanderwegen und Anlegung von »Ruheplätzen« usw.; aber die Eifel war zu unbekannt und auch als zu rauh verschrieen, als daß sie Sommerfrischler angezogen hätte.

Deshalb wurde auf der Hauptvorstandssitzung des Eifelvereins am 13. März 1892 in Bonn ein neuer Anlauf genommen: Es wurde beschlossen, nun »jegliches zu tun, was der Verschönerung der Eifel, der Verbesserung der Unterkunfsverhältnisse, der Hebung des Fremdenverkehrs besonders diente«. Zu diesem Zweck erschien als Werbung für die Eifel — neben dem seit 1889 erscheinenden »Eifelführer« als »eine Ergänzung zu demselben« — schon am 3. Juni 1892 ein erster »Führer in die Sommerfrischen der Eifel«, herausgegeben von J. J. Kroeffges in Köln. Die Ortsgruppen hatten dazu — wie auch für die folgenden Ausgaben — die notwendigen Unterlagen und Angaben aus ihrem Bereich geliefert, damit die »Sommerfrischler passende Orte mit verhältnismäßigen Preisen in der Eifel für Familien, für Kinder und für Erwachsene bei längerem Aufenthalte, für wenige Tage und für 1 Tag ausfindig« machen konnten. In dem 60seitigen Sommerfrischenführer mit über 80 Sommerfrischen findet man auf S. 22 f. auch Hillesheim (N. u. Fr. = Nachtquartier und Frühstück): 1907 erschien eine zweite Auflage des Heftchens »Sommerfrischen, Bade- und Kurorte in der Eilfei« zum Preis von 30 Pfennig. Aus dem Bereich der OG Hillesheim sind drei Orte auf den Seiten 52f., 83 und 109 aufgeführt:

Hillesheim (450 m, 1 200 Einw.) bietet sich (mit Foto) als Sommerfrische an. Zwar ist es 3 km vom Bahnhof an der Strecke Cöln - Trier entfernt; aber das braucht Sommerfrischler nicht von einem Besuch abzuhalten, denn es verkehrt ein »Privatfuhrwerk mit 6 Sitzplätzen ab Bahnhof um 10.45,1.50, 5.20 und 8.50 Uhr, ab Ort um 8.30, 11.50, 4.40 und 6.55 Uhr, Fahrpreis 0.50 Mark. Außerdem kann man einen »Wagen auf Bestellung durch Fuhrhalter Simon, Hellenthal und Pfeil« mieten, Kosten: 3.00 Mark. Im Ort gibt es Post, Telefon, Arzt, Apotheke und katholischen Gottesdienst. Es wird darauf hingewiesen, daß Hillesheim »in geschützter Talmulde, 3 km von der Kyll, etwa 1 km von ausgedehntem Wald« liegt und »über 600 m hohe Berge in der Nähe vom Ort leicht erreichbar« sind. Für den, der sie nicht zu Fuß »besteigen« will, besteht »Fahrgelegenheit mit Wagen«, siehe oben. Hervorgehoben wird, daß der Ort elektrisches Licht hat (erzeugt in eigenem E-Werk!), und daß man »Anschluß an Jäger und Fischereipächter« finden kann. Die Stadtmauer wird als Sehenswürdigkeit nicht genannt.

Unterkunft bietet das Hotel Fasen in der Augustinerstraße in der Ortsmitte, das elektrisches Licht, eine Veranda und einen 13 Ar großen Garten hat. Seine 14 Zimmer haben 20 Betten, und man muß für Übernachtung mit Frühstück 2.25 Mark, für Mittagessen 1.25 -1.50 Mark, für Abendessen 0.80 - 1.00 Mark und für Vollpension ab 5 Tagen 4.00 Mark bezahlen.

Dann gibt es noch das Gasthaus Baptist Kloep im Ort, ebenfalls mit elektrischem Licht; es hat eine Kegelbahn und außerhalb des Ortes einen Garten. 12 Zimmer mit 15 Betten werden angeboten zum Preis von 2.50 Mark für Übernachtung und Frühstück; Mittagessen gibt es für 1.50 - 1.75 Mark, Abendessen für 1.00 - 1.20 Mark und Vollpension ab 7 Tage für 4.00 Mark. So ganz scheinen die Hillesheimer Gäste — damals!! — mit dem Gebotenen jedoch nicht  zufrieden gewesen zu sein; denn bei der Herbstversammlung der OG am 27. Oktober 1908 kam zur Sprache, daß die »Tageszeitung >Eifel und Venn< bzgl. Hillesheim in einem Artikel erwähnt hatte, daß es leider aus örtlichen Gründen noch weniger besucht« werde. Es sei eine allgemein bekannte, immer mehr verbreitete Klage der Eifeltouristen, daß der Grund der Umgehung Hillesheim in den Verhältnissen der Gasthäuser zu suchen sei; auch solle Hillesheim seine zu stark hervortretenden Sonderbestrebungen aufgeben nach dem Grundsatz: viribus unitis! Die Versammlung ging einstimmig über die abfällige Kritik des Blattes hinweg«.

Das benachbarte Oberbettingen (400 m, 250 Einw.), 1 km vom Bahnhof entfernt, liegt »in einem Wiesental nahe der Kyll« und hat eine »ruhige Lage in waldreicher Gegend«; es führt ein »Kommunalweg von Hillesheim-Bf. zum Ort«.

Touristen können im Gasthaus Mathias Oerters »nahe am Bf. und Wald« wohnen; sie können im »Garten mit Laube« sitzen oder mit dem Wirt auf die »eigene Jagd« gehen. Das Gasthaus hat 6 Zimmer mit 12 Betten; die Preise betragen für Übernachtung und Frühstück 1.80 Mark, für Mittag- oder Abendessen 1.00 bzw. 0.80 Mark, für Vollpension ab 7 Tagen 3.50 Mark.

Auch in Walsdorf (400 m, 500 Einw.) können Gäste unterkommen. Die 7 km vom Bahnhof Oberbettingen-Hillesheim müssen sie allerdings in zwei Etappen zurücklegen: Mit »Privat-Personenfuhrwerk von Hillesheim-Bf. nach Ort, 3 km, in 30 Min., zurück in 20 Min.«, Abfahrzeiten wie oben. Dann sind es noch »von Hillesheim-Ort bis Walsdorf 4 km Landweg«, die man zu Fuß zurücklegen muß, wenn man nicht die »1 malige Landpostfahrt (nur 1 Bocksitzplatz)« mitmachen will. Für ganz Bequeme fährt auch für 3.00 Mark ein »Wagen vom Bf. bis Walsdorf auf Bestellung durch Fuhrhalter Hohn«. Der Wagen »wird bei längerem Aufenthalt von der Inhaberin der unten genannten Wirtschaft gestellt«, damit die Gäste bequem nach Walsdorf kommen, das »in geschützter Lage in einer Ebene zwischen Arnolfusberg,590 m, und Gossberg, 614 m, mit waldreicher Umgebung« liegt.

Im Gasthaus Hentges-Meyer an der Provinzialstraße findet man 4 Zimmer mit 6 Betten und einen kleinen Garten mit Laube. Man bezahlt für Übernachtung mit Frühstück 1.50 Mark, für Mittagessen 1.00 Mark, für Abendessen 0.80 Mark und für Vollpension ab 5 Tagen 2.50 Mark.

Die »gute alte Zeit«! Sicher war damals in den Anfängen des Eifeler Fremdenverkehrs eine Urlaubsreise in die Eifel nicht so bequem wie heute, wahrscheinlich aber romantischer, vielleicht sogar manchmal etwas abenteuerlich, auf jeden Fall aber billiger als heute.