Ein alter Plan

zum Wiederaufbau der Burg Kerpen

Herbert Wagner, Hillesheim

 

(I) Die heutige Burg ist die dritte Burg Kerpen*: Eine erste aus der Zeit um 1000 hat auf dem Weinberg ca. 1 km nordwestlich von Kerpen gestanden, eine zweite aus etwas späterer Zeit auf dem Dolomitrücken des Höhenberges unmittelbar nördlich des Ortes. Der dritte Burgbau wurde um die Mitte des 12. Jhs. auf dem südlichen Sporn des Höhenberges errichtet und 1173 als »novum castrum de Cherpene« erstmals genannt. Von dieser Burg (s. Abb. 1) stammt noch der Bergfried (2), der an den alten Palas (1) angebaut war. Diese Burg wurde im 14. Jh. umgebaut und erheblich erweitert. Die noch aus dieser Zeit stammenden Teile sind im wesentlichen das Osttor (14), das Niedereher Tor (7) und die beiden Flankierungstürme (12, 13). Von dem damals erbauten neuen Palas ist nur mehr eine Außenmauer (21) übrig geblieben.

Burg und Herrschaft Kerpen kamen durch die Heirat der Erbtochter Margareta v. Sombreff-Kerpen mit Graf Dietrich IV. v. Manderscheid-Schleiden um 1506 an das Haus Manderscheid. Kurz nach seiner Heirat ließ Dietrich IV. die Schloßkapelle (19) am Aufgang zur Burg und anstelle des neuen Palas (21) aus dem 14. Jh. das sogenannte neue Schloß (18) erbauen, in dem sein Sohn Dietrich V. am 30. 3. 1508 geboren wurde und sein Enkel Dietrich VI. am 3.1.1593 gestorben ist. Das zweistöckige gotische Wohngebäude war - nach Grundrißaufnahme von Architekt Franz Krause aus dem Jahr 1920 - etwa 28 m lang und 14 m breit; an der Südecke hatte es einen 12 m (?) hohen Rundturm und an der Nordecke einen Treppenturm.

Mit Dietrich VI. erlosch die Linie Manderscheid-Schleiden, und Burg und Herrschaft Kerpen kamen nach mancherlei Erbstreitigkeiten durch Reichskammergerichtsurteil 1674 an die Herzöge v. Arenberg und blieben in ihrem Besitz bis 1794 bzw. 1803.

Im Reunionskrieg Ludwigs XIV. wurde die Burg Kerpen am 24. 2. 1682 zerstört, und Ende August 1689 sprengten die Franzosen auch noch die Reste der Burg und die Ortsbefestigung von Kerpen und zerstörten den ganzen Ort. Man baute den Ort bald wieder auf, 16967 97 auch die Wirtschaftsgebäude der Burg, und um 1780 trugen sich die Arenberger mit der Absicht, auch das neue Schloß wieder aufzubauen.

(II) Zum Zweck der Neubauplanung hatte Herzog Ludwig Engelbert v. Arenberg (1778 -1803) um 1790 die Burgruine von Architekt Gaine untersuchen und sich einen Zustandsbericht erstatten lassen (Rapport. . ä la Visite du Chäteau de Kerpen im Herzoglich Arenbergischen Archiv in B-1390 Enghien). Darin heißt es u. a. vom sogenannten neuen Schloß (18), daß die Zugangstreppe und der Eingang zersört seien. Über dem Speisezimmer (im Erdgeschoß) sei ein Saal (im Obergeschoß), von dessen Tragbalken einer den (hohen) Dachstuh! stütze, der also damals wohl noch gestanden hat. Das Mauerwerk des Gebäudes befände sich in gutem Zustand; aber die 13 Fenstereinfassungen an der (Süd)-Westfront seien verdorben und nicht mehr reparabel. Der Plan für den Wiederaufbau des Schlosses von Architekt Johannes Ladner aus der Zeit 1787/89 ist erhalten (Plan du Chäteau de Kerpen im Arenbergischen Archiv). Architekt Ladner scheint beabsichtigt zu haben, die noch vorhandene Bausubstanz, besonders die Außenmauern, bei dem geplanten Neubau z. T. mit zu verwenden, wie aus einem Vergleich mit der Grundrißaufnahme von Krause (in: Wak-kenroder, Die Kunstdenkmäler des Kreises Daun) hervorgeht: An der Stelle des neuen Schlosses (18) sollte ein Westflügel wieder zweigeschossig und mit ebenfalls 13 Fenstern in der Südwestfront erbaut werden; Treppen-und Rundturm sollten erhalten bzw. wieder aufgebaut und die Südwestfront begradigt werden. Die Südostseite sollte begradigt und mit einem zweigeschossigen Ostflügel mit eigenem Eingang erweitert werden. Der begradigte und verbreiterte Treppenaufgang, die »Leuff« (10), sollte als Hauptaufgang und als Zugang zu den Wirtschaftsgebäuden und der Kapelle erhalten bleiben.

Da die Bauzeichnung weder Legende noch Maßangaben enthält, kann die Zweckbestimmung der einzelnen Räume nur vermutet werden. Es scheint aber sicher, daß im Westflügel hinter dem ebenerdigen Eingang a eine Halle b lag; von ihr kam man durch einen Flur c in dieKüche d und ihre Nebenräume. Der heizbare größere Raum e war wohl als Speisezimmer vorgesehen. An der Südecke vorgebaut befand sich der Abort f.

Der Ostflügel hatte innen einen Zugang von der Halle; von außen war er über eine gewinkelte Freitreppe g zu erreichen. Hinter dem Eingang ist das Vestibül h mit zwei Nebenräumen anzunehmen, von dem Stufen wohl in den Salon i mit Nebenraum führten; beide Zimmer waren heizbar.

Im Obergeschoß sollten aller Wahrscheinlichkeit nach die Schlafzimmer untergebracht werden, im Dachgeschoß wohl die Dienerzimmer. Es fällt auf, daß für den haubenbekrönten Rundturm weder im Erd- noch im Obergeschoß ein Zugang eingezeichnet ist, sicher ein Versehen des Zeichners.

Im äußeren Hof waren wieder die Wirtschaftsgebäude vorgesehen, darunter drei Pferdeställe. Das ehemalige Gefängnis (22) neben dem Niedereher Tor (7) sollte zu einem wohl eingeschossigen Wohnhaus k (für den Pförtner oder Stallmeister ?) umgebaut werden.

Ausgehend von Krauses Grundrißmaßstab (Südseite des Bergfrieds = 9 m) ergeben sich für den geplanten Neubau folgende Ca.-Maße: Außenfront: 32,63/34,04 m, Innenfront: 19,62/ 19,08 m, Giebelseiten: 14,96/13,01 m, Firsthöhe: 18,05 m, Höhe des Rundturmes: 15,85 m, Durchmesser Rundturm: 4,66 m, Durchmesser Treppenturm: 3,80 m, lichtes Fenstermaß: 1,08/1,84 m.

Wegen der französischen Revolution und der anschließenden Besetzung des Rheinlandes durch die Revolutionstruppen ist dieser Plan zum Wiederaufbau der Burg Kerpen leider nicht mehr zur Ausführung gekommen. Viel-mehr wurde die Burg den Arenbergern enteignet und 1803 von den Franzosen für 1 200 Frs. auf Abbruch versteigert. Sie war um 1850 bis auf den Bergfried, der die Zerstörungen durch die Franzosen verhältnismäßig gut überstanden hatte, und wenige Mauerreste niedergelegt. Auch diese verschwanden noch bis auf geringe Überreste, als die heutigen Gebäude (25-27) von 1896 bis 1969 errichtet wurden.

*Burggeschichte und -beschreibung siehe: Rheinische Kunststätten, Heft 233: Kerpen (Hohe Eifel). Hrsg. vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz. Neuss 1980.