Fotos; Rosenkranz, Hillesheim

Mittelpunkt der Dorfgemeinschaft

Der lange Weg zum Bürgerhaus in Walsdorf

 

Reinhard Adrian, Walsdorf

 

Ein neues Bürger- und Feuerwehrgerätehaus wurde geschaffen. Dort wo früher die 1914 fertiggestellte Volksschule stand, ist ein völlig neues Bauwerk entstanden. Der Baustil mutet auf den ersten Blick etwas eigenwillig an; jedoch nach einer gewissen Zeit der Eingewöhnung muß man sagen, das Bauwerk ist gelungen und hat sich gut in das Ortsbild eingefügt. Und dabei hatte alles ganz anders kommen sollen.

Am 23. September 1976 wurde im damaligen Gemeinderat unter Ortsbürgermeister Anton Adolph! die Angelegenheit »Alte Schule« erstmals erörtert. Zunächst hatte man die Absicht, das Gebäude zu veräußern. Im Laufe der Zeit zeichnete sich immer mehr ab, daß der aus dem Verkauf zu erwartende Erlös doch wahrscheinlich weit hinter den Vorstellungen zurückbleiben würde. In dieser Zeit hatte auch bereits ein Umdenkprozeß eingesetzt, so daß in einer Gemeinderatssitzung am 18. Juli 1978 die Auffassung vertreten wurde, das Gebäude als Dorfgemeinschaftshaus umzubauen. Bereits zu dieser Zeit war vorgesehen, den Feuerwehrbereich zu integrieren und auch für die Jugend entsprechende Räumlichkeiten einzuplanen. Am 5. April 1979 wurden die ursprünglichen Planungen aufgegeben und der Gemeinderat kam zu dem Ergebnis, aus finanziellen und aus Gründen des baulichen Zuschnitts auf einen Umbau zu verzichten. Die Kosten für den Umbau und die Erweiterung wurden schon 1979 mit 515 000 Mark ermittelt.

Am 16. Mai 1979, beschloß man endgültig, das ehemalige Schulgebäude abzureißen und an gleicher Stelle ein neues Gemeinde- und Feuerwehrgerätehaus zu errichten. Eine damals sicherlich mutige Entscheidung. Aber es sollte sich herausstellen, daß sie doch nicht mutig genug war. Die vorgesehene sogenannte »kleine Lösung« mit einem Volumen von 1 977 m3 bei 370 m2 Nutzfläche und ermittelten Kosten von 348 000 Mark führte mit zunehmender Dauer zu mehr und mehr Unzufriedenheit. Es wurden viele Stimmen laut, diese Lösung sei nicht geeignet, die örtlichen Bedürfnisse zu erfüllen.

Am 15. November 1979, die Bauphase hatte bereits begonnen, rang man sich dann im Gemeinderat zu der Entscheidung durch, eine Umplanung vorzunehmen. Die neue Planung sah ein Volumen von 3 026 m3 umbauten Raumes und eine Nutzfläche von 600 m2 vor. Der Kostenvoranschlag wies 817 000 Mark aus. Nun begann ein steiniger und dorniger Weg — so Ortsbürgermeister Weis in seiner Festansprache anläßlich der Einweihung am 25. Mai 1984—.

Aufgrund des gestiegenen Bauvolumens und der hiermit verbundenen erheblichen Steigerung der Kosten wurde erste Kritik laut. Nicht nur aus den Reihen der eigenen Gemeinde, sondern auch seitens der kommunalen Aufsichtsbehörde. Es bestand erstmals die Gefahr, daß das neue Gebäude nun doch nicht nach den eigenen Vorstellungen errichtet werden könnte. Einer weiteren Äußerung des Ortsbürgermeisters Weis ist zu entnehmen, daß man es dann in langwierigen Verhandlungen und Gesprächen doch geschafft hat, auch die Aufsichtsbehörde von der Notwendigkeit zu überzeugen. Mit ausschlaggebend war, daß für das rege Vereinsleben keine ausreichenden Räumlichkeiten zur Verfügung standen und eine kleinere Lösung nicht den Erfordernissen entsprach. Die neuerliche Stellung eines Antrages auf Bezuschussung der Mehrkosten brachte zwangsläufig einen Baustop mit sich, um den erhofften Zuschuß nicht zu gefährden.

Manche Mitbürgerin und mancher Mitbürger wird sich seine Gedanken gemacht haben. Die Entscheidung des Gemeinderates wurde im nachhinein teils belächelt, teils sehr kritisch und offen angezweifelt. Erst im März 1981 bewilligte das Ministerium des Innern zusätzliche150 000 Mark als Zuschuß zu den Mehrkosten. Man konnte förmlich hören, wie einigen Leuten ein Stein vom Herzen fiel, war doch nun die Gesamtfinanzierung gesichert und die Bauarbeiten konnten im Frühjahr 1981 wiederaufgenommen werden.

Bis zur Fertigstellung im Mai 1984 vergingen fast drei Jahre. Der neutrale Beobachter wird sich sagen, daß dies eine sehr lange Bauzeit gewesen sei; er hat jedoch hier einen enorm wichtigen Tatbestand übersehen. Bestandteil des Zuschußantrages und der Bewilligung war seinerzeit die Zusicherung der Ortsgemeinde Walsdorf, Eigenleistungen von 100000 Mark zu erbringen. Hierfür mußte man zeitliche Verzögerungen in Kauf nehmen. Stolz erfüllte Ortsbürgermeister Weis in seiner Festansprache am 25. Mai d. J. als er verkündete, daß die Summe aller erbrachten Eigenleistungen 200 000 Mark ausmachen würde. Man hielt hierdurch die Gesamtkosten im Rahmen von rd. 800 000 Mark.

Die unzähligen Stunden der genannten Eigenleistungen verdienen es, näher betrachtet zu werden. Es scheint doch nicht so zu sein, daß die dörfliche Gemeinschaft sich langsam in der Anonymität verliert, wie dies gelegentlich behauptet wird. Es muß noch eine Art Zusammengehörigkeitsgefühl geben, sonst wäre eine derartige Leistung nicht möglich. Denn diese beweist, daß auch in unserer schnellebigen Zeit noch einer für den anderen da ist und man sich an seinen Nachbarn, Freund oder Bekannten wenden kann. Dank gilt jedoch auch denjenigen, die immer wieder hierzu motiviert und sich bemüht haben, andere für die Sache zu begeistern. Das neue Bürger- und Feuerwehrgerätehaus von Walsdorf wurde am 25. Mai 1984 offiziell seiner Bestimmung übergeben. Die Gemeinde feierte dieses Ereignis als einen Meilenstein in der Geschichte des Dorfes.

Wird das Dorf überleben? Eine Frage, die in der öffentlichen Diskussion in der jüngsten Zeit breiten Raum eingenommen hat. Auf unsere Verhältnisse abgestimmt, kann man sagen, unser Dorf hat bereits überlebt. Die Verwirklichung solcher Projekte, wie ein neues Gemeinde- und Feuerwehrgerätehaus, das damit verbundene Engagement und die aktive Beteiligung fügen eine Dorfgemeinschaft zusammen. In Walsdorf hat man erkannt, daß unser Dorf eine Chance hat, zu überleben. Man hat nicht auf die Hilfe anderer gewartet, sondern selbst die Voraussetzungen geschaffen, die gebotene Chance bestmöglich auszunützen. War das Bürgerhaus unbedingt notwendig? Eine Frage, die sich manch einer gestellt haben mag. Oder ist es gar nur eine Zeiterscheinung gewesen? Wenn man die örtlichen Gegebenheiten von Walsdorf unter die Lupe nimmt, muß nach Abwägung der vielschichtigen Interessen die Notwendigkeit bejaht und die getroffene Entscheidung anerkannt werden.

Landrat Orth hat das in seiner Festansprache anläßlich der Einweihung zum Ausdruck gebracht als er sagte: »Ein solches Haus wird, wenn es von der Bevölkerung angenommen wird, ein wichtiger Treffpunkt sein und Impulse ins Dorf bringen.« Eine Aussage, die den Nagel auf den Kopf trifft. Wichtige Impulse können aber nur dann ausgehen, wenn die Bevölkerung das Haus annimmt und entsprechend nutzt, zumal ja auch die Folgekosten nicht unerheblich sein werden. In diesem Bürgerhaus als neuem Mittelpunkt der Dorfgemeinschaft werden wir als Bürgerinnen und Bürger unseres Heimatortes, jedoch auch unsere Besucher und Gäste hoffentlich viele angenehme Stunden der Geselligkeit verleben dürfen. Wichtig auch die Integration des Feuerwehrbereiches in den Gesamtkomplex. Die Verantwortlichen haben eigentlich »zwei Fliegen mit einer Klappe« geschlagen, als die freiwillige Feuerwehr in die Planungen miteinbezogen wurde. Auf der einen Seite das Haus als Treffpunkt für die Bürger und andererseits als Unterbringung für die Feuerwehr, die aus unserer Gemeinschaft nicht wegzudenken ist. Die freiwillige Feuerwehr, die bis dahin in sehr beengten, fast untragbaren Räumlichkeiten untergebracht war, findet nunmehr ideale Voraussetzungen vor, um ihre vielseitigen Aufgaben als Stützpunktwehr mit über 40 aktiven Mitgliedern und einer starken Jugendwehr erfüllen zu können.

Nach Abwägung aller Interessen kann man sagen: Es ist Hervorragendes geschaffen worden. Die großzügige Lösung dürfte richtig sein. Trotz vielerorts geübter Kritik hat man sich nicht entmutigen lassen und alle Vorstellungen letztendlich verwirklicht. In Walsdorf hat man den Mittelpunkt einer Dorfgemeinschafft geschaffen. Aber vergessen wir hierüber nicht die vielen Gedanken, die sich die Verantwortlichen gemacht haben; und vergessen wir auch nicht die unzähligen aufopferungsvollen Stunden der Arbeit.

Man soll nicht das Übermorgen vor dem Morgen behandeln.

Otto von Bismarck