Das Klärwerk arbeitet

Gewässerreinhaltung an der Oberen Kyll bald perfekt

 

Heinz Reifferscheid, Gönnersdorf

 

Für Bürgermeister Otto Friedrich und die Bevölkerung war der 16. Juli 1983 ein wichtiger Tag in der noch jungen Geschichte der Verbandsgemeinde Obere Kyll. Mit der Inbetriebnahme des Klärwerkes der Abwassergruppe Ober Kyll, das mit 6 000 zwei Drittel der Einwohner der Verbandsgemeinde erfaßt und nach Einwohnergleichwerten gerechnet mit 27 000 sogar mehr als vier Fünftel, wurde das bisher größte kommunale Bauprojekt in der Verbandsgemeinde seiner Bestimmung übergeben und ein wichtiger Abschnitt der Bemühungen um die Gewässerreinhaltung - eine Grundvoraussetzung für weitere positive Entwicklungen in der Verbandsgemeinde - abgeschlossen.

Über 8,0 Mio. DM betrugen allein die Kosten des Klärwerks der Abwasseranlage Obere Kyll. Hinzu kommen ca. 10,0 Mio. DM für den Bau der Verbindungsammler und ca. 27,0 Mio. DM für die Ortsnetze. Ca. 45,0 Mio. DM beträgt damit das gesamte Bauvolumen, wobei bis 1986/87 noch Investitionen in einer Größenordnung von ca. 10,0 Mio. DM anstehen. Zur Inbetriebnahme wurde von Staatsminister Otto Meyer, Mainz, der wichtige Beitrag der Verbandsgemeinde Obere Kyll zum Umweltschutz, der Gewässerreinhaltung hervorgehoben und zugesagt, daß auch die restliche Fertigstellung der Abwassergruppe vom Land Rheinland-Pfalz finanziell gefördert werde. Schließlich bewilligte das Land Rheinland-Pfalz zu der Gesamtmaßnahme bis einschließlich 1984 Zuschüsse von insgesamt ca. 20,0 Mio. DM und 1,5 Mio. DM zinsfreie Kredite. Ohne die beträchtlichen Zuschüsse wäre das Gesamtprojekt nicht zu verwirklichen gewesen, wenngleich die Belastung der Anschlußnehmer mit einmaligen und laufenden Entgelten sehr erheblich bleiben.

Gruppenkläranlagen sind, das ist vielfach bewiesen, durch relativ günstigere Investitions und Folgekosten sowie besserer und sicherer Reinigungsleistung, im allgemeinen den Einzelanlagen vorzuziehen. Weite Entfernungen und geringe Anschlußwerte in ländlichen Bereichen lassen aber unter bestimmten Voraussetzungen die Einzelanlagen wirtschaftlicher werden. Diese Gesichtspunkte fanden in der Verbandsgemeinde Obere Kyll Berücksichtigung. So ist die Verbandsgemeinde für die allein noch ungelöste Entsorgung der Orte Esch und Reuth aus den die Verbandsgemeindegrenze überschreitenden Planungen »ausgestiegen« und hat Entwürfe für Einzelanlagen (belüftete Klärteiche) erstellen lassen.

Fast 20 Jahre zurück reichen die ersten Vorplanungen für die Abwassergruppe, welche die früheren Einzelsysteme ablöst. Heute umfaßt die Abwassergruppe die Ortsgemeinden Stadtkyll, Jünkerath, Schüller, Feusdorf, Gönnersdorf, Birgel und Lissendorf mit insgesamt knapp 6 000 Einwohnern. In die Bemessung des Klärwerks mußte aber auch das Gewerbe und der Fremdenverkehr einbezogen werden. Die zunächst für 19000 Einwohner und Einwohnergleichwerte konzipierte Anlage, geplant vom Ingenieurbüro Spoo (Bernkastel-Kues), mußte unmittelbar nach Baubeginn auf 27 000 E + EGW umgeplant werden. Zum Zeitpunkt der offiziellen Inbetriebnahme waren bereits angeschlossen die Eifeler Fleischwaren- und Konservenfabrik in Lissendorf, die Orte Lissendorf, Birgel und Teile von Gönnersdorf und Jünkerath. Noch 1983 kam Feusdorf hinzu und bis Ende 1985 soll sämtliches Abwasser aus dem Einzugsbereich zum Klärwerk gelangen. Über vier Jahre währte die Bauzeit der bisher größten und modernsten Kläranlage im Kreis Daun. Im Herbst 1978 wurden die Bauarbeiten begonnen, jedoch waren nur noch Erdbewegungen möglich, da der Winter Einhalt gebot. Bei der Erstellung der Bauwerke führten auch in der Folge die oft langen »Eifelwinter« zu monatelangen Unterbrechungen und Erschwernisse traten auf durch wiederholtes Hochwasser, das die Betonierungsarbeiten behinderte und oftmals tagelang die Zufahrt zur Baustelle blockierte. Durch Erdanschüttungen liegt die Kläranlage heute allerdings hochwasserfrei.

Das Klärwerk Obere Kyll — Foto: Eifelluft Ernst Engel, Stadtkyll. Freigegeben durch Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz, Nr. 11947 - 8

Der Kläranlagenstandort befindet sich unterhalb der Ortslagen üssendorf und Birgel im Dreieck zwischen der Bundesbahnlinie Köln -Trier und der ehemaligen Schienenstrecke Lissendorf - Dümpelfeld. Außerdem östlich durch die Kyll abgegrenzt hat die Kläranlage eine besonders unauffällige und geschützte Lage. Sie bindet sich gut in die Landschaft ein und über den an der Kyllseite bereits vorhandenen Bewuchs hinaus wurde die Anlage mit heimischen Gehölzen bepflanzt. Da ausreichend Gelände zur Verfügung steht, konnten die Bauwerke so angeordnet werden, daß spätere Erweiterungen problemlos und kostengünstig möglich sind.

Gute Reinigungswerte

Das Abwasser wird über einen 8 km langen, teilweise noch in der Ausführung befindlichen, Hauptsammler von Stadtkyll durch das Kylltal bis zur Kläranlage geführt. Nebensammler (Gesamtlänge ca. 7 km) bestehen für Lissendorf, Birgel und Feusdorf, weitere sind im Ausbau für den Anschluß von Schüller. Das Abwasser durchfließt zunächst die mechanischen Reinigungseinrichtungen und muß im Klärwerk um 5,50 m gehoben werden. Wenn das Abwasser die mechanische Reinigungsstufe, hierzu gehören Grobrechen, Feinrechen, Sandfang, Absetzbecken, verlassen hat, ist es um etwa 30 % gereinigt. Es gelangt nunmehr zur biologischen Reinigung, die sich in einer sogenannten schwachbelasteten Belebungsanlage, bestehend aus 4 Druckluft-Belüftungsbecken, vollzieht. Hier finden die gleichen Vorgänge statt wie bei einer Selbstreinigung gesunder natürlicher Gewässer, jedoch unter künstlich geschaffenen optimalen Bedingungen in konzentrierter Form. Das durch Einwirkung der Mikro-Organismen gebildete Schlamm-Wassergemisch fließt nach der Belüftung dem Nachklärbecken zu, in dem bei niedriger Fließgeschwindigkeit die Trennung von Klärwasser und Belebtschlamm erfolgt. Das Klarwasser, nunmehr zu mehr als 90 v. H. gereinigt, fließt zur Kyll ab, während der Schlamm als Rücklaufschlamm zur Regenerierung des Belebtschlammes in die Belüftungsbecken zurückpumpt und der entsprechende Schlammzuwachs als Überschußschlamm zur Eindickung in die Absetzbecken gegeben wird. Zur Ausfaulung des Schlammes ist ein selbständiger Schlammfaulraum erbaut. Dieser hat ein Fassungsvermögen von ca. 1 000 m3. Das beim Faulprozeß entstehende Faulgas (Methangas) wird zum Beheizen des Faulraumes verwandt. Der Gasometer garantiert einen ständigen Gasvorrat zur Verbrennung im Heizkessel.

Nach einer Faulzeit von ca. 30 Tagen gelangt der Schlamm zum Eindicker und kann von hieraus entweder unmittelbar abgefahren werden zur landwirtschaftlichen Verwertung oder wird, da dies nach den Bestimmungen der am 1. 4. 1983 in Kraft getretenen Klärschlammverordnung nicht mehr ganzjährig möglich ist, der am Betriebsgebäude angebauten Schlammentwässerungshalle zugeleitet. Die hier installierte Schlammentwässerungsanlage (Dekanter) ist in der Lage, nach Zugabe von Flockungsmitteln, den Schlamm kurzfristig und witterungsunabhängig auf ein Feststoffgehalt bis zu 30 % zu entwässern. Für die Zwischenlagerung steht eine eigene Notdeponie zur Verfügung.

Um auch den ab 1987 erhöhten Anforderungen der Klärschlammverordnung gerecht zu werden, plant die Verbandsgemeinde noch kurzfristig die Ergänzung der Schlammentwässerung um eine Kalk-Zumischeranlage, welche eine zusätzliche Schlammentwässerung bewirkt und gewährleistet, daß der Klärschlamm durch Abtötung noch vorhandener Krankheitserreger auch weiterhin der landbaulichen Verwertung zugeführt werden darf. Die Deponierung des Klärschlamms, die anderenfalls notwendig wäre, ist nämlich als die weitaus schlechtere, weil umweltfeindlichere und unwirtschaftlichere Alternative, anzusehen. Nach ersten Analysen ist bestätigt, daß der im Klärwerk der Abwasseranlage Obere Kyll anfallende Klärschlamm Schwermetall (z. B. Blei, Cadmium, Quecksilber) deutlich unterhalb der für die landwirtschaftliche Verwertung geltenden Werte enthält.

Zur Technik des Klärwerks, das nach den örtlichen Gegebenheiten individuell geplant wurde, bleibt noch auszuführen, daß eine größere Strecke des unteren Teils des Verbindungssammlers bei anhaltenden Niederschlagsereignissen als Stauraum dient und das Überschußwasser aus dem Regenklärbecken nach mechanischer Reinigung mit freiem Gefalle zur Kyll abfließen kann. Man sah schon während der Planungszeit die höheren Investitionskosten durch einen 700 m langen Ablaufkanal als gegenüber einem Abwasserhebewerk die wirtschaftlichere Alternative an.

Man kann davon ausgehen, daß in wenigen Jahren die Abwasserprobleme in der Verbandsgemeinde Obere Kyll gelöst sein werden. Etwa 1986/87 dürften über 90 % der Einwohner und Einwohnergleichwerte an vollbiologische Kläranlagen angeschlossen sein. Bis dahin soll nämlich auch die Abwassergruppe »Kronenburger See«, an der die Verbandsgemeinde mit der Ortsentwässerung Hallschlag und Scheid beteiligt ist, fertiggestellt sein. An das Klärwerk der Abwasseranlage »Kronenburger See« werden seitens der Gemeinde Dahlem ( NRW ) Berk, Frauenkron, Kronenburg, Kronenburgerhütte und später auch Baa-sem angeschlossen. Das Klärwerk ist für 8 000 Einwohner und Einwohnergleichwerte ausgelegt, woran die Verbandsgemeinde Obere Kyll mit ca. 1 500 E + EGW beteiligt ist.

Da in den Gemeinden Ormont, Steffeln-Auel und Kerschenbach (Klärteichanlagen) und Schönfeld die Abwasserprobleme bereits abschließend gelöst sind, dürfte der Oberlauf der Kyll in absehbarer Zeit zu den sauberen Gewässern zu zählen sein.