Der Paterhannes

Hans Kugel, Daun

 

Gar etliche Jahre sind vergangen

Als Hannes eine Lehr angefangen

Bei einem Schneidermeister mit Kost und Logies

Zur Weiterführung des Genies.

Nach drei Jahren zum Gesellen ernannt

Zog er wandernd durch das Land.

An vielen Türen klopft er an

Die für ihn wurden aufgetan.

Er fragt nach Arbeit, oder milder Gabe

Damit er was zu leben habe.

In vielen Stuben er dann saß

Nahm bei Großen und Kleinen das genaue Maß.

Bei den Jungenhosen, das Maß war egal,

Denn halblang paßte überall.

Daß man die Hose nicht verliere

Taten Galjen und Helpen hier das ihre.

So saß er da von früh bis spät

Aus zwei alten Hosen eine neue genäht.

Gute Handarbeit war das Hauptgewicht

Eine Nähmaschine hatte er nicht.

Und war der Stoff aus gutem Tertisch 2)

Gings nicht so schnell bis alles fertig.

Landauf landab war er bekannt

Als Schneiderhannes vom Mückeiner Land.

So fand er einst nach kurzem Hadern

Arbeit und Brot bei frommen Patern.

Auf der Schneiderstube er nun hantierte

Alte Kutten er hier reparierte.

Da dachte er was es wohl nutzt

Wenn man 'ne Kutte hat und Klinken putzt.

Doch hier waren Stoffe von den Kleidern

Woraus man konnte Kutten schneidern.

An der Idee hielt er dann fest

Wo er doch saß im warmen Nest.

Doch als seine Arbeit hier ward getan

Dann mußte er sinnen: »Was fang ich an?«

Und als er ging vom Kloster weg

Mit einer Kutte im Gepäck,

Dann putzte er Klinken wie ehedem,

Doch jetzt war es auch noch angenehm.

Die Groschenstücke, das war 'ne Masche,

Die wanderten in seine große Tasche.

In Udler erschien er in geistlichem Gewand,

Hier war der Schneiderhannes allen bekannt.

Hier hat er um eine milde Gabe gefleht

Und wurde mit Herr Pater gleich angered.

Die Frauen dann die Neugier plagten

Kaum zu glauben, was sie alles fragten.

Sie ließen sich von nichts betören

Und fragten, ob er auch könnt' Beichte hören?

»Was soll ich tun? Die Wahrheit sagen?

Oder die Weibsleut nach ihren Sünden fragen?«

Für einen Pastor war hier keine Stelle

Drum hörte er Beichte in der Kapelle.

Der Hahn im Korb bei vielen Frauen

Er besaß deshalb auch volles Vertrauen.

Zur Vesper mußte er auch noch bleiben

Und sich ein Schinkenbrot einverleiben.

Zum Trinken gab es jetzt Milch dazu

Natürlich von der besten Kuh.

Früher gab's 'ne Käseschmier, Schinken heute

Kleider machen eben Leute.

Als vielen die Sünden abgetan

Und Hannes rührend Abschied nahm

Erfuhr der Pastor von Gillenfeld

Was Hannes in seiner Pfarrei anstellt.

Er kannte den Hannes schon lange Jahr

Und wußte, daß er kein Pater war.

Der Gendarm mußte den Hannes ergreifen

Und hin nach Daun vor den Kadi schleifen.

Er versprach das Beichtgeheimnis zu wahren

Und niemand etwas zu offenbaren.