Freude um den Kirchenhahn

Alois Mayer, Daun-Pützborn

 

Seit Großvaters Zeiten hat sich in der Eitel ein Brauch jung erhalten, der wert ist, überliefert und weitergegeben zu werden. Er ist nicht an bestimmte Jahreszeiten gebunden und kann nur dann erlebt werden, wenn eine Kirche oder Kapelle neu erbaut, im Dachstuhl renoviert oder äußerlich neu gestrichen oder verputzt wird. Dieser demnach nicht gerade häufig auftretende Brauch war sowohl in den Zünften der Zimmerleute, Dachdecker und Maler heimisch, wurde aber auch gerne von der am Gotteshaus arbeitenden Dorfbevölkerung gepflegt, denen dadurch die unentgeltliche Fron abschließend etwas »schmackhaft« gemacht wurde.

Nach getanem Werk an der Kirche versammeln sich die Gesellen und Lehrjungen zur Prozession des »Hohnensingens«. Vorab trägt ein kräftiger Bursche des Kirchturms Zier, den Wetterhahn, auf einer langen hölzernen Stange. Nur im Falle, daß dieses »Tier in seiner Vergoldung oder handwerklichen Schmiedekunst zu wertvoll ist«, schafft man sich aus Pappe einen »Ersatzhahn«, der, buntgemalt und mit prächtigen Papierbändern geschmückt, seinen »Turmkollegen« würdig vertritt. Dahinter schreiten gemessenen Schrittes zwei Träger, einen geflochtenen Weidekorb, mit Stroh ausgelegt, in ihren Händen haltend, gefolgt von der restlichen Schar der Gesellen und den »Stiften«. Einer aus ihrer Mitte aber hat die wichtigste und verantwortungsvollste Aufgabe, der Künder oder Ansager. Er leitet die Prozession durchs Dorf, klopft an jede Haustüre an und verkündet dann dem öffnenden Hausherren oder der erwartungsvoll schauenden Hausfrau mit lauter, klarer Stimme, in salbungsvollem Tone:

Wir bringen euch den Kirchenhahn,

der zeigt euch Wind und Wetter an

von Nord und Süd, von Ost und West,

Ein Trinkgeld bitte nicht vergeßt!

Dem Hahn sein Vater war ein großer Schreier,

er fraß auch gerne Speck und Eier.

Drum denkt auch ihr an den armen Mann,

der ihn wieder oben aufsetzen kann!

Niemand widersetzt sich diesem Heischelied, und jeder gibt den Männern in ihrer Arbeitstracht reichlich. Rasch füllt sich der Korb mit Eiern und Speck und der Geldbeutel mit klingender Münze. Der Erlös ist meist so groß, daß man davon wiederum der Kirche eine Spende überreichen kann.

Der Rest aber wird gemeinsam im nächsten Gasthaus bei frohen Liedern, Scherz und Frohsinn vertrunken. Während der Wirt Pfanne über Pfanne gebackener Eier mit Speck verteilt, läßt man den Kirchenhahn noch oft hochleben und wünscht ihm, daß er allzeit sich lustig im Winde drehen und nie sein Dorf in Streit und Krieg erleben möge.